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Ein Standort mit Zukunft. Nach den bisherigen Plänen scheint der Potsdamer Ruderstützpunkt am Seekrug auch weiterhin ein wichtiges Trainingszentrum im Gesamtsystem des deutschen Spitzensports zu bleiben.

© Olaf Möldner

Deutschlands Spitzensportreform: Schrumpfkur für mehr Effizienz

Seit einer Woche liegt ein Entwurf für die künftige Verteilung von Deutschlands Bundesstützpunkten vor. Demnach deuten sich im Land Brandenburg zwei Veränderungen an. Gut sieht es zunächst für den Standort Potsdam aus – auch für das lange infrage gestellte Rudern.

Von Tobias Gutsche

Sportdeutschland – und mittendrin das Land Brandenburg mit seiner Hauptstadt Potsdam – debattiert über die bevorstehende Reform der Spitzensportförderung. Ende September hatten der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Bundesinnenministerium erstmals zentrale Punkte der Umstrukturierungspläne öffentlich bekannt gegeben und damit für viel Gesprächsstoff gesorgt. Unter anderem sind Veränderungen in der Stützpunktlandschaft vorgesehen.

Einerseits soll die Anzahl der Olympiastützpunkte von bislang 19 auf 13 verringert werden, was durch das Zusammenführen mehrerer Standorte in einem Bundesland erreicht werden soll. Brandenburg wird in dieser Hinsicht nicht betroffen sein, schließlich fusionierten bereits 2008 die Zentren Frankfurt/Cottbus und Potsdam im Verwaltungsbereich zum OSP Brandenburg als landeseinheitliche Betreuungs- und Serviceeinrichtung für die Top-Athleten. Neuerungen sind in der Mark allerdings bezüglich der Bundesstützpunkte abzusehen. Etwa 20 Prozent dieser aktuell 204 deutschen Elite-Trainingseinrichtungen sollen im Zuge der auf mehr Konzentration und Effizienz setzenden Reform wegfallen. Heute vor einer Woche verschickte der DOSB an die Sportfachverbände, Olympiastützpunkte und die involvierten Politikinstitutionen eine Liste mit der möglichen künftigen Ausgestaltung.

Vorerst gestrichen: Ringen in Luckenwalde und Judo in Frankfurt (Oder)

Wie das brandenburgische Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) mitteilte, sind darin insgesamt 163 Bundesstützpunkte aufgeführt, wobei nicht mehr wie bisher konzeptuell in Bundesstützpunkte und Bundesnachwuchsstützpunkte unterschieden wird. Die Anzahl der Stützpunkte, die in dem aktuellen Entwurf dem Land Brandenburg zugeordnet sind: 13. Das ist einer weniger als bislang und ergibt sich daraus, dass für Luckenwalde das Ringen sowie für Frankfurt (Oder) das Judo gestrichen wurden, BMX-Radsport in Cottbus derweil hinzugekommen ist. „Das ist aber erst ein vorläufiger Sachstand“, betont MBJS-Referatsleiter Karl-Hans Pezold. „Dieser ist die Grundlage für die kommenden Strukturgespräche mit den jeweiligen Spitzenverbänden. Die endgültigen Entscheidungen sollen zum Ende des ersten Halbjahres 2017 stehen und die Anerkennung der Bundesstützpunkte soll zum 1. Januar 2018 erfolgen.“ Nach der Festlegung werde dann gegebenenfalls auf Landesebene über die weitere Fördersystematik für nicht-berücksichtigte Sportarten verhandelt.

Wilfried Lausch, Leiter des OSP Brandenburg, hat zumindest für Luckenwaldes Ringerzentrum, das derzeitig noch als Bundesnachwuchsstützpunkt eingestuft ist, eine Zukunftsvorstellung. „Da Frankfurt weiter Bundesstützpunkt für Ringen sein soll, bleibt dieser Sport ja voraussichtlich bei uns im Land erhalten. Eine Möglichkeit wäre es, dann in eine Kooperation zu gehen, die eine Förderung des Unterbaus in Luckenwalde ermöglicht. Das werden wir uns durch den Kopf gehen lassen“, erklärt Lausch, der wiederum für ein eventuelles Verschwinden Frankfurts von der Judo-Bundeslandkarte noch keinen Plan B hat. Denn: „Uns hat es ziemlich überrascht, dass Frankfurt nicht auf der Liste steht. In den Gesprächen mit dem Deutschen Judobund wurde uns das anders signalisiert und nach Rücksprache mit dem Verbandspräsidenten Peter Frehse wurde mir auch noch mal bestätigt, man wolle Frankfurt erhalten. Dafür muss sich jetzt gegenüber dem DOSB starkgemacht werden.“

Sieben Bundesstützpunkte für Potsdam in der Planung

Diese beiden Problemfälle ausgeklammert sei Lausch jedoch erst einmal positiv mit Blick auf den Stützpunktfindungsprozess gestimmt: „Alle anderen unser bisher vom Bund geförderten Standorte liegen gut im Rennen.“ Neben dem Bahnradsport, für den es wie in den zurückliegenden Jahren fortan kein Bundesstützpunktsystem geben soll, sondern weiterhin Frankfurt (Oder) als ein zentrales Trainingszentrum, können sich in der Mark Hoffnungen auf eine Bundesstützpunkt-Ernennung – und damit eine gewichtige Rolle im gesamtdeutschen Hochleistungssportverbund – machen: BMX-Radsport und Turnen in Cottbus, Boxen, Gewichtheben, Ringen und Schießen in Frankfurt (Oder) sowie Kanu-Rennsport, Leichtathletik, Schwimmen, Wasserball, Triathlon, Moderner Fünfkampf und Rudern in Potsdam.

Insbesondere hinter dem Fortbestand des traditionsreichen Potsdamer Ruderzentrums standen in der Vergangenheit immer wieder große Fragezeichen. Dieser Standort könnte nun gesichert werden, indem er mit Berlin eine Partnerschaft bildet. Bereits seit geraumer Zeit wurde an dem Konzept für einen Bundesstützpunkt Berlin/Potsdam gearbeitet. „Das hat sich sehr gut entwickelt“, berichtet der MBJS-Referatsleiter Karl-Hans Pezold und wertet die Tatsache, dass jene Doppelkonstellation es auf die vorläufige Liste geschafft hat, als Erfolg. Wie genau soll das Gemeinschaftsprojekt funktionieren? Pezold: „An beiden Standorten bleibt es wie bisher bei der Nachwuchsförderung an den dazugehörigen Sportschulen. Und im Erwachsenenbereich sollen die Athleten dann für beide Parteien fair aufgeteilt werden.“

Potsdam soll verantwortlich für weibliches Riemenrudern werden

In Potsdam, so die Idee, soll der Schwerpunkt auf dem Riemenrudern der Frauen liegen – also jener Disziplin, in der ein Bootsmitglied im Unterschied zu den sogenannten Skullern jeweils nur einseitig mit einem Ruderblatt für Vortrieb sorgt und nicht links und rechts mit zwei Blättern gleichzeitig. „Deutschlands weibliches Riemenrudern“, meint der Ministeriumsverantwortliche, „hat schwere und erfolgsarme Zeiten hinter sich. Potsdam möchte nun gerne gezielt Aufbauarbeit leisten.“ Zumal am Seekrug, dem hiesigen Ruder-Hotspot, bereits vielversprechende Talente dafür vorhanden sind. Voriges Jahr wurden Janina Arndt und Isabelle Hübener Junioren-Weltmeisterinnen im Achter, 2016 folgte mit Arndt, Hübener, Friederike Müller und Annabel Oertel an Bord sogar ein außergewöhnlicher Triumph: Sie holten als reiner Vereinsvierer des RC Potsdam U19-WM-Gold.

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