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Erfolgreiche Kajak-Brüder. Tamas und Tibor Gecsö (v.l.) sorgen als Neu-Potsdamer für Furore. 

© Tobias Gutsche

Potsdamer Talente: Kanuten Tibor und Tamas Gecsö: Aus Ungarn über Umwege nach Potsdam

In Budapest sind Tibor und Tamas Gecsö aufgewachsen, seit einigen Monaten trainieren die Kanuten am Potsdamer Luftschiffhafen. Nun sind sie sogar ein Thema für die deutsche Nationalmannschaft.

Von Tobias Gutsche

Tibor und Tamas Gecsö – 21 und 18 Jahre alt, aufgewachsen in Budapest – pflegen eine brüderliche Verbundenheit, wie sie inniger kaum sein könnte. Deshalb kann die Geschichte des einen nicht ohne die des anderen erzählt werden. „Wir sind unzertrennlich“, bekräftigen die talentierten Kanuten, die seit dem Spätsommer des vergangenen Jahres in Potsdam leben und trainieren.

Die beiden können nicht ohne einandern

Die Intensität ihres Zusammengehörigkeitsgefühls hat sich vor allem auch in einer Phase entwickelt, in der die beiden eben nicht Seite an Seite durch das Leben gingen, sondern solo unterwegs waren. Um Spracherfahrungen zu sammeln, zog Tibor als 16-Jähriger von Ungarn nach Österreich, machte dort 2013 sein Matura und nahm im Anschluss ein Politikstudium an der Universität Wien auf. Auch Tamas suchte das Abenteuer im Ausland und kam zum Schuljahr 2013/14 nach Berlin. „In erster Linie ging es auch mir darum, die Sprache zu lernen“, erzählt der jüngere der beiden Gecsös in perfektem Deutsch. Den Sport hatte der dreifache Olympic-Hope-Games-Sieger zu diesem Zeitpunkt schon fast abgeschrieben. „Ich hatte keinen Spaß mehr daran. Doch in Deutschland habe ich ihn wiedergefunden, sodass ich das Ganze professioneller betreiben wollte.“ Und wo könnte man dies als Kanu-Rennsportler besser als in Potsdam? Also wechselte der Elftklässler vor rund neun Monaten an die Sportschule.

Wie ein Paddelschlag auf den anderen folgte diesem Schritt der nächste. „Wir haben gemerkt, dass es uns nicht gut geht, wenn wir zu weit voneinander entfernt leben“, erinnert sich Tibor, der die Distanz daraufhin auf ein Minimum verringerte. Er brach seine Zelte in der Alpenrepublik ab und baute sie in der brandenburgischen Landeshauptstadt wieder auf. Als sich der Universiade-Teilnehmer dann mal am Luftschiffhafen in ein Boot setzte und in See stach, waren die Trainer auch von seiner sportlichen Qualität derart überzeugt, dass er ebenfalls am Olympiastützpunkt aufgenommen wurde.

Intensiver Versuch der Einbürgerung 

Doch was tatsächlich in dem Kajakfahrer steckt, zeigte sich erst Mitte April bei der nationalen Qualifikation in Duisburg. Über 1000 Meter belegte Tibor Gecsö, der Latein an der Berliner Humboldt-Universität studiert, einen überragenden dritten Platz. Bestätigt er bei der zweiten Sichtung am kommenden Wochenende diese Leistung, wäre eine Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft die logische Konsequenz. Aber es gibt noch einen entscheidenden Haken: Tibor besitzt die ungarische Staatsbürgerschaft. Nach den offiziellen Regularien darf er damit zwar bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Deutschlands Vierer sitzen, die wichtigen Quotenplätze für die olympischen Kanu-Wettbewerbe 2016 könnte dieses Boot mit ihm an Bord allerdings nicht erkämpfen. Daher werden nun alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Tibor Gecsö einzubürgern und damit das deutsche Flaggschiff zu stärken. „Ich möchte das sehr und es wäre eine Ehre für mich, wenn das klappen würde. Eines kann ich versprechen: Für den Erfolg mit Deutschland würde ich sterben.“

Im Fall seines Bruders Tamas ist die Eile bezüglich des Nationenwechsels nicht geboten. Die Olympia-Ausscheidungsrennen bei der WM 2015 in Mailand sowie die Sommerspiele im kommenden Jahr in Rio sind für ihn noch kein Thema. Allerdings die Junioren-Weltmeisterschaft in der aktuellen Saison. Nach starken Leistungen bei der ersten Quali-Runde kann der Kajakspezialist am Wochenende in Duisburg weitere Argumente sammeln, um für die deutsche JWM-Mannschaft nominiert zu werden. „Mal sehen, ob es klappt“, sagt er. Doch unabhängig vom aktuellen sportlichen Erfolg sind die paddelnden Gecsö-Geschwister ein Gewinn für den KC Potsdam: sprachbegabt, intelligent, fokussiert, ehrgeizig – und bemerkenswert in ihrer Eintracht. Tibor und Tamas gehören zusammen. Wie ein Boot und das Wasser.

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