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Wahlprüfsteine verschickt: Studenten prüfen Parteien vor der Landtagswahl

Studenten fragen Parteien: Wie steht es um die Anzahl der Wohnheimplätze und die Mensa-Qualität? Die AfD reagierte nicht auf Fragen, bei der CDU gab es Verzögerungen.

Potsdam - Welche Parteien vertreten die Interessen der rund 50.000 Studierenden in Brandenburg am besten? Mit sogenannten Wahlprüfsteinen bieten die Studentenwerke in Potsdam und Frankfurt (Oder) vor der Landtagswahl am 1. September Orientierungshilfe. Ihren Katalog mit 16 Fragen hat nur die AfD nicht beantwortet. Bei der CDU gab es Verzögerungen.

Mehr als die Hälfte aller Studenten, insgesamt rund 25.400 Frauen und Männer, ist an den drei öffentlichen Potsdamer Hochschulen eingeschrieben, viele haben gerade in der Landeshauptstadt große Schwierigkeiten, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Studentenwerke fragten deshalb SPD, Linke, Grüne, FDP und die Freien Wähler nach Lösungsvorschlägen.

SPD verweist auf Darlehen

Die Sozialdemokraten verweisen unter anderem auf die seit 2014 für Studentenwerke bestehende Möglichkeit, Darlehen beim Land aufnehmen zu können, was etwa beim Neubau einer studentischen Wohnanlage in Golm geschehen sei. Eine Aufnahme von Krediten durch Studentenwerke am Kapitalmarkt lehne die SPD ab. Sie wolle „noch mehr als in den vergangenen Jahren in den Neubau investieren“ und in Brandenburg 2000 neue Wohnheimplätze schaffen.

Die SPD kündigt ein Förderprogramm für Studentenwohnungen an. An jedem Hochschulstandort sei eine Versorgungsquote von 20 Prozent das Ziel. Neue Zahlen des Potsdamer Studentenwerks zeigen, wie schwierig dies wird. Wie das Werk auf Anfrage der PNN mitteilt, kann es derzeit 2337 Wohnplätze anbieten, die Versorgungsquote im Vergleich zu den in Potsdam eingeschriebenen Studenten liege bei 9 Prozent, hieß es seitens des Studentenwerks.

Die Linke diskutiert noch

Die Linke lehnt es bisher nicht grundsätzlich ab, Studentenwerken für Kredite Zugang zum Kapitalmarkt zu ermöglichen. „Das Thema ist bei uns noch in der Diskussion“, heißt es aus der Partei dazu. Man werde gemeinsam mit den betroffenen Kommunen nach Flächen für Neubauten für Studentenwohnungen suchen und auf eine Richtlinie hinarbeiten, mit der auf der Grundlage des Wohnraumfördergesetzes Fördermittel für sozialen Wohnungsbau in Anspruch genommen werden können, so die Linke.

Grüne wollen Kredite erlauben, FDP setzt auf Bauen

Die Grünen wollen den Studentenwerken erlauben, „selbst Kredite aufzunehmen“, allerdings im Rahmen eines Gesamtkonzepts mit Fördergeldern des Bundes, die „mit den Landesmitteln nicht verrechnet werden sollten“. Die Liberalen setzen allgemein aufs Bauen. Dazu plädiere die Partei für eine Entschlackung des Baurechts und beschleunigte Genehmigungsverfahren, hieß es von der FDP. Die Sanierung von Studentenwohnanlagen sei ein wichtiger Baustein eines nachhaltigen Unterhaltungskonzeptes.

Freie Wähler wollen Autonomie der Studentenwerke stärken

Die Freien Wähler kündigen an, im Falle einer Regierungsbeteiligung Fördermittel für die Sanierung und den Erhalt von Studentenwohnanlagen zur Verfügung stellen. Zudem gebe es „keine sachliche Begründung“ dafür, Studentenwerken das Land als alleinigen Darlehensgeber vorzuschreiben. Die finanzielle Autonomie der Studentenwerke müsse „gestärkt werden“.

Dass die Qualität der Mensen verbesserungsfähig ist, räumen alle Parteien in ihren Reaktionen ein. Die Einrichtungen werden auch von den Studentenwerken betrieben. Die SPD befürwortet die Sanierung und den Ausbau der Mensa-Kapazitäten im Rahmen eines Hochschulsozialpakts und will sich mit einer Bundesratsinitiative dafür einsetzen. Für die Linke sind in den Mensen bereits „Engpässe spürbar“. Das Land müsse sich daher an den Kosten von Modernisierungen mindestens beteiligen. Linke, Grüne, FDP und Freie Wähler wollen darüber hinaus auch prüfen lassen, ob den Beschäftigten der Hochschulen Mahlzeiten wieder zu denselben niedrigen Preisen wie Studenten angeboten werden kann. Nach einem Bericht des Landesrechnungshofs waren die Hochschulmitarbeiter von den vergünstigten Preisen in den Mensen ausgeschlossen worden.

Bei der CDU gab es Verzögerungen

Die CDU beantwortete die Fragen der Studentenwerke zunächst nicht. Die Fragen seien nicht an die CDU-Landesgeschäftsstelle übersandt worden, sagte Brandenburgs CDU-Generalsekretär Steeven Bretz auf PNN-Anfrage – daher habe sich die Beantwortung leider verzögert. „Das bedauern wir sehr.“

Bretz wirft der rot-roten Landesregierung vor, den studentischen Wohnungsbau in Potsdam „nahezu komplett verschlafen zu haben“. Das teilte er am Dienstag mit, Anlass war eine Antwort des Wissenschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Union. 

Demnach fördere das Land derzeit nur den Neubau eines Wohnheims mit 308 Plätzen in Golm für 16,9 Millionen Euro – dabei erhält das Studentenwerk 12,9 Millionen Euro durch Zuschüsse und Darlehen. Und auf dieses Projekt habe das Land schon bei Anfragen aus 2017 und 2018 verwiesen, kritisierte Bretz. Tatsächlich seien vor dem Neubau vor Ort 189 Plätze durch den Abriss eines Hauses weggefallen. 

In der Antwort räumt das Land auch ein, die Situation in Potsdam sei durchaus angespannt, es bestünde Handlungsbedarf. Bretz erklärte, angesichts steigender Studentenzahlen werde sich die Lage verschärfen. So müssten für das Studentenwerk endlich Mittel der sozialen Wohnraumförderung zur Verfügung stehen: „Gefordert wird das vom Studentenwerk seit Jahren, der Ruf verhallte bei der Landesregierung bisher ungehört.“ 

Gleichwohl kündigt das Land nun konkrete Abstimmungsgespräche zu diesem Thema an – auch für den geplanten Bau eines weiteren Wohnheims in Golm mit 358 Plätzen. Hier sollen demnach Mittel der sozialen Wohnraumförderung eingesetzt werden, so das Ministerium. 

Die kompletten Antworten der Parteien zu den Wahlprüfsteinen haben die Studentenwerke aus Potsdam und Frankfurt (Oder) online zum Nachlesen aufbereitet.

Carsten Holm

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