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Zukunft vom Hotel Mercure in Potsdam: Ein Ergebnis wie bestellt

Im Werkstattverfahren zum Lustgarten zeichnet sich ab: Das Hotelhochhaus Mercure soll zukünftig aus Potsdams "Skyline" verschwinden. PNN-Autor Marco Zschieck analysiert, wie es dazu kam.

Potsdam - Nach dem Ende des Werkstattverfahrens zum Lustgarten sieht Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) die Stadtpolitik am Zug. Das Verfahren unter Beteiligung von renommierten Fachleuten und Bürgern habe ein zukunftsweisendes Ergebnis gebracht, sagte Klipp am Freitag auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Und in dieser Zukunft soll das Hotelhochhaus aus der Potsdamer „Skyline“ verschwinden. „Das Gutachtergremium hat sich auf die Entwürfe der Planungsteams von Machleidt und Loidl sowie WES als Grundlage für einen Masterplan für den Lustgarten festgelegt“, sagte Bert Nicke, Geschäftsführer des Sanierungsträgers, der das Verfahren veranstaltet hat. Nicke bestätigte damit einen entsprechenden PNN-Bericht.

Nach der Sommerpause sollen die Stadtverordneten dann auf dieser Basis über eine Änderung der Sanierungsziele für die Potsdamer Mitte abstimmen, so Klipp. Auch eine Bündelung mit den Plänen für die Plantage sei denkbar, sollte der für das Areal am Rechenzentrum laufende Bürgerdialog bis dahin Ergebnisse gebracht haben. „Die Stadtverordneten könnten die Änderung der Sanierungsziele auch ablehnen“, sagte Klipp. Mit dem Verfahrensergebnis werde ihnen nun eine fachlich fundierte und legitimierte Alternative zum Status quo angeboten.

Keine Überraschung

Dass diese Alternative ein Lustgarten ohne das Hotel Mercure ist, mag dabei keine Überraschung auslösen. Schließlich hatte Klipp selbst – lange bevor das Werkstattverfahren begonnen hatte – mehrfach von einem städtebaulichen Missstand im Zusammenhang mit dem Hotelhochhaus aus den 1970er-Jahren gesprochen. Schon einmal hatte die Stadtspitze die Chance erblickt, das Gebäude loszuwerden: Als Software-Milliardär Hasso Plattner das Mercure im Jahr 2012 kaufen, abreißen und stattdessen eine Kunsthalle errichten lassen wollte, war die Stadtspitze begeistert. Daraus wurde nichts. Stattdessen forcierte man die Änderung der Sanierungsziele.

Was die langfristige Zukunft des Hochhauses angeht, waren sich alle sieben Planungsteams im jetzigen Werkstattverfahren einig: Das Hotel soll aus dem Lustgarten verschwinden. Angesichts dessen äußerte Nicke Bedauern: „Es wäre für das Verfahren sicherlich besser gewesen, wenn wenigstens ein einziges Team den Erhalt des Hotels vorgeschlagen hätte“, sagte er. Allerdings hätten die Architekten damit wohl das Thema verfehlt: In der Aufgabenstellung der Planungswerkstatt hieß es, Anlass seien die veränderten städtebaulichen Rahmenbedingungen im Umfeld seit der Neuanlage des Lustgartens 2001. Seitdem ist gegenüber des barocken Marstalls der Landtag mit einer barocken Fassade gebaut worden. Kurz vor der Fertigstellung stehen die Bauten an der Alten Fahrt – auch sie teilweise mit historisierenden Fassaden. Angesichts der Vorgeschichte und der Fragestellung wäre ein Vorschlag für einen Lustgarten mit DDR-Hotelhochhaus schon ein echter Knalleffekt gewesen.

Kritiker: Keine echte Bürgerbeteiligung

Kritiker wie der Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hatten das Verfahren ohnehin als nicht ergebnisoffen gerügt. Es diene lediglich dazu, das Mercure für überflüssig zu erklären. Von echter Bürgerbeteiligung könne trotz Online-Forum und Infobox keine Rede sei. Scharfenberg forderte stattdessen eine Bürgerbefragung. Diese hält nun auch Nicke für möglich. „Die Entscheidung liegt bei den Stadtverordneten.“

Auch Klipp räumt mittlerweile ein, dass sich nur eine überschaubare Anzahl Potsdamer beteiligt hat. „Das ist mengenmäßig nicht repräsentativ“, sagte er angesichts von etwa 2000 Besuchern der Infobox seit September 2014. Kritik am Verfahren nimmt er dennoch nicht an. „Das haben wir uns ja nicht ausgesucht“, sagte Klipp am Freitag. Das Verfahren sei von den Stadtverordneten so beschlossen. Dabei lässt er unter den Tisch fallen, dass dem Kompromissvorschlag der damals noch der Rathauskooperation angehörenden FDP eine lange Diskussion vorausging – und eine Mehrheit für einen konkreten Abrissbeschluss nicht zu kriegen war.

Verfahren kostete 520.000 Euro

Jenseits der Verfahrensfragen geht es auch um Steuergeld. Kauf und Abriss des Hotelhochhauses wären schließlich nicht kostenfrei. Die Kritik daran prallt am streitbaren Baudezernenten jedoch ab. „Überall in der Mitte ist öffentliches Geld ausgegeben worden“, sagt Klipp und nennt Beispiele. 4,9 Millionen Euro zahlte der Sanierungsträger für das Rechenzentrum, 1,4 Millionen waren für das Fachhochschulgebäude am Alten Markt fällig. „Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass wir das Gebäude zu einem ähnlich günstigen Preis bekommen“, so Klipp.

Wie zukunftsträchtig das Kernergebnis des 520.000 Euro teuren Verfahrens wirklich ist, steht völlig infrage. Bekanntlich steht die Immobilie des Mercure als Teil des sogenannten Interhotel-Portfolios vor dem Verkauf an den US-amerikanischen Immobilienfonds Starwood. Ob die künftigen Eigentümer das Hotel als Teil einer ihrer Hotelketten betreiben oder weiterverkaufen wollen, ist unklar. Starwood äußert sich nicht dazu. Statt der „Wiese des Volkes“ – wie es im Entwurf von Machleidt und Loidl heißt – könnte gegenüber des Landtags weiterhin das Hotel eines Investors stehen.

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