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Fan-Aktionen: Werbebanner und schiefe Töne

Unter dem Motto „Unserem Verein gehts schlechter als wir singen“ gaben SVB-Fans ein Ständchen auf der Brandenburger Straße. Zuvor wurden Plakate für den Hauptsponsor gemalt. Heute wird Rasen versteigert

Ein wenig verstört schaute schon so mancher der dahinflanierenden Potsdam-Besucher, als er gestern auf der Brandenburger Straße diesen kleinen Haufen sangesfreudiger Kumpanen in Trikots des SV Babelsberg 03 erblickte. Die schmetterten an der Skulptur der Familie Grün, was das Zeug hielt, und hatten zur Rettung ihres finanziell stark angeschlagenen Vereins ein umfangreiches Repertoire zusammengestellt. „Tausendmal berührt“, „99 Luftballons“ (aus den erwähnten Kriegsministern wurden allerdings abgehalfterte Finanzminister), „Er gehört zu mir“, „Ein bisschen Frieden“ und die Fußballhymne „You’ll never walk alone“ wurden zwar nicht annähernd superstarreif zum Vortrag gebracht, aber darum sollte es auch gar nicht gehen. Klares Motto: Dem Verein geht’s schlechter als wir singen.

„Wir haben in der vergangenen Woche so viel unternommen, um unseren Verein zu retten, da fehlte so etwas noch“, sagte Stefan Schubert, der bislang auch im Fanbeirat des Vereins saß. „Die Idee zu dem Singen kam über Facebook, und so haben wir uns ganz spontan zusammengetan.“ Zeit zum Üben blieb da nicht – ein paar Texte aus dem Internet ziehen, Plakate („Spendensingen für Nulldrei“ und „Vollgas für die Dritte Liga“) gestalten – und ab auf den Boulevard.

Da warf das Pärchen aus Italien dann ebenso seine Euros ins Basecap wie die Studentin und die Rentnerin, die nie ins Stadion geht und von der bedrohlichen Lage des Traditionsvereins aus den Medien erfahren hatte. Ganz angetan von der neuerlichen kreativen Aktion der Fans zeigte sich schließlich auch der Kellner des benachbarten Eiscafés Alice, der jedes seiner eingenommenen Trinkgelder spendete. Nach zweieinhalb Stunden lagen 202,96 Euro in der Kappe.

Bevor sich Babelsbergs Sängerknaben und -mädchen auf den Weg in die City machten, schwangen andere im Karl- Liebknecht-Stadion die Pinsel. Banner und Plakate für den Hauptsponsor Verbiogas – der Mitte Februar dieses Jahres kurzfristig beim SVB finanziell eingestiegen war – wurden angefertigt, ohne dafür etwas von dem in Leipzig ansässigen Biogas-Unternehmen zu erhalten. „Wir würden diesen Sponsor natürlich unbedingt halten“, sagte Nordkurvenfan Dirk Mulock. „Wir glauben, dass sich das Unternehmen unseren Verein ja ganz bewusst ausgesucht hat, weil die Ansichten übereinstimmen. Wenn der Vorstand zurücktritt und den Weg für einen Neuanfang klarmacht, kommen sicherlich wieder viele Sponsoren.“ Also „(Bio-)Gas geben für Nulldrei“ und „Mit Vollgas in die Dritte Liga“. „Wir wollen einen Anschub geben“, so Mulock.

Wünsche, die in Leipzig aber wohl ungehört bleiben werden. „Der Vertrag mit Babelsberg war bis zum 30. Juni dieses Jahres vorgesehen und wir hatten von vornherein nicht geplant, uns längerfristig zu engagieren“, sagte Frank Strümpfel, Pressesprecher der Verbio AG, am späten Montagnachmittag den PNN. „Unser Engagement ist am 30. Juni beendet. Und es steht nicht zur Diskussion, dass es fortgesetzt wird.“ Andererseits konnte der SVB allein am gestrigen Tag des Rücktritts des bisherigen Vorsitzenden Rainer Speer mit Kleinsponsoren Verträge über 80 000 Euro abschließen; 120 000 Euro sind durch solche Kleinsponsorene mittlerweile zusammengekommen.

Auch Babelsbergs Kicker zeigen sich stark beeindruckt von den kreativen Aktionen ihrer Fans. Mannschaftskapitän Marian Unger stiftet beispielsweise für eine Online-Auktion ein getragenes, handsigniertes Original-Trikot aus der Aufstiegssaison 2009/10. Joan Oumari stellt sein getragenes handsigniertes Original-Trikot aus der vergangenen Saison zur Verfügung und der ehemalige Stürmerstar und jetzige Jugendtrainer Hendryk Lau trennt sich trotz schweren Herzens von seinem Originaltrikot, in dem er Babelsberg gegen Unterhaching am 7. August 1999 in der 90. Minute in die 2. Runde des DFB-Pokals schoss. Anton Müller bietet ein signiertes Originaltrikot, Nicolas Hebisch spendiert ebenfalls ein Original-Jersey, Altmeister Almedin Civa gibt sein aktuelles Paar Fußballschuhe her und auch „Fußballgott“ Patrick Moritz spendiert sein weißes Trikot von seinem letzten Einsatz in der ersten Mannschaft gegen den FC St. Pauli II im Mai 2010.

Für heute haben die SVB-Fans eine weitere Aktion angekündigt: Ab 11 Uhr sollen aus markanten Stellen des Rasens im Karl-Liebknecht-Stadions Grasstücke ausgestochen und gleich versteigert werden.

auktion@babelsberg03.de.

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