zum Hauptinhalt
Das geplante Innovations- und Digitalzentrum in Potsdam bleibt ein Zankapfel. 

© Reichsbahnausbesserungswerk RAW, promo

Wie geht es mit dem RAW weiter?: Die Pläne für Potsdams Digitalzentrum werden konkreter

Die Stadtverwaltung hat die Bauleitplanung für das Großprojekt vorgestellt: Es soll zwei getrennte Neubauten in Höhe von 33 Metern geben. Womöglich könnte schon im Herbst die Baugenehmigung vorliegen. 

Potsdam - Der Baustart für das Digitalzentrum an der früheren RAW-Halle rückt näher – jedenfalls, wenn die Stadtpolitik dem Auslegungsbeschluss für den entsprechenden Bebauungsplan zustimmt. Das Planwerk samt Durchführungsvertrag mit dem Investor steht auf der Tagesordnung der Stadtverordneten in der nächsten Woche. Wenn die im Herbst geplante öffentliche Auslegung keine relevanten Änderungen erfordere, könnte auch schon die Baugenehmigung erteilt werden. Das ist möglich, weil die Stadt wegen der enormen wirtschaftlichen Bedeutung des Projekts ein „beschleunigtes Verfahren“ gewählt hatte. Am Dienstag stellten Vertreter der Stadtverwaltung die Inhalte der Presse vor.

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem neuen Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Die Änderungen halten sich im Vergleich zu den ursprünglichen Ideen in Grenzen. Die teure Überbauung der denkmalgeschützten Halle hatte der Investor bereits im vergangenen Jahr wieder einkassiert. Stattdessen sollte es zwei getrennte, ergänzende Neubauten geben. Das ist nun auch in die Bauleitplanung eingeflossen. Entsprechend bleibt es im Wesentlichen auch bei den Dimensionen des Vorhabens. „Die Höhe bleibt gleich“, sagte Potsdams Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) am Dienstag. An der höchsten Stelle soll der Neubau wie berichtet rund 33 Meter hoch sein. Demzufolge bliebe es auch bei rund 32.000 Quadratmetern Nutzfläche.

Neu gepflanzte Bäume oder ein freier Blick auf das Baudenkmal? 

Dennoch seien die Unterlagen umfangreich überarbeitet und deutlich qualifiziert worden, wie die Leiterin der städtischen Bauleitplanung Viola Holtmann sagte. Konkret bedeutet das, dass beispielsweise das Entwässerungskonzept geändert wurde. Es soll mehr Regenwasser auf dem Dach zurückgehalten werden, damit es langsam auf dem Areal versickern kann. Wegen der großen Hallenfläche kommt einiges zusammen. Außerdem mussten die Planer auf Anforderungen des Denkmalschutzes reagieren: Daher werden weniger Bäume an den Grundstücksrändern gepflanzt als der Investor es eigentlich wollte. So soll der Blick auf das Baudenkmal nicht verdeckt werden, hieß es zur Begründung.

Luftbild von 1996: Das RAW im Urzustand.
Luftbild von 1996: Das RAW im Urzustand.

© Lutz Hannemann

Auf der Investorenseite ist man trotz der Coronakrise optimistisch. Die Mietinteressenten stünden weiter hinter dem Projekt und seien auch in krisenfester Verfassung. „Das sind Unternehmen, die über ausreichend Rücklagen verfügen“, sagt Investorenvertreter Mirko Nauheimer den PNN. Wie die sogenannten Ankermieter heißen, will er allerdings erst öffentlich mitteilen, wenn der erste Spatenstich gemacht ist.

Anwohner besorgt, dass mit neuem Digitalzentrum Wohnraum teurer wird

Erste Überlegungen für die Entwicklung des RAW-Geländes waren Anfang 2018 publik geworden. Wie berichtet sollen in dem Innovations- und Digitalzentrum mit Büro- und Gewerbeflächen für rund 1000 Arbeitsplätze auch Einzelhandel und Cafés angesiedelt werden, ferner ein Fitnesscenter und ein Club für Konzerte und Partys. Ziel sind 1400 Arbeitsplätze vor Ort, das Investitionsvolumen liegt bei mehr als 100 Millionen Euro.

Anwohner der Teltower Vorstadt sorgen sich, dass mit dem Bau des RAW-Innovationszentrums der Wohnraum in ihrem Kiez deutlich teurer wird. In der Konkurrenz um knappen Wohnraum könnten sie nicht mit hochbezahlten IT-Fachkräften mithalten, so die Befürchtung. Schließlich hatte Investorenvertreter Nauheimer die Bruttolohnsumme auf rund 100 Millionen Euro geschätzt. 

Seit Anfang dieses Jahres ist Baustart auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk.
Seit Anfang dieses Jahres ist Baustart auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk.

© Andreas Klaer

Die Stadtverordneten hatten deshalb im vergangenen Jahr beschlossen, dass das Rathaus eine sogenannte „soziale Erhaltungssatzung“ – auch Milieuschutz genannt – prüfen solle.

Diese Prüfung dauert allerdings an. Er gehe davon aus, dass die Analyse im Herbst abgeschlossen werde, so Rubelt. 

Wirtschaftsförderer erhofft sich Impuls für Potsdams digitale Entwicklung 

Den Stadtverordneten könne man dann im Februar oder März 2021 Ergebnisse vorlegen. Das könnte schließlich auf einen Vorschlag für eine Satzung hinauslaufen oder auf eine Alternative. Da eine solche Satzung in die Eigentumsrechte eingreift, muss die Stadt zunächst den Zustand des Areals genau erheben und definieren, was davon geschützt werden soll. Noch im März hatte Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) mitgeteilt, dass im Juni mit Ergebnissen gerechnet werde.

Das Zentrum wird von dem Stararchitekten Jürgen Mayer H. geplant. Investor ist der lettische Ölhändler Michael Zeligman. Er lebt in Monaco. Seine in Hongkong ansässige Firma Concept Oil kauft Erdöl und Erdölprodukte in Ländern der ehemaligen Sowjetunion und verkauft sie auf dem Weltmarkt. Nach eigenen Angaben will er seine Investments breiter aufstellen und sei von bekannten Geschäftspartnern auf Potsdam aufmerksam gemacht worden.

Für Potsdams Wirtschaftsförderer Stefan Frerichs ist das Projekt ein Glücksfall für die Stadt. „Das RAW-Areal ist ein bedeutender Impuls für die digitale Entwicklung der Stadt“. Die Umnutzung einer Industriebrache aus den ersten Jahren des Eisenbahnzeitalters in ein modernes Digitalzentrum sei ein Musterbeispiel für den oft beschworenen Strukturwandel. Sowohl die Halle als auch das gesamte Gelände hatten Jahrzehnte brach gelegen, nachdem die Bahn den Standort im Jahr 1999 aufgegeben hatte. Ein früherer Eigentümer wollte zunächst Einzelhandel auf dem Areal etablieren, die Potsdamer Stadtverwaltung hielt jedoch an einer Gewerbeansiedlung fest.

Zur Startseite