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Nachgerückt. Jan Vandrey (l.) und Stefan Kiraj werden Olympioniken.

©  T. Gutsche

PNN-Olympiaserie "Rio ruft" - die Potsdamer Teilnehmer: In letzter Sekunde an Bord gegangen

Der Traum von der Olympiateilnahme 2016 war für Jan Vandrey und Stefan Kiraj bereits ausgeträumt. Doch weil Dopingbetrüger überführt wurden, dürfen die beiden Potsdamer Kanu-Rennsportler nun auch mit nach Rio. Aus ihrer Sicht gewinnt damit die Gerechtigkeit.

Von Tobias Gutsche

Zu einer kleinen, gemütlichen Feier hat der Kanu Club Potsdam ins Vereinsheim am Luftschiffhafen geladen, um seine Teilnehmer an den Sommerspielen 2016 zu verabschieden. Für die Protagonisten ist eine Sitzgruppe im Herzen des Raumes reserviert. Auf dem Tisch steht ein Schild mit der Aufschrift „Olympiaflotte“. Dort Platz genommen haben Sebastian Brendel, Franziska Weber, Ronald Rauhe, Conny Waßmuth – sowie Jan Vandrey und Stefan Kiraj, die erst in letzter Sekunde noch an Bord Richtung Rio gegangen sind.

Sie profitieren davon, dass die Kanu-Nationalteams von Rumänien und Weißrussland wegen massiver Dopingvergehen mit Sperren belegt wurden, woraufhin Deutschland in der Disziplingruppe Canadier als Nachrücker zwei zusätzliche olympische Quotenplätze erhält und diese mit den beiden Potsdamern besetzt. „Ich sehe das nicht als Geschenk an, sondern als Gerechtigkeit. Ohne den Betrug der anderen hätten wir Deutschen die Startplätze ja schließlich bereits direkt geholt“, sagt Jan Vandrey. Und Stefan Kiraj urteilt: „Wer bescheißt, muss rausfliegen. Gut, dass das jetzt auch so durchgezogen wurde.“

Kiraj sprintet im Solo, Vandrey fährt im Duett mit der Ikone Sebastian Brendel

Durchgezogen haben die zwei KCP-Paddler auch im Training. Trotz der zunächst verpassten Rio-Qualifikation setzten sie auf Anraten ihres Heimtrainers Ralph Welke, der zugleich Canadier-Bundestrainer ist, das Pensum in voller Intensität fort. Welke wusste um die drohenden Dopingsperren der Konkurrenz. „Er hat immer gesagt: ,Die Chance besteht, dass wir noch nachträglich Olympiatickets bekommen. Also trainiere weiter!’ Das habe ich gemacht – und es hat sich gelohnt“, erzählt Stefan Kiraj. Der seit Jahren stärkste deutsche Canadiersprinter wähnt sich daher in einer Top-Verfassung für seinen Start im Einer über 200 Meter: „Ich brauche mich in Rio nicht zu verstärken.“ Mehrfach jagte der 27-jährige Bundespolizist schon bei Welt- und Europameisterschaften ins Finale, was er nun auch für die Spiele am Zuckerhut als persönliche Zielvorgabe formuliert. „Und wenn man dann erst einmal im Endlauf ist und zudem ein richtig gutes Rennen erwischt“, erklärt der aus Spremberg stammende Athlet, „kann es sogar weit nach vorne gehen.“

Wie Stefan Kiraj ist Jan Vandrey ebenfalls ein Olympianovize. Der 24-Jährige wird den Zweier über 1000 Meter fahren. Sein Partner: Niemand Geringerer als Sebastian Brendel. Im Duett mit dem weltbesten Canadierfahrer der jüngeren Vergangenheit anzutreten, sei eine „riesige Ehre“, wie er meint. „Basti ist ein Vorbild für mich“, sagt der Berufsfeuerwehrmann und gesteht, sich im Bilanzvergleich mit Brendel „etwas mickrig“ zu fühlen: „Er hat schon alles gewonnen, was nur so geht. Und ich habe bislang lediglich zweimal Silber bei der U23-EM geholt und bin dieses Jahr zum ersten Mal überhaupt in der A-Nationalmannschaft.“

Ein Garant: Seit 1988 gab es stets Olympia-Edelmetall für den C2 über 1000 Meter

Dabei konnte Jan Vandrey aber auf Anhieb mit guten Leistungen – wie einem zweiten Weltcup-Platz im Einer über 500 Meter – überzeugen und hat sich so das Privileg erkämpft, in olympische See stechen zu dürfen. Brendel, der im Boot den Schlag vorgibt, schätzt die Qualitäten seines an zweiter Position knienden Kompagnons. „Jan ist stark auf den ersten 250 Metern und auch im Endspurt“, findet er, während Vandrey betont: „Wir passen wirklich gut zusammen.“ So gut, dass er Großes für möglich hält: „Wir haben das Zeug, unter die ersten Drei zu kommen.“

Gelingt ihnen das, wäre es die Fortsetzung einer beachtlichen Erfolgsserie. Seit 1988 sprang stets eine Olympiamedaille für Deutschland im Canadier-Zweier auf der 1000-Meter-Distanz heraus. Zuletzt war es das reine Potsdamer Gespann Peter Kretschmer/Kurt Kuschela, das in London Gold aus dem Wasser fischte. Diesmal gibt es also erneut einen solchen KCP-Express, dessen Besatzungsmitglieder neben der Vereinszugehörigkeit obendrein die Herkunft verbindet: Sebastian Brendel und Jan Vandrey sind gebürtige Schwedter und erlernten in der Oderstadt das Paddeln. 

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