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Manfred Stolpe mit Potsdams früherem Oberbürgermeister Jann Jakobs (l./SPD).

© picture alliance / dpa

Zum Tod von Manfred Stolpe: Im Dienst für Potsdam

Manfred Stolpe und Brandenburgs Landeshauptstadt - das war immer eine besondere Verbindung. Auch zu Potsdam-Mäzen Hasso Plattner hatte er eine enge Beziehung.

Potsdam - Er ist bekannt dafür, alles zu ordnen. Nichts dem Zufall zu überlassen. So ist es auch dieses Mal. Das letzte Mal. Manfred Stolpe hat den Bornstedter Friedhof in Potsdam als seine letzte Ruhestätte bestimmt. Dort befindet sich bereits ein Familiengrab. Stolpes Wunsch allerdings, man möge seiner nicht mit einem Grabstein, sondern mit einem Findling gedenken, wollte ihm Potsdam zunächst nicht erfüllen. Doch dann wurde die Genehmigung doch erteilt.

Ja, Manfred Stolpe und Potsdam, das war immer eine besondere Beziehung. Seit 1959 lebte er hier, in der Stadt, die seine Heimat geworden ist. „Er hat unendlich viel für Potsdam getan“, sagt Jann Jakobs (SPD). 16 Jahre, bis 2018, war Jakobs Potsdams Oberbürgermeister. Dass er es wurde, hatte nicht wenig mit Stolpe zu tun. Der kümmerte sich, meist im Hintergrund, intensiv um Potsdam. Als die Stadt 1998 noch im Dornröschenschlaf lag, legte Stolpe alles daran, dass der junge Matthias Platzeck die Geschicke der Stadt lenken sollte – bevor er ihn 2002 dann selbst als sein Nachfolger an der Spitze des Landes auserkor, Jakobs in Potsdam nachrücken sollte.

Stolpe fuhr dem Oberbürgermeister öffentlich in die Parade

Was Stolpe nicht daran hinderte, dem Oberbürgermeister später wenn nötig auch öffentlich in die Parade zu fahren. Zuletzt geschehen beim einstigen DDR-Terrassenrestaurant Minsk in der Innenstadt, für dessen Abriss Jakobs eingetreten war – und dem Stolpe vehement widersprach. Genauso dem einst von Jakobs forcierten möglichen Abriss des Hotels Mercure, dem DDR-Plattenbau, der zu den Wahrzeichen der Stadt gehört. Stolpe lehnte auch diesen Abriss ab – er verwies nicht nur auf die Kosten, sondern darauf, dass sich auch am Mercure die Identität der Stadt festmache. Im ersten Moment, sagt Jakobs heute, habe er sich darüber natürlich geärgert. Doch genau das werde Potsdam ohne Manfred Stolpe fehlen: „Einer, der seine Meinung sagt, wenn es mal kritisch wird, so dass man sich daran abarbeiten kann – da muss man nicht einer Auffassung sein.“ 

Hasso Plattner spricht von Freundschaft

Trotz der Wärme, die er ausstrahlen konnte, blieb Stolpe im Politischen für viele unnahbar.  Jakobs erinnert sich: „Es war immer eine gewisse Distanz da. Ich habe ihn nie geduzt – auf so eine Idee wäre ich nie gekommen.“
Auf anderen Ebenen ließ Manfred Stolpe Menschen offenbar näher an sich heran. SAP-Mitgründer und Potsdam-Mäzen Hasso Plattner nennt seine Verbindung zu ihm eine Freundschaft. „Manfred Stolpe war ein guter Mensch. Er hat immer versucht, allen Seiten zuzuhören“, sagte Plattner am Montag den PNN. „Er war nie absolut in seinen Aussagen – er war immer bereit, einen Kompromiss zu erreichen.“ In seiner Zeit in der DDR sei Stolpe mutig gewesen, er habe versucht, Wege, die im damaligen System möglich gewesen seien, zu öffnen, um es einigen seiner Mitbürger leichter zu machen. „Er war sicher kein Revoluzzer“, so Plattner, „aber einer, der sich engagiert hat und nicht einfach mitgelaufen ist.“ 

Manfred Stolpe mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (l.) und Matthias Platzeck (beide SPD).
Manfred Stolpe mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (l.) und Matthias Platzeck (beide SPD).

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Auch wenn ihm lange bekannt gewesen sei, dass Stolpe schwer erkrankt war, „ist doch der Tod ein tiefer Einschnitt, der mich insbesondere wegen der langen Freundschaft tief betroffen macht“, sagte Plattner. Für Potsdam ist klar: Ohne das besondere Verhältnis der zwei Männer, das nach einer TV-Sendung in Berlin seinen Anfang nahm, hätte es Plattners Engagement in der Stadt so nicht gegeben – vom Hasso-Plattner-Institut am Griebnitzsee bis zum Museum Barberini in der Mitte.

Für  Georg Friedrich von Preußen war Stolpe ein väterlicher Freund

Ähnliche Erfahrungen machte Georg Friedrich von Preußen. „Die Nachricht über seinen Tod hat mich persönlich sehr bewegt“, sagte er den PNN. „Ich bin dankbar, dass ich ihn so lange und so nah erleben durfte – als väterlichen Freund und Ratgeber. Er war ein Preuße im positivsten Sinne des Wortes.“ Er habe Stolpe nach der Wiedervereinigung bei einem Potsdam-Besuch mit seinem Großvater Louis-Ferdinand kennengelernt. „Bei diesem ersten Treffen ging es um die Überführung der Königssärge ein Jahr später, die Dr. Stolpe als Ministerpräsident gemeinsam mit Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl ermöglicht hat“, so von Preußen. Bis zuletzt habe er mit Stolpe in Kontakt gestanden. 

Es sollte voran gehen mit Potsdam, gleichzeitig sorgte sich Stolpe um den sozialen Zusammenhalt in der Stadt. Er versuchte, in Konflikten zu schlichten. In der jahrelangen Auseinandersetzung um den Wiederaufbau der Garnisonkirche war Stolpe einer der ersten, der einen Dialog mit den Kritikern anmahnte und forderte, die Sorgen vor der Förderung des deutschen Nationalismus ernst zu nehmen. Für ihn war klar: Der notwendige Bruch mit Geschichte und Tradition der Garnisonkirche müsse greifbar werden. In Bezug auf das Kirchenschiff sprach sich Stolpe für eine „moderne äußere Gestalt“ aus.

Stolpe vergaß Potsdam auch als Bundesminister nicht

Auch als er später Bundesverkehrsminister war, vergaß er Potsdam nicht. Er wirkte darauf hin, dass TollCollect sich in der Stadt ansiedelte, und überzeugte die Deutsche Bahn, den Kaiserbahnhof zu sanieren. Außer Dienst war Stolpe nie, sagt Ex-Oberbürgermeister Jakobs. Noch bis vor gut drei Jahren sei Stolpe alle zwei, drei Monate bei ihm gewesen. „Er rief dann meine Sekretärin an und ließ sich einen Termin geben.“ Punktgenau eine halbe Stunde dauerte Stolpes Besuch, „er kriegte einen Kaffee, hatte drei bis vier Dinge, die er besprechen wollte – Sorgen von Leuten, die etwas an ihn herangetragen hatten“. 

Stolpe mit Potsdam-Mäzen Hasso Plattner (2.v.l.).
Stolpe mit Potsdam-Mäzen Hasso Plattner (2.v.l.).

© Manfred Thomas

Auf die Frage, ob er einen Lieblingsort in Potsdam habe, sagte Manfred Stolpe einst: „Ich spaziere gern durch den Park Sanssouci: Vom Seiteneingang nahe dem Kaiserbahnhof am Hippodrom vorbei. Dort vermisse ich den Großen König, der wieder Unter den Linden steht. Nur ein Blick auf das Schloss – und zurück: Also Sanssouci sehen, wieder nach Hause gehen, nicht sterben.“

Hinweis der Redaktion: In der ersten Fassung des Beitrags hieß es, der Findling sei aus denkmalrechtlichen Gründen nicht genehmigt worden. Der Evangelische Friedhof Bornstedt teilte jedoch mit, dass die Untere Denkmalschutzbehörde die Aufstellung des Findlings im August 2019 genehmigt habe. 

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