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Immer mehr Menschen pendeln zur Arbeit nach Potsdam, oft legen sie mehr als 50 Kilometer zurück.

© PNN / Ottmar Winter

Verkehr in Potsdam: Zahl der Pendler steigt

Die Pendlerzahlen nach und aus Potsdam sind gewachsen. Das hat auch mit dem Wohnungsmarkt zu tun. IG Bau fordert "massive Investitionen".

Von Florian Kistler

Potsdam - Die Zahl der Berufspendler nach Potsdam hat einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2018 kamen etwa 47.000 Menschen zum Arbeiten regelmäßig von außerhalb in die Landeshauptstadt. Das ergab eine Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Damit ist die Zahl der Menschen, die in Potsdam arbeiten, aber nicht wohnen, seit dem Jahr 2000 um 19 Prozent gestiegen. Die Gründe hierfür sieht Rudi Wiggert, Gewerkschafter und Bezirksvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) Mark Brandenburg, im Wohnraummangel. „Eine wachsende Zahl von Menschen kann sich die hohen Mieten und Immobilienpreise aber gerade dort nicht mehr leisten, wo in den letzten Jahren besonders viele Jobs entstanden sind.“ Folglich würden immer längere Staus entstehen, Züge seien überfüllt. Er fordert, es müsse „viel mehr als bisher“ investiert werden, um bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen und Ballungsräumen zu schaffen.
Nach Angaben von Stadtsprecher Markus Klier hat die Stadt Potsdam das städtische Wohnungsunternehmen ProPotsdam in den vergangenen Jahren durch Neubau den Wohnungsbestand kontinuierlich erweitert. So sei für das Jahr 2019 die Fertigstellung von 404 Wohnungen geplant.„Im Rahmen der in 2017 fortgeschriebenen Wohnungsbaupotenzialanalyse geht die Potsdam von insgesamt 16710 Wohnungen aus, die bis zum Jahr 2035 entstehen können“, so Klier.

Forderung nach massiven Investitionen

Um den Pendlerströmen Herr zu werden, fordert Gewerkschafter Wiggert aber auch „massive Investitionen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur“. Der Nachholbedarf sei extrem groß. 
Dieser Meinung ist auch der Potsdamer Verkehrsexperte Michael Ortgiese, bis vor Kurzem Professor für Verkehrswesen an der Fachhochschule in Potsdam. Er sagt, dass die Situation in Potsdam aufgrund der Nähe zu Berlin besonders sei. „Es gibt zwei Pendlergruppen: Zum einen Menschen, die vom Umland nach Potsdam pendeln. Zum anderen Potsdamer, die nach Berlin in die Arbeit fahren.“ Tatsächlich sind auch die sogenannten Auspendler seit dem Jahr 2000 stark gestiegen, um 54 Prozent auf derzeit 34.000 Menschen.
Ortgiese ist es wichtig, dass diese beiden Gruppen unterschiedlich betrachtet werden. Die Auspendler nach Berlin seien „gut auf der Schiene untergebracht“. Er empfiehlt jedoch, die Kapazitäten weiter zu steigern. „Die Pendlerzahlen wachsen schließlich weiter“, so Ortgiese. Für die Einpendler in die Landeshauptstadt müsste es mehr alternative Angebote geben. Gemeint seien damit die öffentlichen Verkehrsmittel. Ortgiese räumt aber ein, dass das nicht leicht sei. „Die Pendler aus dem Umland sind breit gestreut. Ein Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel ist da oft schwierig, weil es keine klaren Ströme gibt.“ Der Verkehrsexperte empfiehlt mit dem Umland gemeinsam ein Konzept zu erarbeiten, um die Pendlerströme besser in den Griff zu bekommen. „Alleine schafft man das nicht.“

In größeren Räumen denken

Dem stimmt auch Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam, zu. „Wir sollten hier größer denken als nur zwischen Potsdam als Landeshauptstadt und den Pendlern aus Landkreisen wie Potsdam-Mittelmark, Havelland, Teltow-Fläming oder der Stadt Brandenburg an der Havel.“ Er fordert ein „Metropolenraum-Management“ für die gesamte Hauptstadtregion. „Hier muss auch, und gerade, wenn es um Pendlerströme geht, Berlin einbezogen werden, damit die zukünftige Entwicklung optimal gesteuert und der Verkehr entsprechend geplant werden kann.“
Gleichzeitig sagt Verkehrsexperte Ortgiese, dass es sinnvoll sei, Radschnellwege punktuell auszubauen. „Das könnte ich mir auch zwischen Berlin und Potsdam gut vorstellen. Vor allem in Hinblick auf die neuen Möglichkeiten durch den elektrischen Fahrradantrieb.“ Eine Möglichkeit sei auch, Sharing-Modelle einzusetzen. Das betreffe dann vor allem die sogenannte „letzte Meile“, also die letzten Meter vom Zuhause beziehungsweise dem Arbeitsplatz zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Die Landeshauptstadt selbst arbeite derzeit an der Fortschreibung des Nahverkehrsplans, so Sprecher Klier. „Dabei werden zahlreiche Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs getroffen.“ Dazu gehöre beispielsweise eine Busspur von Geltow nach Potsdam. Insgesamt konzentriere sich die Landeshauptstadt darauf, das eigene Wachstum „möglichst verkehrsvermeidend“ zu gestalten. Heißt: Wenn Mobilität notwendig ist, sollen der öffentliche Nahverkehr und Rad im Vordergrund stehen.

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