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Umstrittener Wiederaufbau: Details zur Nutzung des Garnisonkirchenturms veröffentlicht

Wo geht es hinein? Wo kauft man das Ticket für die Aussichtsplattform? Wie viele Menschen passen in die Kapelle? Diese Fragen hat die Stiftung nun beantwortet. 

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Für den Turm der Garnisonkirche gibt es jetzt ein Nutzungskonzept – zumindest in groben Zügen. Bei einem Baustellenrundgang, zu dem die Stiftung für den Wiederaufbau am gestrigen Freitag geladen hatte, wurden die Räume im Erdgeschoss sowie im ersten und im zweiten Obergeschoss vorgestellt – der Bau ist mittlerweile etwa 17,5 Meter hoch. 

Baustelle Garnisonkirche.
Baustelle Garnisonkirche.

© Sebastian Gabsch PNN

Ein interessantes Detail erfuhren die geladenen Journalisten gleich zu Beginn des Rundgangs: Der Zugang zu dem Turm, der am Ende 88 Meter hoch sein wird, soll nicht über das große Portal an der vielbefahrenen Breiten Straße, sondern an der dem Filmmuseum zugewandten Seite des Turms erfolgen. Nur bei besonderen Anlässen werde das Portal geöffnet, so der Kommunikationsvorstand der Stiftung, Wieland Eschenburg. 

Nur 40 Personen dürfen gleichzeitig im Turmschaft sein

Vom seitlichen Eingang gelangen die Besucher in ein Foyer, wo der Aufzug in den Turm bestiegen werden kann – wie berichtet wird die Aussichtsplattform in 57 Metern Höhe barrierefrei zugänglich sein. Im Foyer können auch die Tickets für die Plattform erworben werden. Die Stiftung rechnet mit einem großen Andrang von mindestens 80.000 Besuchern jährlich, allein schon wegen der spektakulären Aussicht: die Plattform wird auf der Höhe des Daches vom Hotel Mercure sein. Allerdings könnte es bei viel Andrang auch längere Wartezeiten geben - schließlich dürfen sich nur maximal 40 Personen gleichzeitig im Turmschaft aufhalten. 

Wie viel der Besuch der Plattform kosten wird, wurde am Freitag noch nicht gesagt. Man wolle nicht deutlich teurer als die anderen Aussichtsorte in Potsdam sein, aber auch keine „Dumpingpreise“ von etwa 3,50 Euro anbieten, sagte Eschenburg Zum Vergleich: Eine Besteigung des Turms der Nikolaikirche kostet fünf Euro.

In der Kapelle könnten Rundgänge beginnen

Im Garnisonkirchenturm gelangen künftige Besucher dann vom Foyer aus in die Kapelle, die sich im Zentrum des Turms befindet. Dort wird es regelmäßig Gottesdienste und musikalische Veranstaltungen geben, so der Theologische Stiftungsvorstand Martin Vogel bei dem Rundgang. Rund 100 Menschen finden dort Platz. Vogel geht davon aus, dass die Kapelle auch eine Art Startpunkt für Rundgänge von Reisegruppen oder Schulklassen sein wird, wo einführende Worte gesprochen werden können. Auch sei es möglich, dass Pfarrer von außerhalb, die den Turm mit Gemeindemitgliedern besuchen, hier eine Andacht halten. 

Wieland Eschenburg.
Wieland Eschenburg.

© Sebastian Gabsch PNN

Bislang ist die Kapelle nur als hoher, gemauerter Raum zu erkennen. Ein Rundfenster zeigt in Richtung Plantage, darunter wird der Altar sein. Auf der der Straße zugewandten Seite wird noch eine Orgel angebracht. 

Café im Erdgeschoss, Seminarräume im zweiten Stock

Von der Breiten Straße aus gesehen links von der Kapelle wird ein kleines Café eingerichtet, 46 Quadratmeter wird es groß sein. Richtung Dortustraße soll auch ein Außenbereich geschaffen werden. Wer es betreiben wird und ob dies möglicherweise die Fördergesellschaft Garnisonkirche sein könnte, wird derzeit noch geprüft, so Eschenburg.  Das erste Obergeschoss, das wegen des hohen Kapellenraums nur wenig Grundfläche hat, wird Sanitärräume und Büros beherbergen, das zweite Obergeschoss mehrere Seminarräume – dort soll auch die Bildungsarbeit stattfinden, die die Stiftung schon lange angekündigt hat. 

Seit 1. April gibt es auch eine offizielle Beauftragte für die Bildungsarbeit bei der Stiftung: die ursprünglich aus Tschechien stammende Hana Hlásková erarbeitet ein „partizipatives Konzept“, so Vogel. Hlásková war zuvor unter anderem im Menschenrechtszentrum Cottbus und bei der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur tätig – ihr Schwerpunkt lag dort jeweils bei der politisch-historischen Bildung. 

Noch keine Details zur Ausstellung

Das Bildungskonzept werde auch im „Dialog“ mit dem Ausstellungskonzept stehen, so Vogel. Weiter ins Detail wollten aber weder er noch Eschenburg gehen. Die Potsdamer Historikerin Maria Schultz ist wie berichtet mit der Erarbeitung eines Konzepts für die Ausstellung im dritten Obergeschoss beauftragt, noch im Januar hatte Eschenburg angekündigt, man werde ihr Werk im Sommer präsentieren. Am Freitag klang dies anders: Dem Kuratorium sei ein 40-seitiges Grundkonzept präsentiert worden, über das man aber noch nichts berichten wolle, so Eschenburg. Soweit werde man erst in etwa einem Jahr sein, sagte er. Eröffnet werden soll der Turm samt Ausstellung im Sommer 2022. 

Debatte über Kirchenschiff geht weiter

Ob es dann mit dem Bau des Kirchenschiffs weitergeht oder nicht, ist noch offen – und war auch am Freitag wieder Thema. Schließlich wird in Potsdam seit Monaten heftig debattiert, ob und in welcher Form das Schiff gebaut werden soll und was vor allem mit dem Rechenzentrum passiert, das ihm im Weg steht. Erst diese Woche fand ein Kompromissvorschlag die Mehrheit der Stadtverordneten, in dem erstmals auch der „weitestgehende oder vollständige Erhalt des Rechenzentrums“ als eine Zukunftsvariante genannt wird. Voraussetzung dafür sei, dass die Stiftung dem zustimme, hieß es in dem Beschluss. 

Doch diese Hoffnung machte Eschenburg am Freitag direkt zunichte. „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Stiftung dem zustimmt“, sagte er. „Das ist unsere Fläche und wir halten an dem Bau fest.“ Aus seiner Sicht müsse das Kirchenschiff nicht zwingend die historische Kubatur haben, es sei nicht ganz so stadtbildprägend wir der Turm. Es sei aber nicht sinnvoll, jetzt schon über das Aussehen des Schiffs zu sprechen, so lange noch nicht klar sei, wie es genutzt werden soll. 

Der Wiederaufbau ist umstritten

Der auch mit Spenden und Steuergeldern finanzierte Wiederaufbau der 1968 gesprengten Garnisonkirche hat viele Kritiker – auch unter Christen. Die Gegner sehen in dem Bau ein Symbol des Militarismus und Treffpunkt rechtsnationaler Bewegungen in den 1920er- und 1930er-Jahren. Sie erinnern auch an den „Tag von Potsdam“, als am 21. März 1933 Reichspräsident Hindenburg dem neuen Reichskanzler Hitler vor der Kirche die Hand reichte. 

Die Stiftung betont dagegen, sie wolle in dem Neubau den Geist der Versöhnung und des Friedens pflegen – und etwa in der Ausstellung die Geschichte der Kirche in ihrer „gesamten Ambivalenz“ zeigen, wie Vogel am Freitag erneut betonte. 

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