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Vorsichtsmaßnahme: Besucher sollen FFP-2-Masken tragen.

© dpa,dpa

Update

"Zwischen Fatalismus und Furcht": Die Lage in den Potsdamer Pflegeheimen ist ernst

Besucher der Seniorenheime sollen ihre Angehörigen nur geschützt sehen. Das ruft die Potsdamer Feuerwehr auf den Plan. Am Mittwoch gibt es einen ungewöhnlichen Einsatz.

Von Carsten Holm

Potsdam - Niemand weiß, wie das Virus immer wieder seinen Weg in Seniorenheime findet – deswegen rückt die Potsdamer Feuerwehr am Mittwoch zu einem besonderen Einsatz aus: Sie liefert FFP2-Masken in Alten-und Pflegeeinrichtungen, damit Angehörige die Bewohner während der Weihnachtstage mit dem größtmöglichen Schutz besuchen können. Die Masken wurden am Vormittag in Autos verladen. „Die üblichen Alltagsmasken reichen nicht aus”, sagt Stadtsprecher Jan Brunzlow, „dort müssen FFP2-Masken während des Besuchs getragen werden”. 

Die Potsdamer Heime selbst sind, wie eine Umfrage der PNN ergab, flächendeckend damit versorgt – allerdings nur für Bewohner und Mitarbeiter. Überall liegen für sie auch Corona-Schnelltests bereit. Mitarbeiter werden zweimal wöchentlich auf das Virus untersucht, die Bewohner einmal pro Woche. Besuche sind täglich für eine Stunde erlaubt, in manchen Heimen müssen sie tags zuvor angemeldet werden.

Die Feuerwehr Potsdam hat am Mittwochvormittag Kartons mit FFP2-Masken zur Verteilung in Pflegeheimen in Autos verladen.
Die Feuerwehr Potsdam hat am Mittwochvormittag Kartons mit FFP2-Masken zur Verteilung in Pflegeheimen in Autos verladen.

© Andreas Klaer

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Wer seine Angehörigen etwa in der Hoffbauer-Stiftung besuchen möchte, wird vor Ort getestet. Die Awo bietet für ihr Käthe-Kollwitz-Haus an zwei Tagen in der Woche einen Schnelltest für Besucher an. Mit der Strategie, unter anderem alle Heimbewohner zu testen, hatte Boris Palmer (Grüne), Oberbürgermeister im badenwürttembergischen Tübingen, Anfang Dezember für Schlagzeilen gesorgt. Nach vielen Todesfällen in Heimen habe die Stadt festgelegt: „Da darf das Virus nicht wieder rein. Und das haben wir geschafft.” Das war weitaus zu vollmundig. Mittlerweile gibt es dort in drei Heimen größere Ausbrüche, allein in einem haben sich 35 Bewohner und 17 Mitarbeiter infiziert, ein Bewohner verstarb.

In Potsdam werden die Erfolge eher mit Bescheidenheit betrachtet. Aenne Lamprecht, Geschäftsführerin von drei Heimen der Kurfürstenstift GmbH in Potsdam, freut sich, „dass wir bisher verschont geblieben sind, obwohl fast alle Bewohner über 80 Jahre alt sind”. Der Grund: ein gutes Hygienekonzept „und großes Glück”. Auch in der Awo herrscht Erleichterung darüber vor, dass sich weder Bewohner des Käthe-Kollwitz-Hauses noch Mitarbeiter infiziert haben. Gutes berichtet auch Frank Hohn, Vorstandschef der Hoffbauer-Stiftung: keine Infektionen, keine Quarantäne.

Unklare Infektionsketten

Wie Covid-19 sich in ein Potsdamer Haus der Lafim-Diakonie geschlichen hat, weiß Michael Holzhauer, Referent für Öffentlichkeitsarbeit, nicht: „Es können Besucher sein oder Therapeuten. Wir können die Infektionsquellen nicht ermitteln.” Im Seniorenzentrum Luisengarten seien bei einem PCR-Test 30 Bewohner und sechs Mitarbeiter positiv getestet worden, sechs weitere befänden sich in Quarantäne.

Benjamin Stengl, Öffentlichkeitsarbeiter der Alexianer St. Josef Potsdam GmbH, bezeichnet die Lage im St. Franziskus-Pflegeheim im Bornstedter Feld, wo seit Anfang Dezember gegen Corona gekämpft wird, als „angespannt”. Von 62 betroffenen Bewohnern seien noch 28 aktiv mit dem Virus infiziert, immerhin seien mehr als die Hälfte „genesen”. Von 29 infizierten Mitarbeitern sind bereits fünf wieder im Einsatz. Der Zustand einiger Bewohner aber sei „inzwischen deutlich schwerer”.

Unterstützung wird gebraucht

Es wundert nicht, dass die Gemütslage gedrückt ist. Die Stimmung, so Hoffbauer-Chef Hohn, sei „angespannt und eingeschränkt”. Aber auch Mitarbeiter und Pflegekräfte, sagt Awo-Chefin Angela Schweers, hätten „ein mulmiges Gefühl, die Angst vor einer Ansteckung und einem ernsten Verlauf ist da”. Not an Mann und Frau ist überall. Über Twitter rief die Awo um Hilfe: „Wir benötigen jetzt jede Unterstützung”, in Voll-, Teilzeit oder auf Honorarbasis. In der Kurfürststift GmbH „schwankt die Lage zwischen Fatalismus und Furcht”, weiß Chefin Lamprecht, „alle haben Angst, ins Krankenhaus zu kommen”.

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Indes: Manche betagten Potsdamer sind recht gelassen. Marlies Paap vom Pflegedienst ProCurand erzählt, dass viele Ältere „keine richtige Angst” hätten: „Sie sagen, dass sie zwei Weltkriege überlebt haben und auch Corona überleben werden.” 

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