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Von Guido Berg: Mitteschön begrüßt Leitbauten-Konzept

Bedeutende Gebäude der Mitte entstehen als „historische Eckzähne“ neu – auch der Plögersche Gasthof

Innenstadt - Das von der Bauverwaltung im Stadtforum am gestrigen Abend vorgelegte Leitbautenkonzept für die Potsdamer Mitte wird von der Bürgerinitiative Mitteschön uneingeschränkt begrüßt. „Von uns kommt hundertprozentige Zustimmung“, erklärte gestern der Kunsthistoriker und Mitteschön-Aktive Joachim Kuke den PNN.

Das Leitbautenkonzept wurde maßgeblich durch die beiden Potsdamer Architekten Bernd Redlich und Christian Wendland erarbeitet. Bereits ein hochkarätig besetzter Experten-Workshop, bei dem laut Kuke auch Bürgervertreter vertreten waren, habe das Konzept „ziemlich einmütig akzeptiert“. Wird das Leitbautenkonzept von den Stadtverordneten beschlossen, bedeutet dies Kuke zufolge, „dass sich Potsdam in seiner Mitte für den Wiederaufbau einer Reihe von durch Krieg und Abriss zerstörten architektonisch kunsthistorisch bedeutenden Bürgerhäusern entscheidet“. An diesen „historischen Eckzähnen“ könne dann alles Weitere aufgehängt werden: Kleinteiligkeit als Bedingung für Lebendigkeit, qualitätvolle, Potsdam-gemäße, nachhaltige neue Architektur ohne Effekthascherei, Wiederbelebung der verschwundenen Mitte. Kuke nennt das Konzept „einen tollen Anfang“ – auch bei der Wiederbebauung weiterer 60 bis 80 zerstörter Innenstadt-Parzellen sei den Bauherren anheim gestellt, nach historischen Vorbildern zu bauen. Kuke: „Aber nicht alles in Potsdam war konkurrenzfähig mit Rom, Paris und London“ – daher sollte links und rechts der Leitbauten auch „eine qualitätvolle, nachhaltige Moderne eine Chance bekommen“.

Dem Leitbauten-Konzept zufolge sollen acht kunsthistorisch, städtebaulich und architektonisch herausragenden Gebäude, die Krieg und Abriss zum Opfer fielen, in ihrer Kubatur und mit einer original-getreuen Fassade wiederentstehen. Beim Palais Barberini am Alten Markt sollen Architekt Wendland zufolge auch die Räume im Erdgeschoss und der gewölbte Durchgang rekonstruiert werden. Diskutiert worden war bis dato noch die Frage, ob auch der Plögersche Gasthof an der Ecke Schlossstraße ein Leitbau werden soll, da er wegen der Tram-Trasse um einige Meter verschoben werden muss. Der prachtvolle Bau entstand 1754 nach dem Vorbild des Palazzo Valmarana in Vincenza, entworfen durch Andrea Palladio. Nun ist die Entscheidung offenbar zugunsten des von 1819 bis 1945 als Kommandantur genutzten Gebäudes gefallen: Der Plögersche Gasthof ist „aus stadtkompositorischen Gründen unverzichtbar“, sagte Wendland den PNN. Gleichsam sehe das Konzept eine Rekonstruktion des unmittelbaren Gegenübers des Acht-Ecken- Hauses auf der Westseite in der Friedrich-Ebert-Straße vor. Auf der anderen, östlichen Seite – jetzt Fachhochschule – soll es Wendland zufolge eine städtebauliche Rekonstruktion in moderner Architektur mit Spiegelverglasung geben.

Wendland verteidigte gegenüber den PNN die Rekonstruktionsbemühungen vor dem Vorwurf „retrovertierter Verzagtheit“. Was da an Gebäude-Fassaden wieder entstehen soll, seien Adaptionen bester italienischer Renaissance-Bauten gewesen. „Und uns geht es um eine Wiedergeburt der Altstadt Potsdams“, erklärte der Architekt, der für seine Kritik an der „bewussten Stadtbildzerstörung“ zu DDR-Zeiten im Gefängnis saß. Bei der Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte müsse „die Historie das Sagen haben, nicht die Moderne“.

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