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Aus Adler wurde Fuchs. 2009 ging Wiede von Potsdam nach Berlin.

©  D. Gabbert/dpa

Handball in Potsdam: Vom Potsdamer Talent zum Berliner Profi

Fabian Wiede hat eine steile Handballkarriere hingelegt. Aus Bad Belzig stammend durchlief er die Nachwuchsausbildung beim VfL Potsdam und wechselte dann zu den Füchsen Berlin. Mit denen ist der Europameister und Olympiadritte von 2016 nun für ein Europapokalspiel wieder in Potsdam.

Ach ja, die Halle an der Heinrich-Mann-Allee. Fabian Wiede kann sich noch genau an das alte Gemäuer, über Jahrzehnte Heimspielstätte des VfL Potsdam, erinnern. „War eine tolle Zeit“, sagt der 23-Jährige, der zwischen 2006 und 2009 für die Handball-Nachwuchsteams des VfL aktiv war. „Ich habe viel mitgenommen von damals.“ Internatsleben, sportliche Sozialisation, ein paar nicht ganz so einfache Jahre in der Pubertät, auch das gehört dazu – und natürlich Freunde.

Füchse weichen aus, weil ihre Halle belegt ist

Am Mittwoch kehrt Fabian Wiede nun für einen Abend nach Potsdam zurück. Dabei verschlägt es ihn zwar nicht an seine alte sportliche Wirkungsstätte; die Landeshauptstadt hat sich und ihrem VfL mittlerweile eine schöne neue und multifunktionale Halle gegönnt, die MBS-Arena am Luftschiffhafen. „Trotzdem wird das ein besonderes Spiel für mich, ich werde viele Bekannte wiedersehen“, sagt Wiede, „mit Potsdam verbinde ich schöne Erinnerungen.“

Das Parkett in der Heinrich-Mann-Allee war gewissermaßen ein Sprungbrett für die steile Karriere, die Wiede, geboren und aufgewachsen im 50 Kilometer entfernten Bad Belzig, später hinlegen sollte. Wenn sein Verein, wenn die Füchse Berlin am Mittwoch in Potsdam gegen den französischen Vertreter St. Raphael in die Gruppenphase des EHF-Pokals starten (Beginn: 19.30 Uhr), ist aus dem Talent Fabian Wiede längst ein gestandener Handball-Profi geworden, Europameister 2016 mit der Nationalmannschaft, DHB-Pokalsieger 2014 mit den Füchsen, um nur einige Erfolge aufzuzählen. Der temporäre Umzug des Bundesligisten liegt zum einen an der Doppelbelegung seiner eigentlichen Heimspielstätte, der Max-Schmeling-Halle; er hängt aber auch damit zusammen, dass der VfL und die Füchse über Jahre eine vertrauensvolle Kooperation aufgebaut haben und große Stücke aufeinander halten. Neben dem traditionellen Freundschaftsspiel zur Saisoneröffnung statten die Berliner ihrem Partnerverein deshalb einen weiteren, sportlich deutlich wichtigeren Besuch ab.

Fabian Wiede fand in Bob Hanning einen Ziehvater

„Für uns spielt der EHF-Pokal eine große Rolle, weil wir es in den letzten Jahren leider nicht in die Champions League geschafft haben“, sagt Wiede, „deshalb ist das die einzige Chance, uns international zu beweisen und uns weiterzuentwickeln.“ Champions League und EHF-Pokal also – das sind die Dimensionen, in denen der Rückraumakteur mittlerweile wie selbstverständlich denkt. In der Bundesliga stehen die Füchse und Wiede ebenfalls blendend da, nämlich auf Tabellenplatz zwei. Könnte also in absehbarer Zeit durchaus klappen mit den Champions-League-Ambitionen.

Dabei hat alles – wie bei den meisten Profisportlern – im ganz kleinen Rahmen angefangen. Fabian Wiede kommt aus einer echten Handballer-Familie; sein Vater, ein guter Regionalligaspieler, nahm den Jüngsten eines Tages zum ersten Mal mit in die Halle, in der auch Mutter Wiede, selbst Nachwuchstrainerin, regelmäßig saß. Wenig später meldeten die Eltern ihren Sohn in Bad Belzig an. Dort hatte Wiede irgendwann solch große Fortschritte gemacht, dass er auf die Sportschule wechseln durfte. In Potsdam wiederum wurde alsbald ein kleiner Mann mit großen Visionen und einem Auge für Talente auf Wiede aufmerksam: Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse und einer der besten Nachwuchstrainer des Landes, holte Wiede nach Berlin und formte ihn zum Nationalspieler. Bis heute bezeichnet Hanning ihn als Ziehsohn und nennt ihn nur „Fabi“. „Ohne Bob hätte ich niemals so eine Karriere gemacht“, sagt Wiede. Hanning half auch außerhalb der Handball-Halle und vermittelte seinem Zögling eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Im Gegensatz zu Fußballern müssen sich Handballer sehr wohl noch Gedanken darüber machen, wie sie ihre Rechnungen nach der aktiven Karriere bezahlen, selbst wenn sie – wie Wiede – zum Stamm der Nationalmannschaft gehören.

Für die diesjährige EM wurde Wiede nicht nominiert

Bei der Europameisterschaft in Kroatien war Wiede zuletzt zwar nicht dabei. Angesichts der großen Fehler, die Bundestrainer Christian Prokop bei seiner Kadernominierung und im weiteren Turnierverlauf machte, hat das allerdings keine große Aussagekraft. „Ich wäre sicher gern mitgefahren, aber ich muss die Entscheidung akzeptieren“, sagt der Linkshänder, „zumal es ja nicht so ist, dass ich völlig raus bin.“ Für ihn führte die Nicht-Nominierung zu einer seltenen Situation. „Ich konnte meinem Körper mal eine kleine Pause gönnen“, sagt er, „obwohl ich natürlich genug Energie gehabt hätte, um zur Nationalmannschaft zu fahren.“

So kann sich Fabian Wiede nun am Mittwoch unter verschärften Wettkampfbedingungen auspowern. Ob er für das Heimspiel in Potsdam zusätzliche Karten für die Familie besorgen muss? Wiede lacht. „Der Gedanke liegt nahe“, sagt er, „aber meine Familie ist sowieso immer da, wenn ich spiele.“ Damals wie heute, ob in der Mann-Allee-Halle oder nun in der MBS-Arena am Luftschiffhafen. 

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