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Bunte Computerspiele-Welt: Mathias Löwe (o. l.) von der Initiative Creative Gaming ist einer der Mitorganisatoren des play 10-Festivals für kreatives Computerspielen, das ab heute in den Bahnhofspassagen stattfindet. Dabei soll der kritische und schöpferische Umgang mit Computerspielen gefördert werden.

© A. Klaer / Promo

Von Eva Schmid: Walzer tanzen im Egoshooter

Computer spielen mal ganz anders: Bei „play 10“ in den Bahnhofspassagen wird ab heute kreativ gezockt

Von Eva Schmid

In einem großen Raum in den Bahnhofspassagen stellen junge Menschen unzählige Laptops auf Tische, vernetzen diese und installieren Software: Die Vorbereitung für das ab dem heutigen Donnerstag stattfindende Computerspielefestival „play 10“ läuft auf Hochtouren. Einer der jungen Organisatoren ist Jakob Kopczynski von der deutschlandweit aktiven Initiative „Creative Gaming“. Der ausgebildete Medientechniker hatte vor drei Jahren zusammen mit Medienpädagogen und -künstlern die Idee, mit seiner Initiative pädagogisches Neuland zu betreten: Sie entdeckten Möglichkeiten, wie man Egoshooter, Rollenspiele und andere Games kreativ nutzen kann.

Mitten in der Diskussion um Ballerspiele und aggressive Jugendliche fing die Initiative Creative Gaming an, sogenannte Machinimas zu entdecken. „Wir bemerkten, dass die Machinimas super bei den Jugendlichen ankamen, mit denen wir Workshops zur Förderung der Medienkompetenz gemacht hatten.“ Machinimas sind kleine, konzipierte Filme, die aus Elementen und Figuren von bekannten Games bestehen. Man kann sich ausdenken, was zum Beispiel Lara Croft machen soll. Wenn man sein eigenes Drehbuch fertig hat, werden verschiedene Sequenzen während des Spiels per Videokamera aufgenommen, diese mit einem Schnittprogramm zusammengestellt und plötzlich macht Lara Croft genau das, was im Drehbuch steht. Sie kann tanzen, Berge besteigen oder ihre Waffen wegwerfen. Mit Hilfe eines Mikrofons kann man sogar live einsprechen, was Lara Croft sagen soll.

„Unser Ziel ist es, dass Jugendliche hinter Computerspiele schauen“, erklärt Medientechniker Kopczynski. Die Kids müssen sich die Ziele des Spiels überlegen, Regeln einbauen und sich Handlungsstränge für Figuren ausdenken. „Es geht nicht nur um das Konsumieren, sondern darum, zu verstehen, wie Games funktionieren und wie man sie ganz einfach selbst zusammensetzen kann.“ In den Schulworkshops der Initiative an Schulen seien die Kinder immer begeistert, denn sie sind plötzlich Drehbuchautor, Regisseur und Spieler in einem.

Für Kinder sei das Besondere das Basteln und der kreative Umgang mit etwas, mit dem sie bereits sehr vertraut sind. Besonders großen Spaß bringe die Tanzstation, eine von vier Mitmachstationen, die auf dem Festival „play 10“ angeboten werden. Hier sitzen mehrere Jugendliche an Rechnern, die miteinander vernetzt sind und spielen das düstere Ballerspiel „Counterstrike“. Die Aufgabe besteht darin, dass jeder Spieler eine Figur übernimmt und alle Spieler sich zusammen eine Tanzchoreographie ausdenken. Das heißt, per Tastatur werden die virtuellen Figuren synchron zum Armheben, Umdrehen oder gegenseitigem Auf-die- Schulter-klettern bewegt. Keines der Kinder denkt daran, eine andere Spielfigur abzuschießen, was eigentlich Ziel des Spiels ist. Ihnen liegt vielmehr daran, die selbst gewählte Choreographie mit allen Spielern perfekt abzustimmen, sodass sich die Figuren snychron bewegen. Wenn eine Figur also tot ist, gibt es weniger Tänzer. Kopczynski erzählt lachend, „dass sich die meisten dafür extra im realen Raum hinstellen und das erstmal selber ausprobieren, bevor sie ihre Figuren per Tastaturbefehl hüpfen lassen.“

Unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung und weiteren Verbänden führt die „Creative Gaming“-Initiative eigentlich auch Workshops an Schulen durch. In diesem Jahr aber verwehrte die Medienanstalt Berlin Brandenburg die Unterstützung; Workshops an brandenburgischen Schulen fanden nicht statt. „Es fehlt leider oft an den finanziellen Mittel, um kreatives Spielen in den Lehrplan aufzunehmen“, beklagt Kopczynski. Jedoch haben Schulklassen und Lehrer nun die Möglichkeit, das Thema dieses Wochenende außerhalb des regulären Unterrichts nachzuholen.

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