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Viele Bilder wie dieses illustrieren das 448 Seite lange Buch. 

© Gruß aus Potsdam/Repro

Potsdamer Luftschiffhafen: Neues Buch über einen besonderen Ort

Ein neues Buch gibt Einblick in die mehr als 100-jährige Geschichte des Luftschiffhafens und seiner Entwicklung vom Flug- zum Sportzentrum. Darunter sind auch viele Anekdoten über Athleten - wie den Eier legenden Emil Zátopek.

Curt Eins war ein ganz besonderer Sportler. In der damals noch jungen DDR trainierte er am Potsdamer Luftschiffhafen erfolgreiche Leichtathleten wie Hans Grodotzki, Hermann Buhl oder Siegfried Valentin. Doch der Trainer hatte noch eine ganz andere Fähigkeit: Er konnte zaubern. Und das richtig professionell. Curt Eins zog Kaninchen aus dem Hut, zeigte meisterhafte Kartentricks und zauberte aus Tüchern bunte Blumensträuße hervor. Der Magier brachte sogar Lauflegende Emil Zátopek, bekannt als „tschechische Lokomotive“, einst dazu, vor Publikum scheinbar Eier zu legen.

Der Potsdamer Luftschiffhafen beim Olympischen Tag 1984. 
Der Potsdamer Luftschiffhafen beim Olympischen Tag 1984. 

© Lothar Willmann

Diese Anekdote ist nachzulesen in dem großformatigen Band „Der Potsdamer Luftschiffhafen“, der gerade frisch im Knotenpunktverlag erschienen ist. In dem aufwendig gestalteten Werk haben sich die Autoren Rainer Lambrecht und Horst Sperfeld der Geschichte des traditionsreichen Sportgeländes nahe dem Bahnhof Pirschheide gewidmet. Der Verleger und Historiker Lambrecht sowie der langjährige Sportjournalist Horst Sperfeld spannen dabei den Bogen von den Anfängen des Areals vor mehr als 100 Jahren als Standort für Luftschiffe bis zum heutigen Sportgelände. Das reich bebilderte, 448 Seiten starke Buch gibt einen lebhaften Einblick in die Historie des heutigen Sportstandorts. Fotos bekannter Athleten wie Speerwerfer Uwe Hohn oder Geher Peter Frenkel sind in dem Werk ebenfalls zu finden. Uwe Hohn, der ebenso wie Peter Frenkel als Mitglied des Armeesportklubs (ASK) Vorwärts Potsdam am Luftschiffhafen trainierte, ging in die Sportgeschichte ein, als ihm 1984 als erstem Menschen ein Speerwurf von mehr als 100 Metern gelang.

Weltklasseathletin wie Geher Ronald Wiegel (M.) wurden im Luftschiffhafen geformt.
Weltklasseathletin wie Geher Ronald Wiegel (M.) wurden im Luftschiffhafen geformt.

© Peter Frenkel

Peter Frenkel, dessen größter sportlicher Erfolg der Olympiasieg 1972 in München im 20-Kilometer-Gehen war, kann mittlerweile auf eine mehr als 60-jährige persönliche Geschichte am Luftschiffhafen zurückblicken. Im Jahre 1958 sei er als Athlet erstmals auf das Gelände gekommen, erzählte der heute 80-Jährige kürzlich bei der Vorstellung des neuen Buchs. Nach seiner aktiven Laufbahn als Sportler studierte Frenkel Fotografie und arbeitete dann als Sportfotograf. Noch heute geht der einstige Spitzenathlet am Luftschiffhafen ein und aus. Er habe hier auf dem Gelände seit vielen Jahren eine Gruppe älterer Menschen, die Bewegungssport treiben, erzählt Frenkel. Zu dem neuen Buch über den Potsdamer Luftschiffhafen hat der frühere Ausnahme-Geher auch eine Reihe von Fotos beigesteuert. „Ich habe das Projekt von Anfang an begleitet“, sagte Frenkel über seine Mitwirkung an dem Werk.

Der Name sagt es: Anfangs war der Luftschiffhafen ein Standort für Zeppeline.
Der Name sagt es: Anfangs war der Luftschiffhafen ein Standort für Zeppeline.

© Archiv

Autor Lambrecht berichtete, er habe schon 2007 mit den ersten Recherchen begonnen. Lambrecht, der selbst nicht aus dem Sportbereich kommt, konnte für das Projekt mit Horst Sperfeld einen fachkundigen Co-Autor gewinnen. Man habe bei den Recherchen mehr gefunden als erwartet, sagte Lambrecht. Das Sportareal an der Havel sei zu Zeiten der Luftschiffe ein Hightech-Zentrum gewesen und habe sich später zu einem Leistungszentrum des Sports mit Weltklasseniveau entwickelt, so Lambrecht.

Die Sportanlagen im Luftschiffhafen - wie die Schwimmhalle - sind auf modernstem Stand.
Die Sportanlagen im Luftschiffhafen - wie die Schwimmhalle - sind auf modernstem Stand.

© Andreas Klaer

Das neue Buch besticht nicht zuletzt mit einigen historischen Aufnahmen aus der Zeit der Luftschiffe in Potsdam. Die am Himmel schwebenden „Zigarren“ wirken mit ihrer aerodynamischen Form gewissermaßen sanft – und wurden doch auch zu Kriegszwecken eingesetzt. Eine Aufnahme im Buch zeigt das Luftschiff „Hansa“ am Himmel über der Potsdamer Lindenstraße. Auf einem Farbfoto ist Luftschiffpionier Ferdinand Graf von Zeppelin in seiner mit Orden dekorierten Militäruniform zu sehen. Die Firma Luftschiffbau Zeppelin hatte sich 1911 in einem Vertrag mit der Stadt Potsdam das Areal für ihre Zwecke gesichert.

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich das Gelände am Luftschiffhafen allmählich zu einem Sport- und Freizeitgelände. Man errichtete einen Land- und Wassersportplatz. Im Frühjahr 1925 wurde hier die Erste Allgemeine Wassersportausstellung Potsdam eröffnet. Diese Schau wiederholte man in den Folgejahren mehrmals. Auch im Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände zu Sport- und Freizeitzwecken genutzt. So fanden hier beispielsweise im Juni 1944 die Reichssportwettkämpfe der NS-Jugend statt. Mit Ende des Krieges besetzte zunächst die Rote Armee das Gelände.

Rainer Lambrecht und Horst Sperfeld recherchierten seit 2007 für das Buch. 
Rainer Lambrecht und Horst Sperfeld recherchierten seit 2007 für das Buch. 

© promo

Etwa 1950 übernahm das DDR-Ministerium des Innern den Kernbereich des weitläufigen Sport- und Freizeitareals. Im April 1950 wurde eine Schule für die Ausbildung von Sportfunktionären im Bereich militärähnlicher Strukturen gegründet. Eine offizielle Armee hatte die DDR zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Auf dem Gelände trainierten später Sportler der Nationalen Volksarmee. Der ASK Vorwärts Potsdam war hier zu Hause – und brachte viele Spitzensportler hervor. Es wurden neue Sportanlagen, unter anderem eine Schwimmhalle, errichtet. Auch die heute noch am Luftschiffhafen bestehende Sportschule sorgte für ein hohes Leistungsniveau am Standort. Als Olympiastützpunkt spielt der Luftschiffhafen nach wie vor eine große Rolle im sportlichen Leben Potsdams und wurde in den vergangenen Jahren durch Investitionen von mehreren Millionen Euro stetig modernisiert. 

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