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Potsdamer Judo- und Kanusport: Anfang und Ende

Auf zwei Potsdamer Sport-Ikonen warten ab dem 1. Januar 2017 neue Herausforderungen im Trainerberuf. Katrin Wagner-Augustin wird am Luftschiffhafen ihre erste offizielle Tätigkeit als Kanu-Coach antreten, Judo-Trainerin Yvonne Bönisch verlässt derweil Potsdam und geht nach Israel.

Von Tobias Gutsche

Veränderungen stehen in der Potsdamer Trainergemeinschaft bevor. Große Sportpersönlichkeiten der brandenburgischen Landeshauptstadt sind dabei involviert, zwei starke Frauen. Während die frühere Weltklasse-Kanutin Katrin Wagner-Augustin ab dem 1. Januar 2017 ihre Trainerlaufbahn am hiesigen Kanu-Stützpunkt beginnen wird, endet derweil für Yvonne Bönisch, Judo-Ikone und bislang Landestrainerin am Standort Potsdam, vorerst die Zeit auf dem Luftschiffhafen.

KATRIN WAGNER-AUGUSTIN – DIE EINSTEIGERIN

Hinter Katrin Wagner-Augustin liegen ereignisreiche und schöne Monate. Nachdem sie im Frühjahr vergangenen Jahres offiziell ihre Paddelkarriere beendet hatte, weil sie zum zweiten Mal schwanger war, schloss die vierfache Olympiasiegerin zunächst ihre Ausbildung an der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Köln ab. „Das lief zu meiner vollsten Zufriedenheit. Es ist toll, mein Trainerdiplom in der Tasche zu haben“, sagt die 39-Jährige. Anschließend durfte sie sich über die Geburt ihrer nunmehr 13 Monate alten Tochter Amelie freuen. Sohn Emil zählt bereits fünf Lenze. „Ich hatte ein herrliches Jahr ganz in der Mutterrolle und bin gespannt, wie nun alles mit dem Job funktioniert.“

Der Einstieg in den Trainerberuf wird Katrin Wagner-Augustin, die auch gelernte Arzthelferin ist, dort ermöglicht, wo sie so lange tagtäglich ins Kajakboot eingestiegen war – im Potsdamer Kanu-Leistungszentrum. Arbeitgeber der zehnmaligen Weltmeisterin wird die Bundeswehr sein, bei der sie bereits seit 1997 als Sportsoldatin angestellt war. „2016 hat die Sportfördergruppe der Bundeswehr eine Traineroffensive gestartet“, erklärt Wagner-Augustin. „Darüber habe ich meinen Platz bekommen.“

Wagner-Augustin agiert zunächst als "Springerin"

Sehr zur Freude von Ralph Welke. Der Cheftrainer des KC Potsdam betreute Katrin Wagner-Augustin einst selbst und erhofft sich nun eine Bereicherung des Standorts durch die Unterstützung der Dame, die in ihrer aktiven Leistungssportzeit alles gewonnen hatte, was nur ging, und sich bereits während ihrer Trainerakademie-Praxisphase beim KCP ausprobierte. „Wenn sie als Coach so ehrgeizig arbeitet wie damals als Athletin“, meint Welke, „dann wird sie ihren Weg gehen.“

Die ersten Meter auf jenem Weg bestreitet Katrin Wagner-Augustin zunächst in einer assistierenden Rolle. „Ich hatte darum gebten, noch nicht gleich eine eigene Gruppe zu übernehmen, weil ich erst einmal gucken muss, wie sich die Ganztagsaufgabe eines Trainers mit den Verpflichtungen einer zweifachen Mutter vereinbaren lässt“, erläutert sie. „Deswegen werde ich Springerin sein, also in verschiedenen Gruppen hineinschnuppern und helfen. Dadurch bekomme ich natürlich auch vielfältige Eindrücke.“

YVONNE BÖNISCH – DIE AUSWANDERIN

Viele neue Eindrücke wird ab Januar auch Yvonne Bönisch gewinnen. Und zwar in Israel. Dorthin – genauer gesagt in die Mittelmeerstadt Tel Aviv – zieht es die am 29. Dezember 36 Jahre alt werdende Judo-Koryphäe, um als Frauen-Nationaltrainerin die israelischen Mattenkämpferinnen auf Olympia 2020 in Tokio vorzubereiten. Dies bedeutet einen herben Verlust für den Standort Potsdam, wo Bönisch 2009 nach ihrem Ende als aktive Judoka in die Coaching-Riege wechselte, seit 2012 Cheftrainerin des UJKC Potsdam war und die vergangenen drei Jahre in der Funktion einer brandenburgischen Landestrainerin agierte.

Doch letztere, für sie entscheidende Stelle bietet der momentan im Skiurlaub weilenden Yvonne Bönisch nicht mehr genügend Zukunftsperspektive. Der Grund: Im Zuge der geplanten deutschen Spitzensportreform soll nach bisherigen Planungen der Judo-Bundesstützpunkt in Frankfurt (Oder) wegfallen, was in der Konsequenz auch eine geringere Förderung an Brandenburgs Landesstützpunkten wie Potsdam bedeuten würde. Hinter dem Posten als Landestrainerin in der märkischen Hauptstadt steht somit ein großes Fragezeichen. „Daher hat Yvonne die Reißleine gezogen und sich verständlicherweise etwas Neues gesucht“, sagt Mario Schendel. Der Lehrertrainer der Potsdamer Sportschule wird künftig die sportliche Hauptverantwortung übernehmen. „Uns ist ganz klar“, sagt er, „ohne sie wird es nicht einfach.“

Bönisch hat sich sehr große Expertise erarbeitet

Denn mit Deutschlands bislang einziger Judo-Olympiasiegerin an der Spitze hat der perfekt harmonierende UJKC-Trainerstab in der Vergangenheit herausragende Arbeit verrichtet. Potsdam ist zur Nummer eins im nationalen Nachwuchsjudo geworden. Und auch international gab es Erfolge zu ernten, die vor allem Yvonne Bönisch gesät hat. 2014 wurden ihre Schützlinge Martin Setz und Philipp Galandi Dritte bei der U21-Europameisterschaft, woraufhin Bönisch vom Deutschen Judobund als Trainerin des Jahres ausgezeichnet worden war. Die selbst je zweifache Vize-Europa- und -Weltmeisterin führte Galandi nun vor wenigen Wochen zu U23-EM-Bronze – in Tel Aviv, ihrer Wirkungsstätte für den anstehenden Olympiazyklus.

Yvonne Bönisch wandert damit in ein judobegeistertes Land aus. Fünf der neun Olympiamedaillen Israels holten Judoka. Die Potsdamerin soll für einen weiteren Aufschwung sorgen. Mit ihrer großen Expertise. Diese hat die emsige, wissbegierige Bönisch sukzessive ausgeweitet. Sie machte ihr Trainerdiplom an der DOSB-Akademie, wurde Fachpraktikerin für Massage, Wellness und Prävention, hat zudem einen Bachelor-Abschluss an der Fachhochschule für Sport und Management in Potsdam erlangt. Eine derart engagierte und obendrein erfolgreiche Trainerin kehrt Deutschland jetzt den Rücken. Aus UJKC-Kreisen heißt es verärgert, dass vonseiten der verantwortlichen hochrangigen Sportfunktionäre nicht darum gekämpft worden sei, Yvonne Bönisch zu halten und ihr eine ordentliche Perspektive aufzuzeigen.

Diese findet sie stattdessen in Israel vor. Als Bönisch auf ihrer Facebook-Seite mitteilte, dass sie solch einen großen Schritt wagen wird, reihten sich 75 Kommentare darunter. Einer lautet: „Wow, du bist echt mutig, alles Gute für die Zukunft! Du wirst ein großes Loch hier hinterlassen und deine Sportler werden dich vermissen.“ Geschrieben wurden die Zeilen von Katrin Wagner-Augustin.

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