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Schwere Vorwürfe. Andreas Petersen soll versucht haben, Spieler zu bestechen. 

© Klaus-Dietmar Gabbert /dpa

Exklusiv

Manipulationsskandal in der Fußball-Regionalliga Nordost: Nächste Runde im „Fall Petersen“

Gegen das Urteil des Sportgerichts wegen versuchter Spielmanipulation hat der Halberstädter Andreas Petersen Berufung eingelegt. Auf strafrechtlicher Ebene beschäftigt derweil ein abgelehnter Durchsuchungsantrag sowie die Definition des Begriffs "Berufssport".

Potsdam - Der „Fall Petersen“ mit dem Vorwurf der versuchten Spielmanipulation in der Fußball-Regionalliga geht in die nächste sportgerichtliche Runde. Der Anwalt des inzwischen von seinem Amt als Sportdirektor des VfB Germania Halberstadt entbundenen Andreas Petersen hat gegen das Sportgerichtsurteil des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) wie angekündigt Berufung eingelegt. „Die Berufungsschrift ist sehr umfangreich“, sagte der Sportrechtler Horst Kletke auf PNN-Anfrage. Unter anderem widerspricht er, wie vom Sportgericht im erstinstanzlichen Verfahren Beweise gewürdigt worden sind. Es gebe einige „handfeste Dinge“, mit denen sich Kletkes Ansicht nach nun das NOFV-Verbandsgericht auseinandersetzen müsse.

15-seitige Berufungsschrift an Verbandsgericht übergeben

Das Sportgericht des regionalen Fußballverbandes hatte Petersen vor zwei Wochen zu einem einjährigen Funktionsverbot und zu einer Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro verurteilt. Die Instanz sah es als erwiesen an, dass der damalige Sportdirektor im Vorfeld der Regionalligapartie zwischen dem SV Babelsberg 03 und Germania Halberstadt am 30. November vergangenen Jahres versucht haben soll, zwei Babelsberger Spieler zu bestechen. Er soll ihnen für eine absichtlich schlechte Leistung insgesamt 12.000 Euro angeboten haben. Petersen räumte zwar Telefonkontakte unmittelbar vor dem Spiel ein, wies aber den Vorwurf der versuchten Manipulation vehement zurück. Die beiden SVB-Spieler indes informierten umgehend ihren Verein und dieser den Verband. Zudem dokumentierten die beiden Fußballer, die zuvor in Halberstadt bei Andreas Petersen als damaligen Germania-Trainer spielten, unter anderem belastende WhatsApp-Nachrichten. 

NOFV-Sportrichter Stephan Oberholz warf in seiner Urteilsbegründung Petersen ein „falsches Spiel“ vor. Für das Sportgericht steht fest, „dass Herr Petersen versucht hat, durch Ansprache zweier Babelsberger Spieler unbefugt Einfluss auf den Verlauf des Spiels zu nehmen, um seinem Verein Vorteile zu verschaffen. Solche Handlungen stellen gravierende Angriffe auf die Integrität des sportlichen Wettbewerbs dar. Sie verstoßen gegen die Grundwerte des Sports und schaden in hohem Maße dem Ansehen der Fußballverbände und aller teilnehmenden Vereine“. Das Verbandsgericht – höchste und letzte sportgerichtliche Instanz – solle nun die 15-seitige Berufungsschrift „in Ruhe lesen“, sagt Kletke. 

Amtsgericht Halberstadt: Keine strafrechtlichen Anhaltspunkte

Währenddessen gibt es in den strafrechtlichen Ermittlungen gegen Petersen eine Entscheidung des Amtsgerichtes Halberstadt, die Rechtsanwalt Kletke interessiert zur Kenntnis genommen hat. Nach PNN-Informationen soll das Amtsgericht einen Durchsuchungsantrag der inzwischen für die Ermittlungen zuständigen Staatsanwaltschaft-Zweigstelle Halberstadt abgelehnt haben. Es gebe keine strafrechtlichen Anhaltspunkte, die einen Durchsuchungsbeschluss gerechtfertigt hätten.

Die Strafverfolger hatten im vergangenen Jahr nach dem umfangreichen Medienecho auf den vermeintlichen Manipulationsskandal von Amts wegen die Ermittlungen aufgenommen – zunächst die für den Schwerpunkt „Korruption“ zuständige Brandenburger Behörde in Neuruppin, die den Fall dann an die Staatsanwaltschaft Magdeburg abgegeben hat. Seit Ende April 2017 ist die „Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben“ Teil des Strafgesetzbuches. Mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren kann bestraft werden, wenn jemand Geld oder andere Vorteile fordert oder annimmt, um einen berufssportlichen Wettbewerb zu manipulieren.

Schon der Werdegang des Gesetzes vom Entwurf bis zum Beschluss im Deutschen Bundestag wurde von Rechtsexperten kritisch begleitet und kommentiert. Die „Integrität des Sports“ können dessen autonome Verbände und Organe selbst schützen, hieß es. Als Rechtsgut sei die Integrität des Sports zudem schwer zu definieren und auch nicht durch eine mögliche Strafbarkeit zu legitimieren. Das Strafrecht dürfe keine symbolische Funktion übernehmen.

Gehört die Regionalliga zum bezahlten Sport?

Um die Auslegung des noch jungen Gesetzes wird in Rechtskreisen – auch in der „Causa Petersen“ gestritten. Im aktuellen Fall von entscheidender Bedeutung: Gehört die Regionalliga zum bezahlten Sport? Angesichts von Spielergehältern von mehreren Tausend Euro, die in so manchen Viertligaklubs gezahlt werden, sind diese weit vom Amateurstatus entfernt. Andererseits gibt es etliche Regionalligisten, die ihren Akteuren lediglich eine gut dotierte Aufwandsentschädigung überweisen und auch nicht die Krankenkassen- und Sozialversicherungsbeiträge übernehmen können. Die Rechtsprechung ist aktuell so unkonkret und gibt keine Antwort, ob Regionalliga-Fußball in den Bewertungsrahmen fällt. Laut Gesetz ist ein Wettbewerb berufssportlich, wenn daran „überwiegend Sportler teilnehmen, die durch ihre sportliche Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen“. Unklar ist zudem, ob als Wettbewerb beispielsweise nur ein Spiel definiert ist oder eine ganze Saison, ob die Honorare eines jeden einzelnen Spielers, Trainers oder Sportdirektors bewertet werden oder ein Mittelwert. 

Für das Amtsgericht Halberstadt liegt im Fall Petersen offenbar kein strafrechtlicher Tatbestand vor. „Das ist eine klare Aussage“, befindet Rechtsanwalt Kletke und sagt: „Dieses Gericht wertet den Sachverhalt offenbar so, dass strafrechtliche Vorwürfe nicht haltbar sind.“ Möglich jedoch, dass nun ein anderes Gericht einen eventuellen Tatbestand zu bewerten hat, denn nach PNN-Informationen ist nicht ausgeschlossen, dass die Staatsanwaltschaft ihren Durchsuchungsantrag landgerichtlich prüfen lassen will. 

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