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Bedingt befahrbar. 1050 Straßen gibt es in Potsdam, 80 Prozent davon sind sanierungsbedürftig. Doch obwohl die Stadt mehr Geld ausgibt, ist das gar nicht so einfach.

© Christoph Freytag

Wachsender Investitionsstau: Straßensanierung in Potsdam: Stets bemüht

Trotz Mehrausgaben kommt Potsdam bei der Reparatur seiner maroden Straßen nicht hinterher. Die Zahl der Schäden im Straßennetz wächst immer schneller.

Potsdam - Ein großes Ausrufezeichen, schwarz auf weißem, dreieckigem Grund und rot umrandet, buhlt um Aufmerksamkeit. Darunter das Wort „Straßenschäden“. Gleich am Beginn der Schlaatzstraße werden Autofahrer auf das eingestimmt, was kommt: Eine ziemlich verbeulte Buckelpiste aus Pflastersteinen, die an einigen Stellen notdürftig mit Asphaltklecksen geflickt ist. Die Straße in der Teltower Vorstadt zählt zu den Straßen in Potsdam, die sanierungsbedürftig sind.

Die Straßenschäden sorgen für Kritik von der Industrie- und Handelskammer (IHK) und vom Automobilklub ADAC. „Gerade eine wachsende Stadt braucht funktionierende Verkehrsachsen“, sagt IHK-Verkehrsreferent Johannes Ginten. Die Instandhaltung des Straßennetzes sei eine vorausschauende Investition. „Wenn man lange nichts macht, wird es später unter Umständen teurer.“

Die Bestandaufnahme der Straßenschäden in Potsdam wird Jahr für Jahr dramatischer 

Auch beim ADAC kennt man die Situation. Der Verfall beschränke sich nicht nur auf die Straßen in der Stadt. „Die Infrastruktur ist allgemein in die Jahre gekommen“, so ADAC-Experte Jörg Becker. Wichtig sei nicht nur, die Mittel zu erhöhen, sondern die Arbeiten auch zu koordinieren. Außerdem solle nachhaltig gebaut werden, damit die reparierten Straßen nicht kurze Zeit später wieder aufgerissen werden müssen.

Schilder wie an der Schlaatzstraße könnte die Straßenverkehrsbehörde eigentlich überall an der Stadtgrenze aufstellen. Denn „80 Prozent der Verkehrsflächen sind großflächig sanierungsbedürftig“, wie es jüngst in einer Antwort der Stadtverwaltung auf eine Kleine Anfrage des AfD-Stadtverordneten Dennis Hohloch hieß. Die Anfrage stellt die Fraktion jedes Jahr. Und die Antworten der Stadtverwaltung werden von Mal zu Mal dramatischer: Mittlerweile ist der sogenannte Instandhaltungsrückstau auf rund 60 Millionen Euro angewachsen. So viel Geld müsste ausgegeben werden, um die maroden Straßen in der ganzen Stadt wieder in guten Zustand zu versetzen. Noch 2012 hatte die Stadt den Instandhaltungsrückstau auf 25 Millionen Euro geschätzt.

Investitionen in das Straßennetz steigen - aber längst nicht so schnell, wie die Schäden

Zwar hat Potsdam in den vergangenen Jahren stetig mehr Geld für die Instandhaltung bereitgestellt: Noch 2010 standen nur 1,7 Millionen Euro dafür zur Verfügung. In diesem Jahr sind es fast 4,2 Millionen Euro inklusive einer Rückstellung von einer halben Million Euro aus dem Vorjahr. In den letzten sieben Jahren wurden nach Angaben der Stadtverwaltung insgesamt rund 20 Millionen Euro für die Unterhaltung der Straßen, Wege und Plätze eingesetzt.

Doch man kommt dem Verfall einfach nicht hinterher. Er ist immer schneller. Das hat mehrere Ursachen: Über viele Jahre wurde schlicht zu wenig Geld in Instandhaltung und Modernisierung des Netzes gesteckt. Und das, obwohl die Infrastruktur schon vor der Wiedervereinigung vielerorts heruntergekommen war. Noch heute gibt es in den Plattenbaugebieten viele Betonstraßen aus der DDR-Zeit, die nicht ein einziges Mal saniert wurden.

Geld für Reparaturen wird auch für Geh und Radwege ausgegeben

Außerdem wird das Geld, das der Stadtverwaltung für die Instandhaltung der Verkehrsflächen zur Verfügung steht, nicht nur für das 630 Kilometer lange Straßennetz selbst eingesetzt. Es fließt auch in Nebenanlagen wie Fuß- und Radwege, Wege in Grünanlagen, Spielplätze, Uferwege und separate Geh- und Radwege. „Um die Leistungsfähigkeit der Straßen zu gewährleisten, sind wir dennoch bemüht, mit den vorhandenen Mitteln die Gefahren abzuwehren und die Verkehrssicherheit auf den Straßen zu gewährleisten“, so Stadtsprecher Markus Klier.

Ein paar dringende Maßnahmen bereitet die Stadtverwaltung derzeit vor. Dazu zählen die Sanierung des Horstwegs zwischen Nuthestraße und Heinrich-Mann- Allee und der Straße An der Alten Zauche. Auch die Schlaatzstraße steht auf dem Plan. Reihenfolge und Termine stehen noch nicht fest. Zum Fahrbahndeckenprogramm gehören unter anderem die Breite Straße zwischen Dortustraße und Zeppelinstraße, die Alleestraße, die Behlertstraße, die Karl-Liebknecht- und die Rudolf-Breitscheid-Straße. Wann es damit losgeht, sei auch abhängig von dem derzeit in Bearbeitung befindlichen Doppelhaushalt 2018/2019, so Klier. „Eine kontinuierliche Erhöhung der Unterhaltungsausgaben würden wir aber natürlich begrüßen.“

Sind Straßen wichtiger als Kitas 

Allerdings weiß man in der Stadtverwaltung auch, dass der Spielraum begrenzt ist. Die Aufwendungen für Straßenunterhaltung seien zwar etwas erhöht worden. Aufgrund anderer dringender Investitionen in der wachsenden Stadt – zum Beispiel in Schulen und Kitas – konnte nicht so viel Geld wie benötigt für den Straßenbau und den Straßenunterhalt zur Verfügung gestellt werden, heißt es auf PNN-Anfrage.

Auch beim ADAC räumt man ein, dass Potsdam die Mittel erhöht hat. Zufrieden könne man dennoch nicht sein. Bei der IHK heißt es, Investitionen in Schulen und soziale Infrastruktur seien unverzichtbar, aber die Verkehrswege dürfe man nicht vernachlässigen. Sie seien auch wichtig für den Wirtschaftsstandort und für die Attraktivität für Touristen.

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Sicher: Geld kann die Stadtverwaltung nur einmal ausgeben und die Investitionen in Schulen und Kitas sind wichtig. Trotzdem ist es fahrlässig, in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen auf Investitionen in die Infrastruktur zu verzichten, meint PNN-Autor Marco Zschieck in seinem Kommentar

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