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Interview: „Wir wollen Hoffmann nicht gehen lassen“

Babelsberg-03-Präsident Thomas Bastian über die momentane Situation im Drittligaverein sowie die Suche nach einer konkurrenzfähigen Mannschaft und einen Geschäftsführer, für den es zwei Kandidaten gibt

Herr Bastian, haben Sie in Ihren bisherigen zehn Tagen als neuer Vorstandsvorsitzender des SV Babelsberg 03 schonmal bereut, diesen Posten zu übernehmen?

Alle zwei Minuten, und alle fünf Minuten später wieder nicht. Es ist momentan wahnsinnig viel zu tun, weil ich hier jetzt auch als kommissarischer Geschäftsführer tätig bin. Ich muss mich daher beispielsweise ständig zwischen Sponsorensuche, Verträge machen und dem Abwickeln normaler Geschäfte entscheiden. Das ist phasenweise ganz schön stressig.

Zumal Sie auch noch einen Beruf als Chef eines Kinos haben.

Ja, aber da werde ich im Augenblick relativ gut ersetzt und komme mit ein paar Stunden am Tag hin. Aber dadurch hat der Tag dann auch 16 Stunden.

Vor einer Woche feierten Fans und neuer Vorstand die Rettung der Drittliga-Lizenz für Babelsberg. Wie sieht die finanzielle Situation eine Woche später aus? Es ist immerhin ein 3,1-Millionen-Etat zu stemmen.

Eigentlich sprechen wir von einem Etat von 2,7 Millionen Euro. 3,1 Millionen wären optimal, weil wir dann ein bisschen Luft hätten. Wir sind ein bisschen weitergekommen, aber eher in Richtung Spielereinkäufe, Vernetzung mit unseren neuen Partnern und Überlegungen mit der DKB (der Deutschen Kreditbank/d. Red.), wie das Konstrukt Babelsberg 03 künftig aussehen soll und innerhalb der nächsten ein, zwei, drei Jahre so fit gemacht werden kann, dass die Dritte Liga für uns ohne Absturzgefahr zur Normalität wird. Außerdem sind wir momentan auf der dringenden Suche nach einem neuen Geschäftsführer. Wir haben dafür zwei Kandidaten in der näheren Auswahl, die sich in den nächsten Tagen noch einmal dem Vorstand vorstellen werden. Danach werden wir auch hier hoffentlich schnell eine Entscheidung treffen. Denn das ist wichtig, damit ich mich mehr um Sponsoren und Ähnliches kümmern kann.

Ist Stephan Beutel, der früher schon beim FC St. Pauli mit Dietmar Demuth zusammen arbeitete und später bei Rot-Weiß Erfurt tätig war, einer dieser Kandidaten?

Ja, das kann ich bestätigen.

Wer ist der zweite Kandidat?

Darauf kann ich jetzt selbstverständlich keine Antwort geben.

Der bisherige Geschäftsführer Ralf Hechel wurde von außen, vom früheren Aufsichtsratsmitglied Frank Marczinek, bezahlt. Wer wird die Kosten für den neuen Geschäftsführer tragen?

Der Geschäftsführer wird wie alle Angestellten des Vereines vom Verein bezahlt werden.

Durch die öffentliche Diskussion um das bisherige Sponsoring der Stadtwerke Potsdam rutscht auch Ihr Verein immer wieder in die Negativ-Schlagzeilen. Inwieweit behindert das die Arbeit des Vorstandes bei der Vorbereitung der neuen Saison?

Es behindert sie natürlich immer, wenn Babelsberg 03 oben drüber steht. Wir können ja sagen: Der Verein hat davon profitiert und der EWP hat es nicht geschadet, denn wir haben deren Bürgschaften ja nicht gebraucht. Aber natürlich stören solche Negativ-Schlagzeilen bei der Sponsorensuche.

Die Fans stehen ungebrochen zum Verein und haben in den letzten Wochen für Nulldrei gespendet. Wie viel Geld ist denn zusammengekommen?

Rund 130 000 Euro an Spenden und Bürgschaften, wobei die direkte Spendensumme bei rund 70 000 Euro liegt.

Außerdem verzeichnet der SVB in diesen schweren Zeiten einen Mitgliederzuwachs.

Stimmt, wir haben in den letzten zehn Tagen 55 neue Mitglieder dazubekommen, so dass der Verein jetzt rund 650 Mitglieder zählt.

Trainer Dietmar Demuth ist derzeit mit Hochdruck dabei, eine neue Mannschaft möglichst bis zum Trainingsbeginn am 20. Juni zusammenzubekommen. Wird nach der finanziellen Rettung des Vereins in der neuen Saison auch die sportliche Rettung – sprich der Klassenerhalt – überhaupt machbar sein?

Das muss das Ziel sein. Unser Trainer kauft nicht schlecht ein und es war ja schon vor dem Umbruch im Verein klar, dass wir relativ viele Spieler ersetzen müssen. Nun sind es ein paar mehr geworden, aber wir gehen davon aus, dass Dietmar Demuth das hinbekommt. Was wir bisher an Spielern geholt haben, lässt darauf schließen, dass wir stabil weiterspielen können. Ich glaube, wir kaufen im Augenblick ganz gut ein. Und ich sehe auch noch nicht einen großen Qualitätsverlust, wenn uns das weiter gelingt. Wobei allerdings noch ein, zwei Spieler weggehen könnten.

Einer wäre Abwehrchef Marcus Hoffmann, der beim SVB eigentlich als unverzichtbar gilt. Könnte Nulldrei aber überhaupt Nein sagen, wenn Regionalligist RB Leipzig jetzt, wie kolportiert, 200 000 Euro Ablöse auf den Tisch legen würde?

Bei 200 000 könnten wir nicht Nein sagen, aber so hoch ist das Angebot nicht. Dietmar Demuth muss noch einmal mit dem Spieler reden, aber weder der Trainer noch der Vorstand noch ich sind der Meinung, dass wir Marcus Hoffmann für das niedrige Angebot aus Leipzig weg lassen können. Ich muss da nochmal verhandeln, und sollte Rasenball nachlegen, werden wir neu überlegen. Aber für das jetzt gebotene Geld können wir nicht unseren besten Spieler gehen lassen, den besten Abwehrspieler der letzten Liga-Saison, die Identifikationsfigur, um die herum Dietmar Demuth seine neue Mannschaft gruppieren will.

Hat Dietmar Demuth für seine Mission Klassenerhalt einen ähnlichen Etat wie im vergangenen Jahr oder steht er unter noch größerem Sparzwang?

Er hat den gleichen Etat wie im letzten Jahr und wir haben Optionen vereinbart, um im Bedarfsfall Mehrkosten abfedern zu können. Im Vordergrund steht natürlich das Abdecken dieses Etats durch Sponsoren, wobei es auch die Variante gibt, dass ein Sponsor einen Spieler finanziert. Wobei der Sponsor das nun nicht mehr über eine Beschäftigung in seinem Betrieb macht, sondern durch die Beteiligung am Spielergehalt, was dann ganz offenes Sponsoring und die Transparenz ist, die wir jetzt einführen müssen. Anders geht es nicht.

Am Mittwoch war Vorstandssitzung. Gab es dabei auch Beschlüsse, die den Spielbetrieb des Vereins betrafen?

Nein. Wir haben vor allem einige Aufgabenbereiche im Vorstand neu vergeben. So wird der Rechtsanwalt Frank Walter von Gierke als neuer Vorstand für Restrukturierung den professionellen Aufbau der Geschäftsstellenstruktur begleiten, während Dirk Petermann für den kompletten Jugendsportbereich dazu kam. Diese Ergänzungen werden dem Aufsichtsrat neu vorgeschlagen. Wir haben auch lange über die Varianten des Geschäftsführers diskutiert und beschlossen, beide Kandidaten einzuladen.

Momentan sind Sie kommissarisch Geschäftsführer. Muss sich Dietmar Demuth, der auch Sportlicher Leiter des Vereins ist, für jede Verpflichtung eines neuen Spielers Ihr Okay einholen?

Natürlich. Ich muss die Abschlüsse und Unterschriften tätigen und gucke vorher auch, ob gehaltsmäßig alles vernünftig abläuft. Wobei wir beide eng zusammenarbeiten. Ich nehmen, wenn es schwieriger wird, teilweise auch an den Verhandlungen teil. Wenn der Trainer über einen Spieler sagt, der sei okay, vertraue ich ihm natürlich. Da habe ich überhaupt keine Probleme.

Wird Dietmar Demuth nach dem Weggang Jens Härtels zum Berliner AK einen neuen Co-Trainer bekommen?

Ja, er ist auch in dieser Frage schon auf der Suche und hatte bereits einen Kandidaten hier.

Das Interview führte Michael Meyer

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