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Wie in Italien. Eine feste Karte gibt es bei Chris Zanotto nicht – die täglich wechselnden Gerichte stehen auf einer Tafel. Immer dabei: frische Pasta.

© Andreas Klaer

„Zanotto“-Restaurant in der Potsdamer Dortustraße: Grieß, Wasser, Salz

Im „Zanotto“ wird die Pasta vom Chef selbst hergestellt – und zwar mitten im Gastraum. Vor knapp vier Wochen hat das italienische Lokal in der Dortustraße eröffnet.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Mitten im „Zanotto“ steht ein langer Holztisch. Dort, wo später an diesem Tag Gäste Platz nehmen werden, hat Chris Zanotto seine Nudelmaschine aufgebaut. Nur mit Hartweizengrieß, Weichweizengrieß, Wasser und Salz hat er sie gefüttert, jetzt winden sich dicke Spaghetti aus den runden Löchern. Geschickt lässt Chris Zanotto sie in seine Hände gleiten und formt sie zu einem Nudelnest.

Ein solches Nest nach dem anderen landet auf dem Brett, die dazugehörige Tomatensauce wird parallel in der Küche hinter dem Gastraum zubereitet. „Heute gibt es Spaghetti Mediterranea“, sagt Chris Zanotto, also Nudeln mit Datteltomaten und Knoblauch. „Außerdem Risotto mit Radicchio und Linguine mit Telline, das sind kleine Venusmuscheln.“ Chris Zanotto muss das sagen, denn eine Karte, in der die Gerichte stehen, gibt es nicht. Das würde sich auch gar nicht lohnen, denn die Küche wechselt jeden Tag. Mittags wird auf eine Tafel geschrieben, was es gibt. Und abends wieder abgewischt.

14 Monate auf das eigene Restaurant gewartet

Am 22. April hat der Italiener sein Lokal in der Potsdamer Dortustraße eröffnet, und schon jetzt ist es jeden Tag „brechend voll“, wie er selbst sagt. Dabei schien das Vorhaben zunächst unter keinem guten Stern zu sehen. Chris Zanotto hatte Pech mit dem Architekten, den er mit dem Umbau des einstigen Bekleidungsgeschäfts zu einem Restaurant beauftragt hatte. „Er hatte nur eine Zulassung für Berlin“, sagt der Gastronom. „Das hat mich viel Zeit gekostet.“ Schon Anfang 2015 hätte der Umbau eigentlich losgehen sollen, doch dann dauerte es bis Oktober, bis die Handwerker anfingen. „Ich habe 14 Monate auf mein Restaurant gewartet“, sagt der 50-Jährige. Doch einen positiven Nebeneffekt habe das auch gehabt, meint er heute: Alle Nachbarn hätten mitbekommen, dass hier etwas Neues entsteht. Und einige von ihnen gehören jetzt zu seinen Gästen.

Chris Zanotto stammt aus Vicenza, einer norditalienischen Stadt zwischen Venedig und Verona. Schon mit 19 kam der gelernte Koch nach Berlin – 1985 war das. Rund 20 Jahre arbeitete er in verschiedenen Berliner Restaurants, bis es ihn wieder in die Heimat zurückzog. In Vicenza betrieb er selbst mehrere Lokale, bis die Krise ihm dort das Leben schwermachte. So wanderte er 2013 ein zweites Mal nach Berlin aus, arbeitete dort für eine große Restaurant-Gruppe – zum Teil auch in Potsdam. In dieser Zeit hat er sich in die Stadt verliebt, „totverliebt“, wie er sagt. Eines Abends sei er durch die Innenstadt geradelt und habe dabei „seinen“ Laden in der Dortustraße entdeckt. „Ich hatte Glück, die Eigentümer sind Italienliebhaber.“

Wie das moderne Italien aussieht

So konnte Chris Zanotto – nach den beschriebenen Hürden – schließlich einen Laden ganz nach seinem Geschmack einrichten. Hell und schlicht ist er geworden, einfache Holztische mit weißen Stühlen, daneben jeweils ein kleiner Beistelltisch, aus Weinkisten gezimmert. Die Wände weiß, an einer davon stehen zig Efeupflanzen im Regal, daneben ein riesiger Apothekerschrank aus dunklem Holz. „Meine enoteca“, sagt Chris Zanotto und zieht die verglasten Schubladen auf, in denen er die Weinflaschen untergebracht hat. „Sinnlose“ Accessoires wie alte Nähmaschinen lehne er ab, betont er. „Ich mache hier keine Bolognese-Carpaccio-Gastronomie, keine Schulterklopfer-Gastronomie.“ Deshalb auch keine karierten Tischdecken, keine affigen Krawatten für das Personal. „So ist Italien nicht. Das moderne Italien sieht so aus“, sagt Chris Zanotto und deutet in seinen Gastraum.

Ebenfalls echt italienisch ist die täglich wechselnde Karte, die noch dazu sehr schmal ist: Vier Pasta- und ein Risotto-Gericht bietet Chris Zanotto seinen Gästen an, dazu jeweils eine Sorte Fleisch und Fisch vom Grill. Auch Antipasti, also Vorspeisen, gibt es im „Zanotto“, zum Beispiel direkt aus Italien importierter Käse, Culaccia-Schinken oder Taggiasche-Oliven aus Ligurien. Dazu wird Brot und Focaccia gereicht, das Chris Zanotto wie die Pasta jeden Morgen eigenhändig im Laden zubereitet. „Heute backe ich ein Brot mit Thymian, Majoran, Rosmarin und Zitronenzesten“, sagt er und deutet auf die mit Teig gefüllten Backformen, die er zum Gehen beiseite gestellt hat. Einige Zitronen sind übrig geblieben, die hellgelben, dickschaligen Früchte mit der hubbeligen Oberfläche hat Chris Zanotto aus Sizilien geliefert bekommen. „Riechen Sie mal!“, fordert er den Gast begeistert auf.

Ausnahme: Büffelmozzarella aus Brandenburg

Cento per cento italiano, also hundert Prozent italienisch, damit wirbt das „Zanotto“ auch auf der Webseite. Nur einige wenige Ausnahmen gibt es, verrät der Chef, zum Beispiel beim Büffelmozzarella. Den bestellt Chris Zanotto im brandenburgischen Kremmen. „Der schmeckt wie in Italien“, versichert er. Was daran liegen mag, dass er von Gino Paolella gemacht wird, der vor Jahren aus der Heimat des Büffelmozzarella, der italienischen Region Kampanien, nach Deutschland kam. Und so ein Stück echtes Italien nach Brandenburg brachte. Wie jetzt Chris Zanotto nach Potsdam.

Das „Zanotto“ in der Dortustraße 53 hat jeden Tag von 12 bis 22 Uhr geöffnet, einen Ruhetag gibt es nicht. Ein Pastagericht kostet um die 11,50 Euro, Fleisch und Fisch um die 25 Euro. Mittags sind die Preise reduziert, Pasta gibt es dann ab 8,50 Euro.

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