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Unpassend? Der Bürokomplex, den Stararchitekt Libeskind entworfen hat, soll 66 Meter hoch sein. Daran stoßen sich einige Anwohner.

© Visualisierung: Studio Libeskind/KW Development

Werkstatt für umstrittenes Großvorhaben: Countdown für Libeskind

Im August beginnt die finale Debatte um die Media City in Babelsberg. Der Investor verweist auf den Bedarf an neuen Flächen für die Medienstadt, Anwohner hingegen protestieren.

Potsdam - Das Ringen um die Pläne für eine Babelsberger Media City nach Entwürfen des US-Stararchitekten Daniel Libeskind geht in die heiße Phase. Nach der Sommerpause beginnt die erste Runde eines vom Rathaus ausgerichteten Werkstattverfahrens. Dort sollen am 26. August Investor, Stadtpolitiker, Anwohner und weitere Experten über den bis zu 66 Meter hohen Bürokomplex diskutieren. Dabei wird es um die Gebäudehöhen gehen, aber auch um die Verkehrsanbindung. Das kündigte Stadtplanungschef Erik Wolfram am Dienstagabend im Bauausschuss an.

Zwischen den Sitzungen liegen drei Monate

Eine zweite Werkstattrunde soll sich dann drei Monate später, am 25. November, mit Nutzungsfragen, der Gestaltung der Gebäude und Freiflächen sowie sozialräumlichen Fragen befassen – laut Wolfram also zum Beispiel mit möglichen Auswirkungen auf die Miet- und Immobilienpreise im Umfeld. Aus beiden Runden sollen sich dann Festlegungen und Empfehlungen „zur städtebaulichen Qualifizierung“ des Media-City-Konzepts ergeben. „Bisher ist das eher nur eine Skizze“, so Wolfram, der auch die Ergebnisoffenheit des Verfahrens betonte. Es sei eben nicht automatisch gegeben, dass danach eine nötige Änderung des Bebauungsplans vor Ort möglich werde, sagte er. Zu Nachfragen von Stadtverordneten im Ausschuss, ob die bei beiden Runden angesetzte Zeit von jeweils nur drei Stunden tatsächlich ausreichend sei für ein derart großes Projekt sagte Wolfram, auch eine dritte Werkstattrunde halte er für möglich. Final müssen ohnehin die Stadtverordneten den Bauplänen zustimmen.

Potsdams Stadtplanungschef Erik Wolfram
Potsdams Stadtplanungschef Erik Wolfram

© Stadt Potsdam

Der Investor wirbt für das Vorhaben 

Wie berichtet möchte der Immobilienentwickler KW Development an der Ecke von Großbeeren- und August-Bebel-Straße mindestens 300 Millionen Euro für einen Bürokomplex mit bis zu 5000 Arbeitsplätzen investieren. Am Mittwoch warb KW-Chef Jan Kretzschmar noch einmal für das Großprojekt: „Für uns steht fest, dass der Standort Babelsberg sich weiterentwickeln muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Nachfragen aus der Medienbranche nachkommen zu können. Unternehmen treten bereits jetzt an uns heran auf der Suche nach Flächen.“ Dieser Bedarf könne mit dem Vorhaben gedeckt werden, möglich sei eine „neue Landmark mit internationaler Strahlkraft“. Das bedeute auch Zukunftssicherheit für die Medienstadt.

Wie groß ist der Bedarf?

Erst diese Woche hatte der auch vor Ort ansässige Media Tech Hub Potsdam eine Studie veröffentlicht, wonach die dort ansässigen Firmen rund 15 000 Quadratmeter neue Büroflächen benötigen. Im Zuge der Media City entstünden aber über 90 000 Quadratmeter. „Dies zeigt, dass eine starke Ansiedlungsoffensive für Medienunternehmen in Babelsberg gebraucht wird“, heißt es in der Analyse. 

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So seien bisher kaum Unternehmen in boomenden Bereichen wie Gaming und Animation angesiedelt. „Hier besteht noch großes Entwicklungspotenzial.“ das gelte auch für technische Dienstleister. „Aus meiner Sicht profitiert der Standort am meisten, wenn es im Rahmen geplanter Bauvorhaben gelingt, weitere medienaffine und medientechnologische Unternehmen an den Standort zu holen, um die Entwicklung hier weiter voranzutreiben“, sagte Hub-Chefin Andrea Wickleder den PNN.

Zunächst hatte es am Standort starke Vorbehalte gegen das Vorhaben von Kretzschmar und Filmpark-Chef Friedhelm Schatz gegeben – nach Monaten des Austauschs hätten die Unternehmen vor Ort entschieden, die Ansiedlung als Chance zu sehen, hieß es aus Branchenkreisen gegenüber den PNN. Zu Bedenken, mit medienfremden Nutzungen wie der Vermietung von Büros etwa an Versicherungen könnte das Profil des Standorts verwässert werden, sagte Kretzschmar: „Ich möchte dies gern so weit wie möglich ausschließen.“

Bürgerinitiative kritisiert die Planungen

Unterdessen legt die Bürgerinitiative Medienstadt in ihrer Kritik an dem Großprojekt noch einmal nach. In einem kürzlich veröffentlichten, 32-seitigen offenen Brief an Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) listet die Initiative Gründe auf, die ihrer Ansicht nach gegen die geplante Media City sprechen. Dabei erhebt die Initiative Vorwürfe nicht nur gegen Investor und Architekt, sondern auch gegen die Stadt. 

Denn, so heißt es in der Einleitung, der bisherige Bebauungsplanentwurf sei veraltet, unvollständig und mangelhaft. „Unweigerlich drängt sich damit die Frage auf, ob die Landeshauptstadt Potsdam ihrer gesetzlich verankerten Pflicht zur Entwicklung der städtebaulichen Konzeption überhaupt in erforderlichem Maße nachgekommen ist“, so die Initiative, die auch im Ausschuss ihre Bedenken formulierte. Die Pläne würden „allen wesentlichen Stadtentwicklungskonzepten und übergeordneten Planungen“ widersprechen. Genannt werden unter anderem Konzepte zu Stadtentwicklung, Klima, Verkehr und Gewerbe. 

Freie Fläche. Das Bauareal für den Libeskind-Neubau am Filmpark Babelsberg ist momentan einen Brache – das Baufeld an der Großbeerenstraße (r.) ist freigemacht.
Freie Fläche. Das Bauareal für den Libeskind-Neubau am Filmpark Babelsberg ist momentan einen Brache – das Baufeld an der Großbeerenstraße (r.) ist freigemacht.

© Andreas Klaer

In der Folge fordert die Initiative deshalb eine Überarbeitung der Pläne. „Die Ausweisung großer allgemeiner Gewerbeflächen mit hohem Versiegelungsgrad, Geschossflächen und Bauhöhen“ stehe dem prägenden Charakter des Stadtteils entgegen und schaffe viele strukturelle Probleme: „Angefangen bei Verkehr, Mikroklima, Umwelt und einem zunehmenden Siedlungsdruck, dem die Infrastruktur nicht gewachsen scheint.“

Kretzschmar sagte, wichtig sei ein konstruktiver Dialog. Für die Bedenken der Bürger:innen habe man „ein offenes Ohr“. Der Investor fügte jedoch hinzu: „Aber wir behalten auch die Vision unseres Architekten Daniel Libeskind im Blick, der sich intensiv damit auseinandergesetzt hat, welche Form von Gebäuden an diesen Ort passen und ihm einen Sinn stiften.“

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