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Update

Vermisste Sechsjährige in Potsdam: Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs: Tatverdächtiger in U-Haft

Die Polizei hat eine vermisste Sechsjährige aus Potsdam am Sonntag nach 22 Stunden wiedergefunden. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf schweren sexuellen Missbrauch und Freiheitsberaubung. 

Von Valerie Barsig

Potsdam-Drewitz - Im Fall des vermissten sechsjährigen Mädchens ist ein 58-jähriger Deutscher in Untersuchungshaft genommen worden, der sich an dem Mädchen vergangen haben könnte. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Montag mit. Der Antrag auf Untersuchungshaft sei auch wegen Fluchtgefahr beim Amtsgericht in Potsdam gestellt worden. Ob der Mann selbst aus Drewitz oder Potsdam stamme, wollte die Staatsanwaltschaft nicht bestätigen. 

Die Untersuchung der Sechsjährigen im Krankenhaus hätten den Tatverdacht auf ein Sexualdelikt ergeben, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam, Markus Nolte, am Montagnachmittag auf PNN-Anfrage. 

Der Beschuldigte konnte bisher noch nicht vernommen werden. Dies habe „persönliche Gründe“, sagte der Sprecher, mehr könne man zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Auch dazu, ob der Verdächtige bereits vorbestraft oder anderweitig polizeibekannt ist, wollte Nolte keine Angaben machen. Aus ermittlungstaktischen Gründen werde man vorerst ebenfalls nicht mitteilen, wie man auf den Tatverdächtigen gekommen sei. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes gab es am gestrigen Montag auch keine weiteren Informationen, wie es dem Mädchen inzwischen geht. Nolte sagte nur: „Es ist verletzt.“ 

Das Mädchen war in Drewitz wieder aufgetaucht.
Das Mädchen war in Drewitz wieder aufgetaucht.

© Manfred Thomas

Video: Valerie Barsig

Die Sechsjährige verschwand am Samstag

Das Mädchen war am Samstagnachmittag aus dem Porta-Möbelhaus in Potsdam-Drewitz verschwunden, wo sie zuvor mit ihrem Vater und ihren drei Geschwistern einkaufen war. Der Vater sah sie noch im Fahrstuhl nach unten ins Erdgeschoss des Gebäudes fahren und aus dem Möbelmarkt hinauslaufen und nach rechts abbiegen. Als er ebenfalls unten ankam, war sie verschwunden. 

Laut PNN-Informationen soll das Mädchen nach ihrem Wiederauffinden am Sonntag angegeben haben, "geklaut" worden zu sein. Sie konnte sich dann wohl selbstständig aus einer Wohnung in Drewitz befreien. Nachdem der Vater zunächst Bekannte alarmiert hatte, die erfolglos nach dem Mädchen suchten, informierte er am Samstagabend die Polizei, die mit einem Großaufgebot nach der Sechsjährigen suchte.

22 Stunden verschwunden 

Insgesamt 22 Stunden musste ihre Familie bangen, bis eine Polizistin die Sechsjährige gegen 13.45 Uhr am Sonntag weinend auf der Straße in Drewitz wiederfand. Dort hatten die Beamten Keller und Hauseingänge durchsucht und das Mädchen unweit ihres Wohnortes, nahe der Konrad-Wolf-Allee wiedergefunden. Laut Angaben der Polizei wurde die Sechsjährige von Beamten der Kriminalpolizei kindgerecht befragt und von einem Arzt untersucht, später auch in ein Krankenhaus zu weiteren Untersuchungen gebracht.

Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen übernommen

Am Sonntag hatte dann die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung übernommen, aber zunächst noch keine weiteren Informationen veröffentlicht. Am Abend berichtete dann zunächst die Märkische Allgemeine, dass das Mädchen Opfer eines Verbrechens geworden ist. Nun wird wegen des Verdachts auf schweren sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit Freiheitsberaubung ermittelt. 

Nach PNN-Informationen, die die Staatsanwaltschaft bislang allerdings nicht bestätigen wollte, habe sich das Mädchen aus einer Wohnung im Hertha-Thiele-Weg in Drewitz herausgeschlichen und die betreffende Wohnungstür offen stehen lassen. Dort hatte die Polizei einen Mann angetroffen, der vorläufig festgenommen wurde. 

Was soll man machen, wenn das eigene Kind verschwindet?

Dass Kinder und Jugendliche verschwinden und als vermisst gemeldet werden, ist nicht selten: laut einer privaten Hilfsorganisation 60.000 Mal im Jahr. Glücklicherweise tauchten sie in mehr als 99 Prozent aller Fälle wohlbehalten wieder auf, heißt es auf der Homepage der "Initiative vermisste Kinder".

Dort können sich Eltern Tipps für den Notfall holen: "Erstatten Sie unverzüglich eine Vermisstenanzeige bei der Polizei", "Rufen Sie seine Freunde und andere Eltern an" und "Achten Sie darauf, dass Ihr eigener Telefonanschluss für einen Anruf Ihres Kindes frei bleibt".

In Potsdam und Berlin denken viele Menschen mit Entsetzen an die Tötungen von Elias (6) und Mohamed (4) zurück. Die zwei Jungen wurden 2015 entführt: der eine in Potsdam-Schlaatz, der andere vor einer Flüchtlingsbehörde in Berlin. Der Täter lockte die Jungen an, missbrauchte sie und brachte sie um. Im Sommer 2016 wurde Silvio S. vom Landgericht Potsdam wegen Mordes und Kindesmissbrauchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Vor Gericht geht es gerade darum, ob er nach dieser Strafe in Sicherungsverwahrung kommt.

In Sachsen ermittelt die Polizei derzeit wegen einer versuchten Entführung. Am 11. April versuchte demnach ein Unbekannter in Mülsen, ein 13-jähriges Mädchen zu verschleppen. Der Mann soll die Schülerin morgens in einen Transporter gezerrt haben. Als der Wagen nach einigen Minuten hielt, wehrte sich das Mädchen der Polizei zufolge mit Schlägen und Tritten und konnte fliehen. Der Mann sei daraufhin weggefahren.

Fast sieben Wochen später hat die Polizei noch keine entscheidende Spur. Man habe mehr als 140 Hinweise bekommen und arbeite diese immer noch ab, sagt ein Sprecher am Montag auf dpa-Anfrage. "Wir gehen allen Hinweisen nach." Auch der Fahndungsaufruf mit einem Phantombild habe bisher keinen Erfolg erbracht. (mit dpa)

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