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Berufung. Lu Meo Ulrich ist demnächst Teil des deutschen Männer-Nationalteams.

© Sandra Seifert/Verein

Potsdamer Talente: Wasserballer Lu Meo Ulrich: Begeisterung für die Drecksarbeit

Der Potsdamer Wasserballer Lu Meo Ulrich spielt als Centerverteidiger – eine äußerst harte Aufgabe. Im Alter von gerade einmal 18 Jahren wurde er nun zur Männer-Nationalmannschaft eingeladen. Mit Wasserball angefangen hatte Ulrich, weil im Bus zu wenig Platz war.

Von Tobias Gutsche

Vor einem Wasserballtor tobt die See. Wellen schlagen, die Gischt schäumt. Der Centerverteidiger und der angreifende Center liefern sich ein knüppelhartes Duell, das allein schon beim Hinsehen wehtut. „Oh ja, das ist die ekligste Position. Da ist das ganze Spiel ein großer Ringkampf im Wasser“, erzählt André Laube, sportlicher Leiter des Bundesligisten OSC Potsdam. „Und er hat richtig Spaß daran“, sagt Laube am Beckenrand des Potsdamer Bades blu und zeigt hinüber auf Lu Meo Ulrich, der gerade seine Bahnen zieht. Der am gestrigen Donnerstag 18 Jahre alt gewordene Sportschüler zählt zu Deutschlands größten Wasserballhoffnungen in der Centerverteidigung.

Vor wenigen Tagen erhielt er ein besonderes Schreiben vom Deutschen Schwimm-Verband. Eine Einladung. Zum Lehrgang der Männer-Nationalmannschaft rund um das Weltligaspiel übernächste Woche in Ungarn. „Das hat mich natürlich riesig überrascht und gefreut. Es ist eine Ehre“, sagt Lu Meo Ulrich, in dessen Alter noch nicht viele zum A-Nationalteam gerufen wurden. Der Weg bis dorthin begann in Brandenburg an der Havel. Oder eher im benachbarten Kirchmöser. Dort wuchs Lu Meo Ulrich auf und fing schon während der Kindergartenzeit an, beim SV 2000 Brandenburg zu schwimmen. Doch in der ersten Klasse offenbarte sich ein Problem. „Der Verein hatte uns in Kirchmöser mit einem Kleinbus für das Training abgeholt. Neun Plätze gab es darin. Wir waren aber irgendwann mehr“, erinnert sich Ulrich. Darum schlug eine Trainerin vor, wer wolle, solle sich doch einfach mal beim nicht ganz so frequentierten Wasserball ausprobieren. „Das habe ich gemacht. Ich fand es sofort super.“ Das Miteinander im Team habe ihn begeistert.

Nur der Wechsel auf die Sportschule konnte ihn so weit bringen

Er entfaltete sowie entwickelte sich in diesem Sport sehr gut. Bereits ab der fünften Klasse pendelte Lu Meo Ulrich nach Potsdam, um beim OSC intensiver trainieren zu können. Drei Jahre später wechselte er als Internatsschüler auf die hiesige Sportschule. Zwei Einheiten täglich sind dadurch für ihn möglich. „Er ist ein Vorzeigebeispiel eines Athleten, der es überhaupt nur unter solchen Bedingungen dank des Sportschulverbundes bis zu diesem aktuellen Stand schaffen konnte“, meint Lehrertrainer André Laube und begründet: „Lu ist talentiert, aber kein Ausnahmetalent. Mit viel Trainingsfleiß hat er sich alles ganz hart erarbeitet.“

Physisch stark sei der Youngster, so Laube. „Eine ganz schöne Maschine ist er geworden.“ 1,93 Meter misst Lu Meo Ulrich bei 96 Kilogramm. Die kraftvolle Statur braucht er auch, denn seine Widersacher sind von ebenso imposanter Natur. Center und Centerverteidiger beim Wasserball wirken wie massive Eisberge im Meer. Neben dem Torhüter gehören sie zu den Schlüsselakteuren. „Ich muss versuchen, den Center aus dem Spiel zu nehmen. Er darf nicht anspielbar werden“, sagt Ulrich. „Gelingt mir das, hat es der Gegner bei seinen Angriffen schwer.“ Durchaus „ein bisschen brutal“ gehe es dabei zur Sache. Trotzdem fair. Zimperlich dürfe man aber jedenfalls nicht sein.

Aus "Unruhe stiften" muss mehr Offensivqualität werden

Bereits vorige Saison war der Junioren-Nationalspieler auch in der Männer-Bundesliga für den OSC aktiv. Dazu kamen Einsätze in der U18-Bundesliga und bei internationalen Turnieren. „Viel Wettkampfpraxis ist gerade auf seiner Position wichtig. Mit jedem Duell, das man hat, wird man besser“, betont Coach Laube die Bedeutung von Erfahrung in der Centerverteidigung. Mit dem Vorjahresdritten OSC soll Lu Meo Ulrich in der neuen Saison der Männer-Bundesliga reichlich Erfahrungswerte sammeln. Nach dem Abgang von Reiko Zech zum Deutschen Meister Waspo Hannover wird er sich mit Max Kössler die Aufgabe teilen. „Das ist eine große Verantwortung“, findet Ulrich, der eine außergewöhnliche Begeisterung für „dreckige“ Defensivarbeit mitbringe, erklärt Laube: „Das findet man selten. In der Regel wollen doch immer alle nur Tore schießen.“

An diesem offensiven Denken und Handeln mangelt es Lu Meo Ulrich noch. Im Angriff nimmt er bisher eine Nebenrolle ein. Er schwimmt zur Zwei-Meter-Linie vor dem Tor und dreht dann seitlich ab, „um Bewegung reinzubringen, Unruhe zu stiften“, sagt der Zwölftklässler. „Wenn er richtig top werden will, muss er sich offensiv steigern. Er braucht mehr Spielwitz und Abschlussqualität“, skizziert André Laube das Aufgabenfeld. Immerhin: Beim Champions-League-Auftritt des OSC vor knapp zwei Wochen in Spanien war es Ulrich, der den historisch ersten Potsdamer Königsklassen-Treffer erzielte. „Durch das Turnier auf hohem internationalen Niveau habe ich viel gelernt“, sagt der Nachwuchsakteur. Davon möchte er mehr. Sein Traum: Olympia. „Das wäre ganz cool. Aber nicht nur für mich, sondern generell für Wasserball in Deutschland.“ Die Qualifikation zu den vergangenen beiden Sommerspielen wurde verpasst. Lu Meo Ulrich ist einer von denen, die die Hoffnung auf Besserung tragen.

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