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Brandenburg läuft: Potsdamer Intersport Olympia-Lauf: Sport kann Parkinson aufhalten

Prof. Dr. Georg Ebersbach ist Chefarzt der Parkinsonklinik in Beelitz-Heilstätten und prämierter Top-Mediziner. Im PNN-Interview spricht er über die Wirkung von Bewegung bei der Nervenkrankheit und den Stand der gesellschaftlichen Akzeptanz dieser Erkrankung.

Herr Professor Ebersbach, wie wichtig ist Bewegung bei der Behandlung und in der Therapie von Parkinson-Patienten?

Man weiß, dass sich der Verlauf der Parkinsonkrankheit unterscheidet von Patienten, die regelmäßig trainieren, und denen, die passiv sind. Daher ist die Beeinflussung des Verlaufs durch Bewegung eine ganz wichtige Sache, die man mit Medikamenten nicht erreicht. Mit Medikamenten kann man Symptome beeinflussen, aber nicht das Fortschreiten der Krankheit.

Das heißt, durch regelmäßige Bewegung werden Krankheitssymptome gelindert, abgeschwächt und aufgehalten?

Genau. Man geht auch davon aus, dass bei aktiven Patienten das Fortschreiten der Krankheit langsamer vonstattengeht.

Wie häufig empfehlen Sie Parkinson-Patienten Sport?

Eine realistische Empfehlung auf lange Sicht sind drei Stunden Sport beziehungsweise Training pro Woche.

Sollte das unter Kontrolle und Begleitung passieren oder können die Patienten auch selbstständig Sport treiben?

Das kann durchaus selbstständig gemacht werden. Drei Stunden begleitete Therapie pro Woche sind in der gegebenen Versorgungslandschaft auch nicht realistisch. Eine Mischung ist gut mit Fachtherapeuten, die das Ganze überwachen, Anregungen geben und auch korrigieren, wenn die Patienten Übungen machen, die vielleicht kontraproduktiv oder wegen des Sturzrisikos gefährlich sind. Also zum einen Hausaufgaben und eigenes Training, zum anderen Begleitung und Supervision.

Sie haben ein innovatives Bewegungsprogramm analyisiert und begleitet, das sogenannte „Lee Silverman Voice Treatment“. Was hat es damit auf sich?

Das ist eine ganz spezielle Parkinson-Therapie, die es zum einen für Sprechstörungen gibt, aber auch für Bewegungsstörungen. Durch die Krankheit werden Bewegungen immer kleiner, es entsteht eine Bewegungsverarmung. Das betrifft auch die Stimme, indem sie zunehmend leiser wird. Die Betroffenen merken das gar nicht so sehr. Mit der Therapie sollen sie wieder ein Gefühl bekommen für die normale Amplitude – für die Bewegung als auch für die Stimme. Das passiert in einer Einzeltherapie mit vier Stunden pro Woche. Durch dieses vierwöchige Training sind Verbesserungen zu erreichen, die vier Monate vorhalten. Es ist ein anderes Modell als die klassische Physiotherapie über 20 Minuten. Es ist ein sehr intensives, aber dafür auch zeitlich begrenztes Programm, das international hohe Anerkennung und Verbreitung hat. Es ist eines der wenigen Programme, die spezifisch für Parkinson entwickelt worden sind.

Am 2. Oktober wird es in Potsdam erstmals den Intersport Olympia-Lauf zugunsten der Parkinsonhilfe geben. Welche Unterstützung kann diese Organisation leisten?

Die Parkinsonhilfe unterstützt die nicht-medikamentöse Therapie. Wenn man schaut, dass vergleichsweise wenig Geld in begleitende Therapien fließt, wird der Wert einer solchen Hilfe deutlich. Die Parkinsonhilfe unterstützt die Entwicklung einer Parkinson-App, sie hat einen Therapiegarten gesponsert, der bei uns in der Klinik aufgebaut wurde, für den auch ein Sportbereich mit einem Basketballfeld konzipiert ist.

Wie gut kann ein Parkinson-Patient sich heute in der Gesellschaft bewegen, wie kommt er zurecht? Ist die Krankheit gesellschaftlich akzeptiert?

Das ist pauschal nicht zu beantworten. Es gibt viele Menschen, die mit ihrer Parkinson-Erkrankung aktiv im Leben stehen und ein ganz normales Berufs- und Familienleben führen. Es gibt auch andere, die aus ihrem sozialen Kontext herausfallen. Das Risiko, berufliche Nachteile zu erleben, ist bei Parkinson erhöht. Bei der Akzeptanz gibt es große Unterschiede. Es gibt immer noch Menschen, die Parkinson mit Demenz oder Alzheimer gleichsetzen. Manche Patienten fühlen sich auch stigmatisiert, wenn ihnen die Hände zittern oder sie wacklig laufen. Nicht selten ziehen sie sich dann aus der Öffentlichkeit zurück. Die Stigmatisierung und die Hürden in der Öffentlichkeit sind bei Parkinson immer noch vorhanden.

ZUR PERSON: Seit dem Jahr 1998 ist Prof. Dr. Georg Ebersbach Chefarzt des Neurologischen Fachkrankenhauses für Bewegungsstörung/Parkinson in Beelitz-Heilstätten. 2015 wurde er vom „Focus“-Magazin nach einer Umfrage unter medizinischen Fachgesellschaften sowie nach Empfehlungen von Klinikdirektoren, Chef- und Oberärzten, niedergelassenen Ärzten und Selbsthilfegruppen als Top-Mediziner des Jahres ausgezeichnet. Die Klinik in Beelitz-Heilstätten ist ein Akutkrankenhaus, das auf die Behandlung von Parkinson und Bewegungsstörungen spezialisiert ist. Spenden, die beim Intersport Olympia-Lauf gesammelt werden, kommen dem Bau einer Basketballfläche im Klinik-Therapiegarten zugute.

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