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Sportmediziner Fernando Dimeo.

© Kai-Uwe Heinrich

Brandenburg läuft: „Davonlaufen geht nicht“

Fernando Dimeo ist Sportmediziner. Vor dem Potsdamer Schlösserlauf erklärt er, wie Sport in der Krebstherapie stark machen kann und welche Gefahren durch die Einnahme von leistungsfördernden Mitteln bestehen.

Herr Doktor Dimeo, hin und wieder sagen Krebspatienten, die auch Läufer sind: ,Ich laufe dem Krebs davon’. Geht so etwas denn überhaupt? Kann man durch Sport Krebs heilen?

Nein, das geht nicht und es ist fahrlässig, so etwas zu sagen, da es falsche Hoffnungen wecken kann. Aber: Durch regelmäßige körperliche Bewegung kann das Krebsrisiko gesenkt werden. Das bedeutet, dass sportliche Menschen seltener an Krebs erkranken als unsportliche. Es gibt auch Belege, dass Betroffene, die nach der Behandlung mit dem Sport anfangen, das Risiko gesenkt haben, wieder krank zu werden. Also die sportliche Aktivität hat eine vorbeugende, eine präventive und auch eine sekundär-präventive Wirkung. Aber sportliche Aktivität als einzelne Methode bei einer Tumorerkrankung ist hoffnungslos.

Was genau passiert im Körper durch Sport, sodass sich dieser für die Heilung oder Prävention positiv auswirkt?

Was genau passiert, weiß noch niemand. Bei körperlicher Aktivität werden Botenstoffe, Wachstumshormone und Immunmodulatoren produziert, die eine wichtige Rolle spielen. Welche konkrete Rolle sie einnehmen bei diesem Prozess – das weiß man nicht.

Wenn Leute sagen, dass sie dem Krebs davonlaufen, hat das wohl eher eine psychische Bedeutung. Welche Rolle spielt Sport als mentaler Faktor bei einer Krebstherapie oder auch danach?

Menschen mit körperlicher Aktivität können die Behandlung viel besser verkraften. Sie fühlen sich besser, sind weniger aggressiv, leistungsfähiger oder können besser schlafen. Genau das Gleiche ist natürlich auch bei Tumorpatienten der Fall. Dazu kommt noch, dass man durch Sport vielen negativen Auswirkungen einer Krebsbehandlung entgegenwirken kann. Zum Beispiel der ausgeprägten Müdigkeit oder der Leistungseinbuße einer Chemotherapie.

Sollte man bei bestimmten Krebserkrankungen bestimmte sportliche Aktivitäten nicht machen?

Das hat nicht so sehr etwas mit der Tumorart zu tun, sondern mit den Eigenschaften der Erkrankung. Bei Dickdarmtumoren zum Beispiel sind die körperlichen Folgen andere, wenn der Tumor herausoperiert wurde oder sich der Patient wegen der Metastasen einer Chemotherapie unterziehen muss.

Auch Sportler können an Krebs erkranken. Ist das Rückfallrisiko bei sportlich aktiven Menschen geringer?

Bei Dickdarmtumoren und Brustkrebs ist dies definitiv der Fall. Bei anderen Tumorerkrankung ist es schwierig, diesbezüglich eine Aussage zu treffen.

Es liegt in der Natur des Sports, dass Ehrgeiz dazugehört und Sportler ihre Leistung bringen wollen. Ist es nach einer Krebserkrankung möglich, an die alte Leistungsfähigkeit wieder heranzukommen?

Möglich ist es. Das geht nicht immer und nicht nach jeder Erkrankung. Es ist auch nicht selbstverständlich, aber es gibt mehrere Menschen, die eine Tumorerkrankung hatten, wie die 100-Meter-Hürden- Sprinterin Ludmilla Engquist aus Schweden. Die ist nach einer überstandenen Krebserkrankung Dritte bei den Weltmeisterschaften geworden. Oder Radfahrer Lance Armstrong, der nach seiner Krebserkrankung noch stärker fuhr als zuvor. Allerdings wurden beide Athleten später des Dopings überführt.

Wie wahrscheinlich ist es, durch die Einnahme von leistungsfördernden Mitteln und Doping an Krebs zu erkranken?

Das Risiko ist immens erhöht, weswegen Anabolika auch nicht erlaubt sind. Folgen der Einnahme können Prostatakarzinom, Durchblutungsstörungen, Thrombosen oder Leberkarzinom sein.

Auch Ärzte oder Pflegepersonal, die in ihrem Berufsalltag mit Krebspatienten zu tun haben, werden regelmäßig mit Leid und Leiden konfrontiert und sicherlich auch belastet. Haben Sie selbst auch die Erfahrung gemacht, wie Sport dabei als Ausgleich helfen kann?

Dass es belastend ist, ist ziemlich klar. Manche entspannen sich durch Trinken oder Rauchen, wodurch sich der Stress aber nur noch erhöht und die eigene Gesundheit Schaden nehmen kann. Hier sollte man auf gesunde Methoden ausweichen. Dazu gehört ein gesunder Lebensstil, sich vernünftig ernähren, genug schlafen und körperlich aktiv zu sein.

ZUR PERSON:
Fernando Dimeo ist ärztlicher Mitarbeiter am Zentrum für Sportmedizin Berlin. Der Internist und Sportmediziner ist Medical Director von „Berlin läuft“ und selbst Marathonläufer (Bestzeit - 2:19:32 Stunden).

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