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Im neuen Versorgungszelt auf dem Stadtcampus erhalten ukrainische Geflüchtete Suppe oder ein Lunchpaket.

© Andreas Klaer

Zur Entlastung der Potsdamer Tafel: Stadt eröffnet Essenszelt für Ukraine-Flüchtlinge

Mehr Geflüchtete, mehr Bedürftige: Der Andrang bei der Tafel ist gestiegen. Die Stadt springt mit Angebot für Geflüchtete ein. Ende April eröffnet ein Versorgungspunkt am Bassinplatz.

Potsdam - Zwei Zelte des Technischen Hilfswerks, ein großer Topf Gemüsesuppe, ein paar Tische und Bänke zum Verweilen: Seit dem gestrigen Mittwoch unterstützt die Stadtverwaltung die Essensversorgung der Geflüchteten aus der Ukraine mit einer Anlaufstelle auf dem Stadtcampus. Es ist eine Übergangslösung, bis der geplante Versorgungspunkt auf dem Bassinplatz Ende des Monats eröffnet, erklärte Potsdams Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) vor Ort. Die Stadt reagiert damit auf einen Hilferuf der Potsdamer Tafel, die durch den Ansturm an die Belastungsgrenze gekommen ist.

Kundenzahl bei der Tafel hat sich mehr als verdoppelt

Zusätzlich zu den 1200 regulären Kunden pro Woche versorgt die Tafel mittlerweile auch 1400 Geflüchtete aus der Ukraine, sagte Tafel-Geschäftsführerin Imke Eisenblätter den PNN. Das sei deutlich mehr als 2015, als viele Kriegsflüchtlinge aus Syrien in Potsdam aufgenommen wurden. Erschwerend kommt hinzu, dass derzeit wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise auch mehr Rentner und Hartz-IV-Empfänger Hilfe suchten: Zehn bis 20 neue Tafel-Kunden seien das pro Woche.

Der Andrang bei der Potsdamer Tafel ist zu groß geworden.
Der Andrang bei der Potsdamer Tafel ist zu groß geworden.

© Andreas Klaer

An der Ausgabestelle in der Drewitzer Straße, die mittlerweile an sechs Tagen die Woche geöffnet hat, sind zur Entzerrung schon zwei Schalter eingerichtet worden, berichtet die Tafel-Chefin. Die enorm gestiegene Nachfrage sorge auch dafür, dass alle Tafel-Kund:innen weniger erhalten. Denn die Menge der gespendeten Lebensmittel sei nicht im gleichen Maß gestiegen. Am Dienstag habe man schließlich einen Aufnahmestopp für neue Geflüchtete verhängen müssen, sagte Eisenblätter. „Wir können ja die anderen nicht einfach wegschicken.“

Das Zelt ist eine Übergangslösung, bis auf dem Bassinplatz ein Versorgungspunkt öffnet

Als kurzfristige Alternative gibt es nun das Zelt auf dem Stadtcampus. Dort war der Andrang zum Start 12 Uhr überschaubar, eine ehrenamtliche Übersetzerin der Tafel half beim Begrüßen der Gäste.

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Eine von ihnen war Maryna Mykolaienko mit ihrem siebenjährigen Sohn. Die 32-jährige Sprachlehrerin und Juristin aus Kiew brauchte keine Übersetzung, denn sie spricht Deutsch. Das sei auch der Grund gewesen, dass sie sich zur Flucht nach Deutschland entschieden habe, erzählt sie. Seit rund einem Monat lebt sie in Potsdam, ist privat bei Bekannten untergekommen. Nun sucht sie Arbeit und eine Wohnung. Den Tipp für das Essenszelt habe sie bei der Tafel bekommen. 

Auch Valeriia Afanasieva hatte über die Tafel von dem Angebot gehört. Die 36-jährige Kosmetikerin und Nageldesignerin aus Kiew ist mit ihrer Mutter und zwei Kindern nach Deutschland geflohen und in Stahnsdorf privat untergekommen, ihre 20-jährige Nichte aus Berdjansk fand eine Bleibe in Potsdam. Valeriia Afanasieva hofft darauf, dass sie bald wieder arbeiten kann: Die Arbeitserlaubnis hat sie schon, sie wartet auf ihre Arbeitsutensilien, die per Post unterwegs sind. Nur die Nichte aß schließlich einen Teller der Gemüsesuppe.

Valeria Afanasieva (M.) mit Tochter Zlata, Mutter Elena (l.) und Nichte Arina (r.).
Valeria Afanasieva (M.) mit Tochter Zlata, Mutter Elena (l.) und Nichte Arina (r.).

© Andreas Klaer

Angebot richtet sich an Geflüchtete ohne Möglichkeit zum Kochen oder Geld

Wie viele Geflüchtete die Essensversorgung tatsächlich bräuchten, müsse sich noch sortieren, räumt die Sozialbeigeordnete Meier ein. Rund 100 Portionen Essen waren gestern vorbereitet, neben der warmen Suppe auch Lunchpakete mit belegten Brötchen und Brötchen mit Marmelade sowie Äpfeln. Die Mengen werde man entsprechend der Nachfrage anpassen. Das Angebot richtet sich insbesondere an Geflüchtete, die in ihrer Unterkunft keine Möglichkeit zum Kochen haben oder denen das Geld fehlt, weil sie noch keine Hilfe zum Beispiel über das Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, sagte Brigitte Meier.

Das Essenszelt ist eine Übergangslösung, bis auf dem Bassinplatz Ende April ein Versorgungspunkt eröffnet.
Das Essenszelt ist eine Übergangslösung, bis auf dem Bassinplatz Ende April ein Versorgungspunkt eröffnet.

© Andreas Klaer

Der Zustrom an Geflüchteten habe sich momentan zwar stabilisiert, es sei aber unklar wieso, sagt die Sozialbeigeordnete. Es könne mit den in der Ukraine noch bevorstehenden Osterfeiertagen zu tun haben, vermutet sie: „Am Kriegsgeschehen liegt es jedenfalls nicht.“

Mehr als 2500 Menschen aus der Ukraine nach Potsdam geflohen

Aktuell sind laut Stadt 2516 ukrainische Geflüchtete in Potsdam registriert. 819 sind in über die Stadt organisierten Unterkünften untergebracht, darunter neben der Biosphäre und der Metropolishalle auch Hotels und Pensionen. 1643 Anträge auf Hilfe über das Asylbewerberleistungsgesetz sind den Angaben zufolge gestellt worden, mehr als 1000 davon bereits bewilligt. Es sei davon auszugehen, dass hinter einem Antrag oft mehrere Menschen stehen, etwa bei Familien.

Kommende Woche soll auf dem Bassinplatz ein zentraler neuer Anlaufpunkt eröffnen: Dort soll es Beratungsangebote, die Möglichkeit zum Waschen und Trocknen von Kleidung sowie eine Essensausgabe geben. Aber auch dann werden Geflüchtete für die erforderlichen Behördengänge noch andere Adressen aufsuchen müssen, sagte die Sozialbeigeordnete.

Tafel fordert verlässliche Finanzierung durch die Stadt

Gleichzeitig endet die kostenlose Essensausgabe für ukrainische Geflüchtete bei der Tafel zum Monatsende, erklärte Tafel-Chefin Eisenblätter. Sie müssen sich dann neu registrieren und wie reguläre Tafel-Kunden einen Kostenbeitrag von 2 Euro zahlen. 

Eisenblätter fordert von der Stadt eine verlässliche Finanzierung der Räumlichkeiten und der zwei festen Personalstellen. Momentan zahle die Stadt die Miete und beteilige sich zu etwa 40 Prozent an den Personalkosten.

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