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„Definitiv meine verrücktesten Spiele.“ Ronald Rauhe erlebte emotionale Tage in Rio. Am Ende war der fast 35-Jährige überglücklich, denn er gewann zum ersten Mal in seiner Karriere eine olympische Medaille im Einer.

©  dpa

PNN-Olympiaserie "Rio ruft": Unveränderter Reiz, fehlende Leidenschaft und innerer Frieden

Der Potsdamer Kanute Ronald Rauhe erlebte in Rio seine fünften Sommerspiele und gewann dabei seine vierte Medaille. Nun zieht er ein allgemeines und persönliches Olympia-Fazit. Am Sonntag paddelt Rauhe dann beim Kanalsprint in Potsdam.

Von Tobias Gutsche

Außergewöhnlich groß ist der olympische Erfahrungsschatz von Ronald Rauhe. Fünfmal paddelte der Kanu-Rennsportler des KC Potsdam unter den fünf Ringen. 2000 in Sydney fing alles an, es folgten Athen, Peking, London – und nun Rio. Seit jeher ist er fasziniert von der Idee der Spiele, diesem völkerverständigenden, friedvollen Zusammentreffen und Wetteifern der globalen Sportszene. Doch zuletzt wurde immer stärker angemahnt, dass jener Charme schwindet, er lediglich eine verblasste romantische Vorstellung ist und stattdessen vom schmierigen Kommerz-Denken überdeckt wird.

Zumindest aus Athletensicht kann Ronald Rauhe einen solchen Verlust der speziellen Aura nicht bestätigen. „Meiner Meinung nach hat sich der Reiz für die Aktiven nicht verändert. Olympia ist weiterhin das Größte. Das besondere Flair, das vor allem im olympischen Dorf herrscht, habe ich bei meiner ersten als auch letzten Teilnahme voller Intensität gespürt“, erklärt er, räumt aber ein: „Sicherlich sieht das Drumherum inzwischen anders aus. Es wird alles viel mehr vermarktet. Allerdings muss das nichts Negatives sein. Die eingenommenen Gelder müssen dann einfach nur im Sinne des olympischen Sports weiterverwendet werden, um ihn zu stärken und seine Glaubwürdigkeit zu bewahren. Darin besteht die Aufgabe für die Zukunft.“

Stimmung mau: Brasilianer zeigten nur Hingabe für ihre Landsleute

Ronald Rauhe ist durch und durch ein Olympia-Fan. Das ist unüberhörbar, wenn er über die Spiele spricht. Er brennt wie die olympische Flamme für diesen Wettbewerb. Eine Einstellung, die der gebürtige Berliner beim diesjährigen Ringe-Event in Rio auf Seiten der Gastgeber derweil nicht so wahrgenommen hat, weshalb er etwas enttäuscht meint: „Dass es im organisatorischen Bereich nicht optimal lief, war ja im Vorfeld zu erwarten – das ist für Südamerika nicht unüblich. Allerdings dachte ich, dass die Südamerikaner stattdessen ganz viel Leidenschaft – insbesondere für den Sport – haben. Die haben sie auch, aber nur mit Blick auf ihre Landsleute. Ansonsten fehlte die Hingabe, was sicherlich auch mit der aufgewühlten politischen Lage in Brasilien zusammenhängt. Die Atmosphäre war jedenfalls nicht berauschend und hing weit hinter der von London 2012 zurück. Für die Athleten war das natürlich schade.“

Nichtsdestotrotz: Rio, sagt er, werde bei ihm stets in positiver Erinnerung bleiben. „Wegen meiner Medaille“, erklärt „Ronny“ und grinst wie ein kleines Kind beim Geschenkeauspacken unter dem Weihnachtsbaum. Der olympische Kreis hat sich für Rauhe geschlossen. Seine letzten Spiele endeten wie seine ersten: Mit Bronze um den Hals. 2004 heimste er zudem Gold ein, 2008 war es Silber. „Zum vierten Mal Edelmetall zu holen, war mein absolutes Ziel. Dafür habe ich alles investiert“, sagt der Kajakfahrer, der in Rio zunächst auf seiner Hauptstrecke im Kajak-Zweier über 200 Meter zusammen mit dem Dresdner Tom Liebscher lediglich Fünfter wurde, daraufhin vollends betrübt war und Tränen vergoss. Zwei Tage später landete er aber nach einem packenden Rennen und der nervenzerreißenden Zielfoto-Auswertung letztlich auf Rang drei im Sprint-Einer. Wieder flossen die Tränen, diesmal jedoch vor Freude.

"Jetzt fehlt mir in meiner Karriere rein gar nichts mehr"

„Das war alles so emotional, definitiv meine verrücktesten Spiele“, urteilt der in Falkensee lebende Top-Athlet. „Und ich muss sagen: Wäre ich ohne Medaille nach Hause gekommen, hätte ich mächtig daran zu knabbern gehabt. Dass ich nach zuvor drei Olympia-Podestplätzen im Zweier nun aber sogar noch mit fast 35 Jahren im Einer aufs Podium fahre, ist einfach nur ein Traum. Dieses Bronze ist vom Stellenwert ganz nah dran an Gold von Athen. Dadurch habe ich meinen inneren Frieden gefunden und kann mich glücklich schätzen, dass mir rein gar nichts mehr in meiner Karriere fehlt.“

Ob diese glorreiche Laufbahn ihr Ende erst 2017 mit einer Abschlusssaison findet oder bereits jetzt schon, wird Ronald Rauhe alsbald im Kreise seiner Familie entscheiden. Einen Wettkampf wird der 13-fache Weltmeister aber mindestens noch bestreiten. Am Sonntag tritt er bei der 12. Auflage des Kanalsprints in der Potsdamer Innenstadt an – dort werden ab 14 Uhr Spitzenkanuten über den gefluteten Stadtkanal jagen. Mit dabei sind neben dem Routinier auch die weiteren Rio-Medaillengewinner des KC Potsdam: Sebastian Brendel, Jan Vandrey und Franziska Weber. „Ich hoffe“, erzählt Rauhe, „dass wir mit unseren starken Ergebnissen bei Olympia das Interesse geweckt haben und viele Leute zugucken kommen.“ Und es sei betont: Nirgendwo sonst kann man die Paddel-Asse so nah in Aktion erleben wie beim Kanalsprint. 

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