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In der 2. Bundesliga treffen Zweitvertretungen von Erstligisten wie Turbine Potsdam (Katja Orschmann, r.) auf die ersten Frauenmannschaften anderer Clubs wie den 1. FC Köln (Theresa Gosch).

© imago/foto2press

Frauenfußball-Bundesliga mit Turbine Potsdam: Herausforderungen im Unterhaus

Turbine Potsdam II spielt mit Rekordtrainer Thomas Kandler in der 2. Frauenfußball-Bundesliga. Diese wurde reformiert, hat ein Aufstiegsproblem und ist für den Potsdamer Verein kostspielig. Im Ligabetrieb geht es für Turbines erstes und zweites Team gegen die Drittletzten weiter.

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Er ist der „Mister“ in jener weiblichen Sportgemeinde. Als „Mister 2. Frauenfußball-Bundesliga“ kann Thomas Kandler bezeichnet werden, denn kein anderer Trainer ist so lange in der zweithöchsten deutschen Spielklasse der Kickerinnen aktiv wie er. Seit 2005 coacht Kandler Turbine Potsdam II. Vergangenes Wochenende erlebte er beim 4:2-Auswärtssieg gegen den BV Cloppenburg sein 300. Zweitligaspiel. „Ich habe schon eine Menge mitgemacht“, sagt der 48-Jährige.

In dieser Saison kommen viele neue Erfahrungen hinzu. Nach einer Reform wird die zweite nationale Frauenliga erstmalig eingleisig durchgeführt. Statt zuvor mit je zwölf Teams in Nord- und Südstaffel treffen nun 14 Mannschaften im gesamten Bundesgebiet aufeinander. Der Deutsche Fußball-Bund verfolgte mit dieser Strukturänderung das Ziel, die Leistungsstärke zu verdichten. Eine erste Zwischenbilanz: Das sei gelungen, sagt die zuständige Spielleiterin Sabine Mammitzsch auf PNN-Anfrage. Sie verweist auf die geringen Unterschiede in der Tabelle. Zwischen dem Zweitplatzierten und Vorletzten liegen nur 15 Punkte. In der 1. Bundesliga sind es momentan 30. Auch Thomas Kandler bestätigt die Fortschritte. „Die Liga ist deutlich interessanter geworden, ausgeglichener. Es ist für die guten Teams nicht mehr so leicht, zu gewinnen“, urteilt der Trainer von Turbine II.

Womöglich steigen der Fünfte und Sechste auf

Allerdings kristallisiert sich im Premierenjahr auch ein Dilemma heraus: das Thema Aufstieg. Eigentlich sollte durch die Qualitätssteigerung im Zuge der Reform ein besserer Übergang zur ersten Liga ermöglicht werden. Dieser war bisher stets ein immenser Sprung, den nur die wenigsten Clubs gut meisterten. Seit Einführung der eingleisigen 1. Frauen-Bundesliga im Jahr 1997 gab es nur eine Saison, in der beide Neulinge nicht direkt wieder auf einem Abstiegsplatz landeten. Von den bislang 40 Aufsteigern in dieser Zeit hielten auf Anhieb nur 17 auf sportlichem Weg die Klasse. Auch während der aktuellen Saison wird aller Voraussicht nach zumindest das abgeschlagene Tabellenschlusslicht Mönchengladbach gleich wieder den Gang nach unten antreten müssen. „Und diejenigen, die zur nächsten Saison hochgehen, werden bestimmt ebenfalls noch große Probleme da haben“, mutmaßt Thomas Kandler beim Blick auf die die aktuelle Zweitligatabelle.

Dort liegen jeweils die Zweitvertretungen vom VfL Wolfsburg, FC Bayern München und der TSG 1899 Hoffenheim vorne. Die derzeit sechstplatzierten Turbinen könnten noch in die Top-Vier vorstoßen, sodass womöglich am Ende ein nicht aufstiegsberechtigtes Quartett das Geschehen anführt. Ein Verein darf schließlich keine zwei Teams in derselben Liga haben. Somit würde das Aufstiegsrecht an die nachfolgenden beiden Mannschaften gehen, derzeit den Vierten 1. FC Saarbrücken und Fünften SV Meppen. Dass sie dann in der ersten Liga, die ohnehin schon mit großen Leistungsdifferenzen zu kämpfen hat (siehe: regelmäßige Kantersiege mit sechs oder mehr Toren Vorsprung), das auch dort gewünschte attraktive Niveau bescheren, ist fraglich. Diese Umstände „haben wir so nicht erwartet“, sagt Zweitliga-Spielleiterin Sabine Mammitzsch. „Wir sind uns darüber bewusst, dass es nicht optimal ist, wenn am Ende die fünft- oder sechstplatzierte Mannschaft aufsteigt.“ Daher werde man die weiteren Entwicklungen genau beobachten und bewerten. „Unser aller Ziel ist es, dass am Ende der Saison die sportlich stärksten Mannschaften aufsteigen.“

Mehrkosten im fünfstelligen Bereich für Turbine

Dass die Zweitvertretungen von Erstligisten trotz der Beschränkung auf den Einsatz von maximal drei Akteurinnen über 20 Jahren das Unterhaus dominieren, stimmt Thomas Kandler nachdenklich. „Es zeigt, dass Vereine, die mit ihrem ersten Frauenteam in der zweiten Liga spielen, es schwer haben, die entsprechende Qualität zu installieren“, sagt der Potsdamer. „Wenn sie gute, talentierte Spielerinnen haben, wandern die mittlerweile immer schneller direkt in die erste Liga ab.“ Die Ausbildungsmannschaften der Erstligisten würden von der Perspektivchance innerhalb des eigenen Vereins sowie dessen professionelleren Strukturen profitieren.

Wenngleich es für einen Club wie Turbine Potsdam laut Kandler einen „enormen Kraftakt“ darstelle, mit der zweiten Damenmannschaft nun durch ganz Deutschland zu reisen. Der sechsfache nationale Meister hat seit Jahren keine ganz großen Erfolge mehr eingefahren. Aufgrund des wiederholten Verpassens der lukrativen Champions-League-Teilnahme ist der finanzielle Spielraum im Vergleich zur wirtschaftlich potenten Konkurrenz aus Wolfsburg und München noch mal kleiner geworden. Und jetzt kommen die gestiegenen Kosten durch die eingleisige 2. Bundesliga hinzu. Als diese noch in Nord und Süd geteilt war, musste Turbine lediglich nur etwa fünf der elf Auswärtsspiele wegen der langen Anreise mit Übernachtung verbinden, so Kandler. Diese Saison sind es elf von 13. „Jedes Mal sind das rund 1500 Euro für das Hotel und 2000 bis 3000 Euro für den Bus. Da kommt eine ziemliche Summe zusammen“, rechnet der Trainer eine Mehrbelastung im fünfstelligen Bereich vor. „Da hoffen wir natürlich, dass der Verein das trotzdem auch so in Zukunft halten möchte.“

FF USV Jena könnte sich Liga zwei auf Dauer nicht leisten

Das möchte er, betont Turbine-Präsident Rolf Kutzmutz. „Wir wissen, dass die zweite Liga eine ganz wichtige Entwicklungsplattform für unsere jungen Spielerinnen ist. Das bringt dann auch unsere erste Mannschaft weiter“, meint er. „Daher haben wir großes Interesse, in dieser 2. Bundesliga mit unserem zweiten Team zu bleiben.“

Weil sie auf Dauer zu teuer ist, wollen andere hingegen schnell raus aus der Spielklasse. Beziehungsweise müssen. Der FF USV Jena, der vorige Saison nach zehn Jahren aus der 1. Bundesliga abgestiegen war, ist finanziell stark angeschlagen und braucht die Rückkehr in die deutsche Frauenfußball-Beletage. Nur darüber ließen sich die notwendigen Einnahmen generieren, erklärte der Vorsitzende Torsten Rödiger im Gespräch mit der „Ostthüringer Zeitung“. Den Lizenzantrag für die 1. Bundesliga in der Saison 2019/20 hat der Traditionsverein aus Jena eingereicht. Um das Recht zum Aufstieg zu bekommen, muss das Team aber noch in der Tabelle klettern. Derzeit ist es Siebter, beziehungsweise Dritter exklusive der Zweitvertretungen. Zwei Mannschaften dürfen am Ende Richtung Liga eins aufbrechen. Selbst wenn sie eine Etage tiefer nicht zur Spitze zählten.

+++ In erster und zweiter Liga gegen den Drittletzten +++

Das Markenzeichen seiner Mannschaft in dieser Saison seien „extreme Schwankungen“, sagt Thomas Kandler, Trainer des Frauenfußball-Zweitligisten Turbine Potsdam II. Nach fünf Spieltagen waren die Turbine-Talente noch auf Rang zwei, dann stürzten sie hinunter Richtung Abstiegsplätze und haben sich nun wieder auf Rang sechs vorgearbeitet. Am Sonntag empfängt Turbine II um 11 Uhr den Drittletzten FSV Hessen Wetzlar im Sportforum Waldstadt.

Im Karl-Liebknecht-Stadion kickt drei Stunden später ab 14 Uhr auch die erste Potsdamer Frauenmannschaft gegen den Drittletzten ihrer Spielklasse, der 1. Bundesliga. Zu Gast ist Werder Bremen. Dabei möchten die viertplatzierten Turbinen ihre Negativserie durchbrechen. In den vergangenen drei Pflichtspielen gab es ein Remis und zwei hohe Niederlagen bei einem Torverhältnis von 2:11. Die Gegner waren VfL Wolfsburg, Bayern München und SGS Essen, die momentan die Top-Drei der Bundesliga bilden.

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