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Duo. Frank Glässer (l.) lief als Team mit Marco Engmann. 

© privat

Berliner Mauerweglauf: „Ich kam kaum noch allein aus dem Auto raus“

Frank Glässer aus Teltow hat in einer Zweierstaffel den Berliner Mauerweglauf absolviert. Im Interview spricht er über Euphorie und Erschöpfung, Spielzeuge im Starterfeld sowie die sportliche Geschichtserfahrung.

Herr Glässer, Sie sind am vergangenen Samstag beim 100 Meilen langen Mauerweglauf 90 Kilometer und Ihr Staffelkollege 70 Kilometer gelaufen. Wie haben Sie sich danach gefühlt?

Einerseits total glücklich und zufrieden, dass man es geschafft hat. Andererseits kommt kurz darauf eine extreme Müdigkeit, die ganze Körperanspannung fällt auf einen Schlag weg. Nachdem ich nach 90 Kilometern in Sacrow auf meinen Teampartner Marco übergeben habe, bin ich zum Auto und alles war toll, ich fühlte mich riesengroß. Und wenige Minuten später fiel auf einmal alles weg. Ich fühlte mich so müde, dass ich kaum noch alleine aus dem Auto rauskam.

Was haben Sie im Anschluss gemacht? Sich erstmal hingelegt oder noch auf Ihren Teamgefährten gewartet?

Ich bin nach Hause und war dann so fix und fertig, dass ich mich erstmal hingelegt habe. Einerseits ist man hundemüde und kann sich kaum bewegen, andererseits ist man aber auch so voll Adrenalin und aufgeputscht, dass man auch keine Ruhe findet. Es gehen einem so viele Bilder und Erinnerungen durch den Kopf, so viel Positives und Negatives. Ich war zehn Stunden unterwegs, da trifft man Leute, da erlebt man auch mal ganz schlimme Sachen und will zwischenzeitlich einfach nur noch in die Ecke kotzen, dann fühlt man sich irgendwann wieder ganz toll und freut sich über Kleinigkeiten.

Der Mauerweglauf hat ja einen historischen Hintergrund. Es wird am ehemaligen Grenzstreifen entlanggelaufen und die 100 Meilen sollen der Opfer gedenken. Wie hat die Geschichte der Mauer während des Laufens auf Sie gewirkt?

Am Freitagabend gab es ein kurzes Briefing, bei dem über die Geschichte des Grenzstreifens erzählt wurde. Besonders toll finde ich, dass bei jeder Auflage des Laufes einer bestimmten Person gedacht wird. Diesmal war es Erik Hartmann, das jüngste Maueropfer in Treptow. An seiner Gedenkstelle konnte man Spielzeug abstellen, das dann dem Johanniterbund gespendet wurde. Das Spielzeug konnte entweder beim Briefing abgegeben werden und man konnte es kurz vor der Gedenkstelle im Vorbeilaufen von einem Tisch nehmen und dann selbst am Gedenkort ablegen. Oder man konnte das Spielzeug wirklich bis zu dem Punkt mit sich tragen. Ein Läufer hatte einen Spielzeugbagger an seinen Rucksack gebunden und ist dann mit dem Ding klappernd wirklich 47 Kilometer bis dahin gelaufen. Später wurde erzählt, dass eine Läuferin einen Teddy dabeihatte und total unglücklich war, weil sie ihn auf der Strecke verloren hatte. Für mich hat der Mauerweg vor allem eine historisch spannende Bedeutung und ich finde es toll, dass sich ein Verein derart engagiert. Ich hatte schon das Gefühl, dass viele Läufer das auch so wahrnehmen, also nicht nur das Ganze als sportlichen Wettkampf nutzen, sondern auch das Geschichtliche dahinter sehen. Ich fand es spannend, sich mit vielen Läufern auf der Strecke auszutauschen.

Allein 90 Kilometer zu laufen, ist bemerkenswert. Was hat Sie an dem Mauerweglauf zudem fasziniert?

Mir gefällt, dass es sehr familiär ist. Es ist ein unwahrscheinliches Wir-Gefühl, die Unterstützung, die man von den freiwilligen Helfern bekommt, ist riesengroß.

ZUR PERSON: 
Frank Glässer aus Teltow lief in einer Zweierstaffel bei den 100 Meilen von Berlin am vergangenen Samstag 90 Kilometer auf dem Mauerweg. 

Fritz Könnicke

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