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CDU-Stadtverordneter und Haus-und-Grund-Chef Lars Eichert.

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Tief im Schuldenberg: Vorstandsmitglieder fühlen sich von CDU-Stadtverordnetem Eichert belogen

Der CDU-Stadtverordnete und Haus-und-Grund-Chef Lars Eichert ist nach Ansicht von Parteifreunden nicht offen mit privaten Schulden umgegangen. Nun könnte er untragbar für seine Partei werden.

Potsdam - Der erst wieder ins Stadtparlament gewählte CDU-Kommunalpolitiker Lars Eichert ist in seiner Partei erheblich unter Druck geraten. Der CDU-Vorstand von Eicherts Stadtbezirksverband Drewitz/Stern/Kirchsteigfeld hat bereits Mitte Juni in einem einstimmigen Beschluss gefordert, dass der Stadtverordnete auf sein im Potsdamer Süden gewonnenes Mandat verzichten und auch sein Amt als Schatzmeister für den Verband niederlegen soll: „Die Vorstandsmitglieder fühlen sich von Ihnen belogen“, heißt es in einem Schreiben des Vorstands an Eichert und die Potsdamer CDU-Spitze, das den PNN vorliegt. Die Reaktion der CDU-Führung ist bemerkenswert.

Er hat hohe Mietschulden

Was ist passiert? Eichert saß für die CDU schon vor der Kommunalwahl im Bauausschuss, setzte sich dort nach eigenen Angaben für bezahlbaren Wohnraum ein. Zugleich ist Eichert der Landesvorsitzende des Verbandes Haus und Grund. Dieser vertritt die Interessen von Hauseigentümern und berät diese auch zur Bonität potenzieller Mieter.

Hier wird es pikant: Denn ausgerechnet Eichert hat selbst seit vielen Jahren bei verschiedenen Gläubigern Mietschulden in mindestens fünfstelliger Höhe, die sie bei dem CDU-Stadtpolitiker bisher nicht eintreiben können. Diesen Umstand haben vor einigen Wochen auch innerparteiliche Kritiker in seiner Partei verbreitet.

Den PNN liegen nun nach mehrwöchigen Recherchen die Aussagen und auch frühere Unterlagen vor, wonach Eichert mindestens zwei Vermieter nicht bezahlen kann und auch nicht gepfändet werden konnte. Es geht um Verfahren aus den frühen 2000er-Jahren, die bis jetzt anhängig sind.

So bestätigte die Bonner Anwältin Karin Binder-Hübenthal auf Anfrage, dass es aus einem früheren Mietverhältnis mit Eichert aus dem Jahr 2003 offene Forderungen von 5500 Euro sowie in der Zwischenzeit angefallene Vollstreckungskosten, Anwaltsgebühren und Zinsen in Höhe von etwa 4700 Euro gebe. „Seither hat er sich erfolgreich sämtlichen Vollstreckungsversuchen entzogen“, so die Juristin. Der letzte erfolglose Versuch liege zwei Jahre zurück.

Es bestehen Zweifel an seiner Mittellosigkeit

Ähnliches erlebt der Anwalt Dirk U. Magerl, selbst auch CDU-Mitglied im Potsdamer Süden: Für Mandanten aus Schwielowsee fordert der Jurist noch 15 000 Euro. Auch diese Summe werde seit bereits rund 15 Jahren vergeblich einzutreiben versucht, so Magerl. Auch Pfändungsversuche seien erfolglos geblieben. Auch von weiteren Gläubigern habe er gehört, so Magerl. Aus seiner Sicht gebe es sogar Zweifel an der von Eichert behaupteten Mittellosigkeit.

Tatsächlich gibt Eichert in einem 2017 erstellten und den PNN vorliegenden Vermögensverzeichnis eines mit dem Fall betrauten Gerichtsvollziehers an, dass er als Nebenverdienst lediglich für zwei jährliche Aufsichtsratssitzungen des Verkehrsbetriebs (ViP) insgesamt 1000 Euro sowie monatliche Aufwandsentschädigungen von 195 Euro als Stadtverordneter bekomme – plus 13 Euro pro kommunalpolitischer Sitzung. Ansonsten sei der Jurist Arbeitslosengeld-II-Empfänger, angegeben wurde damals auch eine „bescheidene Lebensführung“ und eine Wohnung am Schlaatz.

Eichert selbst: Einkommen sei Privatangelegenheit

Eichert selbst wies die Vorwürfe zurück. Er teilte auf Anfrage mit, dass er „etwaigen privaten Verbindlichkeiten im Rahmen meiner Verantwortung und Möglichkeiten nachkomme“. Er sei aktuell bei Haus und Grund online angestellt und habe seine Einkünfte stets richtig angegeben, wie er deutlich machte. Seine Funktion als Landesvorsitzender von Haus und Grund sei hingegen stets ehrenamtlich erfolgt.

Sein Einkommen und „etwaige wirtschaftlichen Verpflichtungen“ seien eine Privatangelegenheit und damit „grundsätzlich“ nicht von öffentlichem Interesse, so Eichert: „Meine berufliche oder meine politische Tätigkeit sehe ich nicht beeinträchtigt.“ 

Ein Sprecher des Bundesverbandes von Haus und Grund sagte auf PNN-Nachfrage, dass man zu den Bedingungen der Tätigkeit von Eichert als basisdemokratische Organisation keine Kenntnis habe. Nur für die ehrenamtliche Teilnahme an Sitzungen von Haus und Grund Deutschland erhalte Eichert – er sitzt im Bundesvorstand – die tatsächlichen Reisekosten erstattet, ferner ein Sitzungsgeld in Höhe von 60 Euro pro Sitzungstag, so der Bundessprecher. Die Vorwürfe seien vor wenigen Wochen bekannt geworden.

Zu etwaigen Konsequenzen und der Frage, ob sich das alles mit der Tätigkeit für die Organisation verträgt, machte der Verband keine Angaben. In Berlin war Haus und Grund jüngst in die Kritik geraten, weil der Verband dort kurz vor dem Beschluss zum Mietendeckel dazu aufrief, die Chance auf Mieterhöhungen zu nutzen.

Auch Eichert hielt sich mit weiteren Auskünften zurück. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen der Gläubiger gab er nicht ab. Gleiches gilt für die Frage, warum er sich gegen eine mögliche Privatinsolvenz entschieden habe. Unklar ist auch, inwiefern es in seinem Landesverband Kritik an seinem Agieren gibt – eine diesbezügliche Frage blieb von Eichert unbeantwortet.

Vorstand fordert Rücktritt

Auch parteiintern besteht er darauf, dass es sich um seine Privatangelegenheit handelt. Innerhalb der CDU hatte er sich bereits Tage vor der Kommunalwahl zur Wehr gesetzt und laut einer den PNN vorliegenden E-Mail an den Vorstand seines Bezirksverbands, der nun seinen Rücktritt fordert, auch Anzeigen wegen übler Nachrede und Verleumdung ins Spiel gebracht, wenn über ihn Gerüchte verbreitet würden.

Schon weit vor der Kommunalwahl hatte es zwischen Eichert und dem früheren CDU-Stadtverordneten Lothar Wellmann erhebliches Gerangel um eine gute Platzierung auf der Wahlliste im Potsdamer Süden gegeben, er würde bei einem Rücktritt Eicherts auch nachrücken. Und so hatte Wellmann dann, als die Vorwürfe bekannt wurden, auch Eicherts Rücktritt gefordert. Dem hat sich nun der Vorstand des Stadtbezirksverbands angeschlossen. Wellmann ist in dem Gremium Beisitzer, auch Landesgeneralsekretär Steeven Bretz sitzt dort.

Laut besagtem Schreiben an Eichert gehe es dem Vorstand nicht um die zivilrechtlichen Vorwürfe – sondern darum, dass Eichert auch „auf dezidierte Nachfragen von Vorstandsmitgliedern das Vorliegen und die Berechtigung dieser Vorwürfe wider besseres Wissen bestritten habe“. Dieses Verhalten müsse Konsequenzen haben.

Götz Friederich war über die Causa informiert

Der neue CDU-Fraktionschef Clemens Viehrig verwies in der Frage auf CDU-Kreischef Götz Friederich, beiden liegt das Schreiben des Stadtbezirksverbandes vor. Gegenüber den PNN betonte Friederich in dieser Woche, dass Eichert als Stadtverordneter stets zuverlässig gearbeitet habe. Zugleich räumte er ein, dass es vertrauliche Gespräche zu der Situation gegeben habe.

Dabei habe Eichert erklärt, dass er dabei sei, die privaten finanziellen Schwierigkeiten aufzuarbeiten: „Die Partei geht davon aus, dass die Aufarbeitung der privaten Angelegenheit vollständig erfolgt.“  Wie aus einer den PNN vorliegenden internen E-Mail vom 1. Juni an mehrere führende CDU-Mitglieder hervorgeht, war aber auch Friederich bereits vor der Wahl über die Causa informiert: „Ich meine nach wie vor, dass ich vor der Wahl im wohlverstandenen Sinne der Partei gehandelt habe, als es darum ging, zwei Wochen vor der Wahl nicht den ganzen ,Mist’ um Lars Eichert an die Presse gehen zu lassen.

Es hätte in der öffentlichen Wahrnehmung die Partei insgesamt getroffen – unabhängig von der Anprangerung von Lars Eichert, der ohne Frage sich unehrlich verhält. Das Wahlergebnis hätte definitiv gelitten.“ Sollte Eichert nun der Klärung seiner Angelegenheiten nicht nachkommen, werde er öffentlich untragbar, schrieb Friederich intern.

Und Eichert? Der teilte zu der Rücktrittsforderung am Freitag mit: „Ich bin gewählt und habe berechtigte Fragen stets umfassend und richtig beantwortet.“

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