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Von Michael Reis: Sanssouci-Mühle wird wiedereröffnet Frederic Schüler ist seit 2002 der Müller in Deutschlands wohl berühmtester Mühle

Jeden Morgen klettert Frederic Schüler die schmalen Holztreppen im Inneren der Windmühle empor. In zehn Meter Höhe entrollt er die Segeltücher auf den Flügeln der Mühle.

Jeden Morgen klettert Frederic Schüler die schmalen Holztreppen im Inneren der Windmühle empor. In zehn Meter Höhe entrollt er die Segeltücher auf den Flügeln der Mühle. Mit einem festen Ruck an einem Seil löst er die Bremsen, und das Windrad beginnt sich zu drehen. Schüler ist seit 2002 Müller in der nach Einschätzung der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg bekanntesten Mühle Deutschlands – der Historischen Mühle im Park Sanssouci in Potsdam. Nach siebenmonatiger Sanierung wird sie am heutigen Freitag wiedereröffnet.

„Es war ein großer Glücksfall, dass ich in diesem Gebäude als Müller arbeiten darf“, sagt der 31-Jährige. Bereits als 15-Jähriger fuhr Schüler in den Sommerferien mit seinem Fahrrad und einem Schlafsack im Gepäck von Potsdam nach Halle, um bei einem Müller arbeiten zu dürfen. Die Nächte verbrachte der Junge teilweise in der Mühle. „Manche Kinder wollen Lokführer werden, ich wollte schon immer Müller werden“, sagt Schüler. Heute mahlt er in der Historischen Mühle im Durchschnitt eine halbe Tonne Getreide am Tag. Der Großteil des Mehls werde an Privathaushalte oder im mühleneigenen Laden verkauft, sagt Schüler.

Neben dem Verkauf von Mehl ist die Haupteinnahmequelle der Mühle das Museum. Die Ausstellungsräume befinden sich in den ersten drei Etagen des sechsgeschossigen Bauwerks. Hier können sich Besucher unter anderem über die Geschichte der Mühle in Sanssouci informieren.

Ende Oktober 2009 wurde der Museumsbetrieb für die Sanierung des Gebäudes eingestellt. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) investierte nach eigenen Angaben über 250 000 Euro in die Arbeiten an der Mühle. Die Sanierung dauerte bis Juli. „Die komplette Galerie, die den Besuchern als Aussichtsplattform rund um das Gebäude dient, ist erneuert worden“, sagt Torsten Rüdinger, Vorstandsmitglied der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg und Museumsleiter. Das Kernstück der Arbeiten sei der Austausch eines wichtigen Stützbalkens gewesen. Der Wellbalken, der die Antriebswelle des rund drei Tonnen schweren Windrades trägt, sei vor der Sanierung „völlig morsch“ gewesen. Der Museumsleiter geht davon aus, dass die Besucherzahlen im Vergleich zu den Zeiten vor der Sanierung leicht steigen. Rüdinger erwartet rund 60 000 Besucher pro Jahr.

Frederic Schüler steht auf der Galerie der Mühle, während das Windrad mit seinen zwölf Meter langen Flügeln an ihm vorbeirauscht. „Der Grund, weshalb ganz Deutschland unsere Mühle kennt, liegt in den vielen Besuchern von Sanssouci“, sagt der Müller und deutet auf den Schlosspark. Viele seien sehr überrascht, hier eine funktionsfähige Mühle vorzufinden und wollten es dann ganz genau wissen. Bei Führungen durch das Gebäude erklärt Müller den Besuchern auch die Geschichte des Gebäudes. Die Mühle wurde 1738 von Müller Johan Wilhelm Grävenitz erbaut. Der Legende nach soll sich Friedrich der Große (1712-1786) am Geklapper der Mühle gestört haben und den Müller Grävenitz aufgefordert haben, die Mühle abzureißen. Grävenitz soll jedoch mit dem Gang vor das Kammergericht in Berlin gedroht haben, woraufhin der König sich seinem Schicksal fügte und den Müller schließlich doch gewähren ließ.

Im April 1945 brannte die Mühle nach einem Bombenangriff völlig ab. Zur 1000-Jahr-Feier der Stadt Potsdam im Jahr 1993 war die Mühle im Wesentlichen wieder aufgebaut. Konstruktionsfehler während des Wiederaufbaus führten dazu, dass das Gebäude jetzt saniert werden musste.

Schüler ist froh darüber, dass das Gebäude wieder funktionsfähig ist. „Manche Müller mögen ihre Arbeit nur im Herstellen von Mehl sehen, für mich bedeutet es mehr“, sagt Schüler. Trotz aller Liebe zum Beruf schläft der Müller heute nicht mehr in der Mühle. Das heimische Bett sei da doch bequemer.

Michael Reis

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