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Ein Tor, kein Tor. Diese Szene beschäftigte in Leipzig. Jake Wilton netzte für den SVB ein, der Schiedsrichter gab den Treffer. Doch nach Rücksprache mit seinem Assistenten nahm er die Entscheidung wegen eines Handspiels zurück.

© imago/opokupix

Derby zwischen dem SV Babelsberg 03 und Energie Cottbus: Sieglos-Serie trifft auf Ungeschlagen-Serie

Beim Fußball-Regionalligaspiel zwischen dem SV Babelsberg 03 und Energie Cottbus treffen zwei Teams mit völlig verschiedenen Gemütslagen aufeinander. Cottbus ist im Aufwind, der SVB kassierte wiederum am Montag bei Lok Leipzig den nächsten Dämpfer.

Von Tobias Gutsche

Der Spielplan der Regionalliga Nordost wirkt wie eine Belastungsprobe für die diesjährigen Aktionswochen der Kampagne „Football Against Racism in Europe“, kurz Fare. Die 1999 ins Leben gerufene Aktion, mit der ein Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung gesetzt wird, läuft momentan wieder. Und genau zu dieser Zeit sind im Fußball-Nordosten zwei Paarungen angesetzt, bei denen es in der Vergangenheit zu rechtsradikalen Vorfällen auf den Rängen kam: SV Babelsberg 03 gegen Lok Leipzig und SVB gegen Energie Cottbus.

Bei der 0:1 (0:1)-Auswärtsniederlage der Nulldreier am Montagabend in Leipzig war diesmal in jener Hinsicht nichts Negatives zu vernehmen. Die Gastgeber liefen unter dem Fare-Motto „#FootballPeople“ extra mit einem Sondertrikot auf, die Kapitäne beider Teams verlasen vor Anpfiff eine Erklärung. „Hass ist das größte Gift in unserer Gesellschaft“, sagte Lok-Spielführer Robert Zickert. Offenbar habe „noch immer nicht jeder kapiert, dass die einzigen interessanten Farben im Fußball auf Trikots, Schals und Fahnen zu finden sind“. SVB-Kapitän David Danko betonte: „Wir sind alle gleich in unserer Liebe zum runden Leder.“ Eine Einstellung, die auch am Sonntag beim Cottbus-Gastspiel im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion gelten soll. Beide Seiten sind dazu angehalten, Fairness und Respekt zu wahren.

SVB ist auf den vorletzten Tabellenplatz abgerutscht

Das Beste wäre, wenn am Ende nur das Geschehen auf dem Platz im Vordergrund steht. Aus sportlicher Sicht treffen dabei zwei unterschiedliche Gemütslagen aufeinander. Der Drittliga-Absteiger aus der Lausitz hat sich nach zähem Saisonstart gefestigt und ist seit sieben Liga-Partien ungeschlagen. Im Kiez hält derweil die historisch lange Sieglosserie an. Zwölf Spiele sind es seit Montag, in denen die Nulldreier keinen Punkte-Dreier landeten. „Schwierig, in unserer Situation jetzt hier wieder zu sitzen, ohne Punkte. Unheimlich schwierig für mich, weil die Mannschaft sich wieder komplett reingehauen hat, alles versucht hat“, sagte SVB-Trainer Marco Vorbeck auf der Pressekonferenz nach dem Match in Leipzig. „Das nagt an einem.“ Aufgrund der eigenen vierten Saisonniederlage und des 2:1-Heimerfolgs von Optik Rathenow am Samstag gegen den BFC Dynamo ist Babelsberg auf den vorletzten Tabellenrang abgerutscht.

Der Drittplatzierte aus Probstheida hatte zwar mehr Ballbesitz sowie mehr Chancen, doch hielt der SVB vor 3105 Zuschauern im Bruno-Plache-Stadion engagiert dagegen. Und ging sogar in Führung. Dachte man. In der 56. Minute drückte Jake Wilton den Ball nach einer Ecke über die Linie, Schiedsrichter Rasmus Jessen entschied auf Tor. Zur Freude der Babelsberger. Und zum Unmut der Leipziger, die heftig protestierten, weil sie Wiltons Einsatz für regelwidrig befanden. Nach Rücksprache mit seinem Assistenten gab Jessen den Treffer doch nicht. Vorbeck fand es „krass“, dass ohne Videoschiedsrichter ein Tor nach ein oder zwei Minuten zurückgenommen wird. Aber Jessen habe ihm seine Entscheidung erklärt: Es solle kein Foul gewesen sein, dafür aber ein Handspiel. „Ärgerlich für uns. Doch wir müssen es akzeptieren.“

Ex-Babelsberger Matthias Steinborn sorgte für die SVB-Niederlage

Weil Lok-Keeper Lukas Wenzel schon in der ersten Halbzeit sensationell eine Großchance der Gäste von Tom Nattermann vereitelt hatte, stand beim SVB die Null auf der Habenseite. Die „Loksche“ dampfte hingegen einmal ins Ziel: Der Ex-Babelsberger Matthias Steinborn sorgte nach 76 Minuten per 20-Meter-Schuss für den Heimsieg. „Es ist bitter“, urteilte Nattermann. „Wir haben das sehr, sehr gut gemacht gegen eine erfahrene Männermannschaft. Aber wieder haben wir keinen Lohn.“

Diesen in Form des ersten Saisonerfolges nun ausgerechnet gegen den märkischen Rivalen einzufahren, wäre etwas Besonderes, meinte Vorbeck: „Für so ein Derby brauche ich meine Mannschaft ganz bestimmt nicht zusätzlich zu motivieren.“ Er erwarte eine „geile Stimmung im Karli“. Auch Nattermann freut sich auf eine große Kulisse. „Es kommen vielleicht 3000 oder 4000 Leute – genau für solche Momente spielen wir Fußball“, sagte der Stürmer, der in der Saison 2016/17 noch für Cottbus auflief. Damals erlebte er die Nazi-Krawalle durch Zuschauer im Energie-Gästeblock mit. Natürlich würden die Spieler über die Brisanz zwischen den Fanlagern wissen, „aber großartig beschäftigen können wir uns damit nicht“, meint er. „Wir wollen doch einfach nur friedlich Fußball spielen und alle gemeinsam Spaß daran haben.“ Als Aufdruck auf einem Sondertrikot vielleicht ein bisschen lang der Satz, aber dennoch eine gute Botschaft. 

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