zum Hauptinhalt
Turbulent: Befürworter und Gegner des Garnisonkirchen-Aufbaus trafen beim Bürgerdialog aufeinander.

© A. Klaer

ZDF-Fernsehgottesdienst in Potsdam: Streit um Garnisonkirchen-Mahnwache

Am 11. September wird ein ZDF-Fernsehgottesdienst live aus Potsdam übertragen. Dagegen wollen Garnisonkirchen-Gegner demonstrieren, doch es gibt strenge Auflagen von der Polizei. Jetzt wird der geplante Protest ein Fall für die Justiz.

Potsdam - Für geplante Proteste von Gegnern der Garnisonkirche gegen einen ZDF-Fernsehgottesdienst am 11. September am historischen Standort des Gotteshauses hat die Polizei strenge Auflagen verhängt. Vor allem sollen die Gegner nicht zeitgleich zu dem ab 9.30 Uhr beginnenden Live-Gottesdienst demonstrieren dürfen – sondern erst ab 11 Uhr. Die Auflagen wollen die Gegner nicht hinnehmen.

Eine Polizeisprecherin der Direktion West sagte auf PNN-Anfrage, die Auflagen seien auf Grundlage des Gesetzes über Sonn- und Feiertage des Landes erteilt worden. Darin heißt es, an Sonntagen seien während der Hauptzeit eines Gottesdienstes „öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und öffentliche Auf- und Umzüge“ verboten – „soweit hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird“, wie es in dem Gesetz heißt.

Zwei Gegendkundgebungen angemeldet

Mit Störungen rechnet die Polizei. Für den Sonntag sind in der Nähe des Gottesdienstes – der im IHK-Gebäude gegenüber dem Kirchenstandort in der Breiten Straße stattfindet – bisher zwei Gegenkundgebungen angemeldet. So hatte die Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ ihre Anhänger in satirischer Weise dazu aufgerufen, „als Bauernmob in Arbeitskluft passend zu den Revolten während der Reformation“ zu erscheinen. Parallel hat die alternative Fraktion Die Andere eine stille Mahnwache „Elf und neun Schweigeminuten“ geplant – man wende sich dagegen, „dass die Opfer des 11. September 2001 dazu missbraucht werden, für den Aufbau einer Militärkirche in Potsdam zu werben“.

Die Polizei glaubt, dass die beiden Aktionen den Gottesdienst stören – obwohl offiziell stiller Protest propagiert werde, heißt es in der schriftlichen Begründung der Behörde an die Fraktion Die Andere. Verwiesen wird auch auf vergangene „unfriedliche medienwirksame Proteste“ im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau – eine Wiederholung solcher Proteste sei daher naheliegend. Letztlich bestehe eine Gefahr für die Religionsausübungsfreiheit, so die Polizei – in solchen Fällen müsse das grundrechtlich verbürgte Versammlungsrecht begrenzt werden.

Fernsehgottesdienst findet im IHK-Gebäude statt  und wird in der Nagelkreuzkapelle gezeigt

Der ZDF-Fernsehgottesdienst findet im IHK-Gebäude gegenüber dem einstigen Kirchenstandort in der Breiten Straße ab 9.30 Uhr statt, von dort wird live für 45 Minuten übertragen. Die Sendung wird parallel in der Nagelkreuzkapelle gegenüber gezeigt – für jene Besucher, die in der IHK keinen Platz mehr bekommen.

Gegen den Bescheid geht Die-Andere- Fraktionsgeschäftsführer Lutz Boede seit Donnerstag vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht vor. Man wolle explizit auf die Verwendung von Lautsprechern und Megaphonen verzichten, so Boede – und nur Transparente, Schilder und Kerzen einsetzen. Störungen des Gottesdienstes in einem geschlossenen Raum des IHK-Gebäudes seien nicht zu befürchten, die Teilnehmer würde die Mahnwache nicht einmal sehen. Schon der „normale Verkehrslärm“ der Breiten Straße dürfte deutlich lauter sein als die Geräusche einer Mahnwache, so Boede in seinem Widerspruch gegenüber der Polizei. Es gebe schlicht keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass er nicht in der Lage sei, die Mahnwache so durchzuführen wie geplant und angemeldet, ärgert sich Boede.

Auch im Internet wird weiter zu den Gegenaktionen aufgerufen. Bei Die Andere hieß es: „Wir werden selbstverständlich gegen die geschmacklose Garnisonkirchenverkaufsveranstaltung im Gewande eines Gottesdienstes protestieren.“ Und die Bürgerinitiative teilte mit: „Haltet euch den Sonntagmorgen frei.“ 

Weitere Informationen zum ZDF-Fernsehgottesdienst gibt es hier >> 

Lesen Sie weiter:

Den Gegnern an dieser Stelle den zeitgleichen Protest komplett zu verweigern und nicht einfach strenge Lärmauflagen zu stellen, ist daher unklug und unsensibel – und könnte dazu führen, dass Gegner erst recht versuchen werden, den Gottesdienst zu stören. Ein Kommentar >>

Update 9. September, 15.34 Uhr: Das Potsdamer Verwaltungsgericht entschied am Freitag, dass die geplante Mahnwache bereits ab 9 Uhr stattfinden darf >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false