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Vorbild aus Rom: Prahlen mit dem Neuen Palais

Preußenkönig Friedrich II. wollte mit dem Bau des Neuen Palais seine Größe demonstrieren. Dabei hat er sie abgekupfert: Die Kolonnaden an den Communs haben ein berühmtes Vorbild.

Ist Potsdam ein kleines Rom an der Havel? Das Museum Barberini hat begleitend zur Barock-Ausstellung den Stadtrundgang „Italien in Potsdam“ aufgelegt. Die PNN veröffentlichen in einer Serie ausgewählte Stationen zum Nachlesen und die entsprechenden Fotos. Wir danken dem Museum Barberini für die freundliche Genehmigung.

Neues Palais

Dieses imposante Schloss ist auf Fernsicht komponiert, schon am Großen Rondell in Sanssouci kommt es in den Blick. Prunkvoll, monumental und von einschüchternden Dimensionen: 230 Meter lang, mit einer 55 Meter schwindelerregend hohen Kuppel, die auf Wirkung ausgelegt ist. Drei Grazien oben auf der Laterne – diese waren schon in der Kunst der italienischen Renaissance ein beliebtes Thema – halten die Preußenkrone.

Ein Wahnsinnsprojekt. Und es entstand als fürstliches Gästeschloss zwischen 1763 und 1767 nach dem Siebenjährigen Krieg. Friedrich hatte diesen Krieg wider Erwarten gegen die drei europäischen Großmächte Russland, Österreich und Frankreich gewonnen. Mit diesem Bau wollte er seine Größe demonstrieren. „Fanfaronade“, Prahlerei, nannte er sein Schloss, ganz ohne Ironie.

Die Fassade zeigt Pilaster und Fensterachsen in strengem Wechsel. Die rote Ziegelstruktur dazwischen ist allerdings nur aufgemalt. Die Skulpturen, darunter auch Krieger in römischen Rüstungen, können die Strenge dieser Architektur nur wenig auflockern.

An der Terrassenseite liegt hinter bodentiefen Fenstern der berühmte Grottensaal. Geheimnisvoll glitzern hier kostbare Edelsteine und Muscheln aus aller Welt. Darüber befindet sich der beeindruckende Marmorsaal, ausgestattet mit schlesischem Marmor und Sandstein aus Sachsen. Die Materialien ließ Friedrich überwiegend aus den gerade eroberten Gebieten heranschaffen.

Das riesige Deckengemälde im Marmorsaal schildert eine Erzählung aus den Metamorphosen des Ovid: die Aufnahme Ganymeds in den Olymp. Dem Mythos nach wurde der schöne Hirtenknabe von den Göttern als Mundschenk ausgewählt. Dass Friedrich sich damit natürlich selbst in den Olymp erhob, war für den Betrachter der Zeit unmissverständlich.

Die Metamorphosen des römischen Schriftstellers Ovid gehörten zu den Lieblingsgeschichten Friedrichs und sie sind im Ausstattungsprogramm aller seiner Schlösser zu finden.

Das Vorzimmer der Gästewohnung im Erdgeschoss ist als Gemäldekabinett mit Werken italienischer Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts eingerichtet. In der oberen Galerie sind in die Wanddekoration Gemälde italienischer Meister des 17. Jahrhunderts eingefügt, unter anderem von Artemisia Gentileschi. Die beiden Werke dieser Künstlerin sind während der Ausstellung „Wege des Barock“ im Museum Barberini zu sehen.

Communs mit Kolonaden

Es ist eine Architektur, wie sie kaum beeindruckender sein könnte: zwei symmetrisch angeordnete palastartige Pavillonbauten mit einem Kuppelaufsatz und Säulen vor den Eingängen, zu denen schwungvolle Freitreppen emporführen. Verbunden sind sie durch eine halbrunde Kolonnade mit einem 24 Meter hohen Triumphtor in der Mitte. Hier fühlt man sich sofort an Rom erinnert, an den Petersplatz mit seinen Kolonnaden, das Meisterwerk des Architekten Gian Lorenzo Bernini. Dort rahmen sie den Platz vor dem Petersdom, dem Zentrum der Katholischen Kirche.

Und hier in Potsdam? Kaum zu glauben, doch die prächtigen Pavillons gegenüber des Neuen Palais sind nichts weiter als Wirtschaftsgebäude, Communs genannt: Hier wohnten die Bediensteten und arbeitete die Hofverwaltung. Und man stelle sich vor: im Erdgeschoss des linken Communs befand sich die Schlossküche. Das Essen, das in kleinen Wägelchen über den Hof und später durch einen unterirdischen Tunnel ins Schloss gebracht wurde, war auf dem Weg dorthin sicher wieder kalt geworden.

Die Communs mit den Kolonnaden am westlichen Ende von Park Sanssouci wirken wie Bühnenbilder. Sie verstärken den Eindruck, dass Friedrich Potsdam zu einem Rom des Nordens machen wollte. Der Architekt, der die Anlage 1766 errichtete, war Carl von Gontard. Die Göttinnen Fama und Fortuna leuchten weithin als goldene Gestalten von den beiden Kuppeln. Sie sind die Ruhmeskünderinnen Friedrichs, ganz im Zeichen der Cäsaren der römischen Antike, die Friedrich als Maßstab seiner eigenen Größe dienten.

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