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Zurück zu den Wurzeln. Wie einst fährt Daniela Schultze wieder als Skullerin über die Gewässer.

© Wolfgang Lux/Verein

Potsdamer Rudersport: Mit Schiebewind

Die olympische Saison 2016 hielt für Daniela Schultze eine herbe Enttäuschung bereit. Doch danach entdeckte die Potsdamerin ihre Liebe zum Rudern neu und startete wieder durch. Nun tritt sie bei der Weltmeisterschaft in einer für Deutschland traditionsreichen Bootsklasse an.

Von Tobias Gutsche

Daniela Schultze atmet noch einmal durch, sie tankt Kraft. Als Ruderin macht sie das natürlich am Wasser. Bei einem Spaziergang auf der Insel Werder genießt die Athletin des RC Potsdam den Tag vor der Abreise zur diesjährigen Weltmeisterschaft. Vom 24. September bis 1. Oktober findet in Sarasota – einer Küstenstadt im US-Bundesstaat Florida, wo zuletzt Hurrikan Irma zwar nicht ganz so hart zuschlug wie befürchtet, aber trotzdem etliche, nun zu behebende Schäden hinterließ – der Höhepunkt der Rudersaison 2017 statt.

"Für das Skullen schlägt mein Ruderherz"

Schon vor dem Abschluss des Wettkampfjahres bezeichnet Daniela Schultze dieses als „Wahnsinn für mich persönlich“. Vorausgegangen waren eine herbe Enttäuschung, daraus resultierende Motivationsprobleme und der Versuch, diesen mit einem neuen Impuls entgegenzuwirken. Vergangenes Jahr hatte die gebürtige Cottbuserin die erhoffte Olympiaqualifikation mit dem Deutschland-Achter verpasst und kenterte deshalb mental. Der Antrieb für Leistungssport fehlte. Doch er kehrte zurück. Dank der Entscheidung zu einer Rückkehr. Daniela Schultze und ihr Potsdamer Heimtrainer Axel Müller beschlossen, dass die 26-Jährige fortan nicht mehr die Disziplin Riemen betreibt, sondern sich wie anfänglich dem Skull widmet. Heißt: Wieder je ein Ruderblatt links und rechts durch das Wasser wuchten, statt nur eines auf einer Seite.

Einzig auf der Skullerei lag zunächst im Karriereverlauf der Fokus von Schultze. Sie gewann darin sogar den Doppelzweier-Titel bei der U23-Weltmeisterschaft 2011, ehe sie Ende jenes Jahres wegen damals besserer Erfolgsaussichten in den Riemenbereich wechselte und anschließend auch tatsächlich Mitglied der deutschen Elite-Nationalmannschaft bei Olympia in London sowie Welt- und Europameisterschaften wurde. „Die Riemenjahre waren schön, eine Bereicherung, die mich in meiner Entwicklung weitergebracht haben“, erzählt sie. „Aber ich bin als Skullerin groß geworden und hänge deshalb auch mehr an dieser Disziplin. Dafür schlägt mein Ruderherz.“ Trotz immerhin knapp fünf Jahren im anderen Metier sei ihr der Wiedereinstieg ins angestammte Metier leicht gefallen. „Ich hatte ja schon zwölf Jahre Skull auf dem Buckel und zwischendurch auch einige Trainingsfahrten gemacht. Das verlernt man nicht.“

Überraschender Sieg bei der Europameisterschaft

Wie sich schnell zeigte. Bei der deutschen Kleinbootmeisterschaft im April ließ Daniela Schultze mit Platz drei der Einer-Entscheidung aufhorchen, schaffte so den Sprung ins aktuelle Nationalteam. Ende Mai dann ein weiterer Coup, diesmal auf internationalen Gewässern. Mit dem neu formierten Deutschland-Doppelvierer holte die RCP-Sportlerin Europameisterschaftsgold. „Das war eine Überraschung. Eine schöne, positive Überraschung. Die Mädels waren auf der Randbahn und daher vermutlich nicht so auf dem Schirm der Favoriten, die auf den Innenbahnen ruderten. Den Moment haben sie gut genutzt“, sagt Axel Müller.

Der Potsdamer Coach steht in einer der Bootshallen am Seekrug-Gelände und schraubt an den Rennvehikeln seiner Athleten herum. Müller habe sich natürlich über den Gewinn der ersten Elite-Plakette seines technisch starken und durch gutes Bootsgefühl auszeichnenden Schützlings gefreut, sagt er, gibt aber auch nüchtern zu bedenken: „Die EM sollte nicht als Maßstab gesehen werden. Um in der Weltspitze mitzuhalten, ist noch viel Arbeit nötig.“ Wo das Quartett derzeit steht, wird die WM in Sarasota zeigen. Schultze & Co. gehen dabei mit einer großen Herausforderung an den Start, wie Müller meint. „Gerade unser Frauen-Doppelvierer ist historisch ein Erfolgsgarant, zuletzt gab es den Olympiasieg in Rio. Gerade in dieser Bootsklasse gehen alle davon aus, dass Deutschland sie stark besetzt. Traditionell wird man als Medaillenkandidat gehandelt. Aber ich finde, unser junges Team sollte sich diesem Druck nicht aussetzen.“

Der Plan auf dem Weg zu Olympia in Tokio steht

Macht es auch nicht, bekräftigt Daniela Schultze. Prognosen für eine Platzierung seien schwer, vor allem weil die Vorbereitung aufgrund eines längeren Ausfalls von Kollegin Charlotte Reinhardt nicht optimal verlief. „Wir wollen den Finaleinzug. Und dann mal sehen. Wenn wir um Rang drei mitfahren könnten, wäre das gut“, sagt Schultze vor der ersten wichtigen Zwischenstation in Richtung des großen Ziels – die Olympischen Sommerspiele 2020.

Schultzes Plan bis dahin ist für Schritt eins erfüllt, weshalb sie 2017 schon als Erfolg verbucht. „Dani sollte dieses Jahr unbedingt in den Pool der acht deutschen Auswahl-Skullerinnen“, sagt Coach Müller. „Nächste Saison soll sie sich da festigen, um 2019 voll angreifen zu können.“ Dann müssen nämlich schon die Boote für Olympia qualifiziert werden. Zum Traum von Tokio ist es noch ein weiter Weg. Für ihn verspürt Daniela Schultze durch die neu entdeckte Liebe zum Rudern allerdings Schiebewind.

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