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Bisher letzter Vorfall. Beim Pokalfinale 2018 gegen Cottbus sorgten SVB-Fans mit Pyrotechnik-Randalen für einen Eklat.

© Jan Kuppert

Derby zwischen dem SV Babelsberg 03 und Energie Cottbus: Das Risiko spielt mit

Für das Regionalliga-Derby des SV Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen. Die Polizei rechnet mit gewaltbereiten Fans aus verschiedenen Lagern.

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Es ist ein Fußballspiel in der vierten Liga, doch Polizei und Sicherheitskräfte sind in stark erhöhter Alarmbereitschaft: Ein „Spiel mit erhöhtem Sicherheitsrisiko“ nennt es der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV), wenn am Sonntag der SV Babelsberg 03 den FC Energie Cottbus im Karl-Liebknecht-Stadion empfängt. Anpfiff ist um 14 Uhr. „Mit besonderer Sorgfalt“ seien die „allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen“ durchzuführen, formuliert der Verband seine Auflage an die beiden Vereine.

Das heißt: Die Polizei wird mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften vor Ort sein, sogenannte „szenekundige Beamte“ werden Fans aus beiden Lagern besonders im Auge haben. Denn wenn die beiden Fußballklubs aufeinandertreffen, begegnen sich auch rechtsextreme Hooligans aus der Cottbuser Fanszene und linke bis linksextreme Fans aus Babelsberg.

Nazi-Krawalle und Pyro-Randale

Bilder vom April 2017, als mehr als 100 Personen im Cottbuser Gästeblock des Karl-Liebknecht-Stadions rechtsextreme Parolen skandierten und den Hitlergruß zeigten, sorgten für bundesweite Schlagzeilen. Ein Jahr danach fand die Ligapartie im „Karli“ deshalb unter Ausschluss der Energie-Fans statt. Verbannt wurde so auch der große Teil der Anhängerschaft, der die Umtriebe in der eigenen Kurve nicht hinnehmen möchte – gegründet wurde etwa die Initiative „Energie-Fans gegen Nazis“.

Wenige Wochen später beim Landespokalfinale 2018 durften Cottbus-Unterstützer wieder dabei sein – und dann waren es Babelsberger Chaoten, die mit Pyrotechnik-Randale im eigenen Stadion die Siegerehrung des FC Energie verhinderten.

Verbannt. Bei der Liga-Partie 2018 waren keine Cottbus-Fans im "Karli" erlaubt - im Gästeblock hing ein "Nazis-raus"-Plakat. 
Verbannt. Bei der Liga-Partie 2018 waren keine Cottbus-Fans im "Karli" erlaubt - im Gästeblock hing ein "Nazis-raus"-Plakat. 

© Jan Kuppert/dpa

Dass der Lausitz-Klub kurz danach in die dritte Liga aufstieg und es in der vergangenen Saison zu keinem direkten Aufeinandertreffen der beiden Vereine kam, hat die Lage keineswegs entschärft. Wiederholt gab es in der jüngeren Vergangenheit versuchte An- und Übergriffe auf Nulldrei-Fans durch Anhänger der rechtsextremen Fußballszene. Diese kommen nicht ausschließlich aus dem Cottbuser Umfeld, vielmehr sind es nach Erkenntnissen der Sicherheitskräfte Zusammenschlüsse rechtsextremer Gruppierungen aus den Kreisen des 1. FC Union Berlin, des BFC Dynamo, von Hansa Rostock und der nach einem geplanten Verbot vermeintlich aufgelösten, aber noch immer aktiven Inferno-Gruppe aus Cottbus, die sich zu Attacken und Störmanövern – nicht nur gegen Nulldrei-Anhänger – verabreden.

Polnische Hooligans mischen in rechter Szene mit

Mit Sorge sieht die Brandenburger Polizei dabei ein Mitmischen gewaltbereiter Hooligans aus Polen. „Dem Polizeipräsidium liegen seit mehreren Jahren Erkenntnisse dazu vor, dass Teile der Problemfanszene des FC Energie Cottbus Kontakte zur polnischen Problemfanszene pflegen“, sagte Polizeisprecherin Stefanie Klaus auf PNN-Anfrage. Teile dieser polnischen „Problemfans“ seien auch der Hooliganszene zuzuordnen. Laut Klaus unterstützten sich diese Personen in der Vergangenheit bei Auswärtsspielen gegenseitig und suchten zum Teil aktiv Auseinandersetzungen zu „Problemfans“ anderer Klubs. „Die Klientel aus Polen zündete darüber hinaus bei verschiedenen Spielbegegnungen pyrotechnische Erzeugnisse, welche offenbar aus Polen mitgebracht wurden“, so die Polizeisprecherin.

In der zurückliegenden Saison seien allerdings keine polizeilich relevanten Sachverhalte in Zusammenhang mit der polnischen „Problemfanszene“ bekannt geworden und die Polizei hat keine Erkenntnisse, die auf eine Zunahme an Gewalttaten durch polnische Hooligans in Brandenburg hindeuten.

Vereine appellieren an ihre Anhängerschaften

Für die Regionalliga-Partie am Sonntag liegen der Polizei über die zu erwartende Zuschauerzahl fundierte Schätzungen vor, „die in die polizeiliche Lagebeurteilung mit einfließen“, sagt Heiko Schmidt, Leiter der Pressestelle der Polizeidirektion West. Nach PNN-Informationen werden 1000 bis 1500 Gästefans aus Cottbus erwartet. „Es ist nicht auszuschließen, dass gewaltbereite Fans beider Fanlager das Spiel besuchen werden“, so Schmidt. Laut aktuellster Einschätzung werden in Brandenburg aus der Babelsberger Szene 60 Fans der Kategorie B (gewaltbereit) und sieben der Kategorie C (gewaltsuchend) zugeordnet. Durch Konfrontationen mit gegnerischen Anhängern und vor allem der Polizei sind SVB-Fans mehrfach aufgefallen. Das Cottbuser Gewaltpotenzial wird mit 130 (B) beziehungsweise 30 Personen (C) beziffert.

Großaufgebote. Neben der Polizeipräsenz wird auch wieder die Zahl der Ordnungskräfte verstärkt.
Großaufgebote. Neben der Polizeipräsenz wird auch wieder die Zahl der Ordnungskräfte verstärkt.

© Sebastian Gabsch

Daher plant die Polizei neben Absicherungsmaßnahmen, die bei Risikospielen standardmäßig vorgesehen sind, „lageangepasste Einsatzmittel und eine lageangepasste Anzahl von Einsatzkräften“, die Schmidt aus „polizeitaktischen Gründen“ nicht weiter ausführt. Beim bislang letzten Duell beider Mannschaften, dem Pokalfinale 2018, waren 500 Polizisten im Einsatz. Damals vermeldete der SVB mit 9012 Zuschauern erst zum dritten Mal überhaupt ein ausverkauftes „Karli“.

Bei beiden Vereinen sind sich die Führungsgremien der Brisanz des Spiels bewusst. In gemeinsamen Beratungen wurden zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen verabredet. Darüber hinaus verstärkt der SVB Vorkehrungen zur Sicherung des Stadions in den Tagen vor dem Derby. In einer gemeinsamen Presseerklärung appellieren die Klubs an ihre Fans, für einen gewaltfreien Fußballnachmittag zu sorgen.

+++ Auszeichnung für Babelsberger Fanprojekt +++

Vor dem brisanten Derby gegen den FC Energie Cottbus durfte sich das Fanprojekt Babelsberg über eine Auszeichnung freuen. Am gestrigen Dienstag erhielt es feierlich das nationale Qualitätssiegel der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS). Das KOS-Siegel ist Voraussetzung für eine finanzielle Förderung durch den Deutschen Fußball-Bund sowie das Land Brandenburg. Das verantwortliche Gremium lobte das Babelsberger Fanprojekt als herausragende Einrichtung der kommunalen Jugendarbeit. In der Begründung der Kommission wurde insbesondere das langjährige Engagement im Bereich Antidiskriminierung hervorgehoben.

Träger des hiesigen Fanprojekts, das 2001 im Zuge des Zweitliga-Aufstiegs des SV Babelsberg 03 entstand, ist die Stiftung SPI. Vonseiten der SPI heißt es, dass es nach mehreren Umbrüchen in der Vergangenheit inzwischen gelungen sei, das Projekt „wieder auf stabile Füße zu stellen“. Mit dem Bezug der neuen Räumlichkeiten in der Rudolf-Breitscheid-Straße wurde 2018 ein wichtiger Schritt unternommen. Betreut wird das Fanprojekt durch die Sozialarbeiter Patrice Hannig und Lucas Schillinger. 

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