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2020 demonstrierte Verdi für einen Traifvertrag bei Fridericus im Heiligen See.

© Ottmar Winter PNN

Tarifstreit vor dem Ende: Mehr Geld für die Mitarbeiter in den Schlössern

Die Fridericus Servicegesellschaft (FSG) bot Verdi eine Anhebung der Löhne um bis zu 20 Prozent an. Laut der Gewerkschaft geht es noch um ein „Fein-Tuning” eines Vertragsentwurfs.

Von Carsten Holm

Potsdam - Der seit zwei Jahren auch von Streiks begleitete Tarifstreit zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Fridericus Servicegesellschaft (FSG) steht offenbar kurz vor dem Abschluss. Am morgigen Dienstag um 15 Uhr treffen sich Vertreter der Gewerkschaft, der Servicegesellschaft sowie ihrer Muttergesellschaft, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) in Potsdam in den Räumen der FSG, um, so Verdi-Sprecherin Andrea Germanus, ein „Fein-Tuning” eines Vertragsentwurfs vorzunehmen, der bereits im Frühjahr ausgehandelt worden war. Die SPSG formuliert den Stand zurückhaltender: Die Verhandlungen seien „weit fortgeschritten“.

Fridericus kam Gewerkschaft entgegen

Zur Servicegesellschaft, die 2006 aus der SPSG ausgegliedert worden war, gehören mehr als 500 Beschäftigte, die in den Schlössern und Gärten für Sicherheit sorgen, sie reinigen und Besucher führen. Verdi forderte bessere Arbeitsverträge, die Fridericus kam der Gewerkschaft entgegen und bot an, die Bezahlung in den unteren Lohnbereichen um bis zu 20 Prozent anzuheben. 280 Frauen und Männer arbeiten in der Sicherheit, 160 im Besucherservice, darunter sind Kassierer und Schlossführer und 60 in der Reinigung. So soll der Stundenlohn für Sicherheitsmitarbeiter von jetzt 10,90 auf 12,50 Euro und nach drei Jahren Laufzeit des Tarifvertrags auf 13 Euro steigen. Hinzukommen wie bisher allgemeine Zulagen, die je nach Tätigkeit gezahlt werden.

Bemerkenswertes Ergebnis nach Auseinandersetzung

„Wenn dieses Verhandlungsergebnis Wirklichkeit wird, können die Mitarbeiter durchschnittlich mit Lohnsteigerungen von bald 20 Prozent rechnen“, sagt Verdi-Sprecherin Germanus. Das Ergebnis ist bemerkenswert, weil die Fronten seit 2019 während der Streiks so verhärtet schienen, dass Insider eine Einigung für nahezu ausgeschlossen hielten. In die Hände spielte der Gewerkschaft wohl aber auch, dass es für die Servicegesellschaft zunehmend schwieriger wird, Mitarbeiter zu finden, die für einen Stundenlohn von 10,90 Euro, den Sicherheitsleute bisher bekommen, oder für 11,11 Euro, den Reinigungskräfte erhalten, arbeiten wollen. „Großunternehmen, die sich in der Nähe von Potsdam niedergelassen haben, locken mit attraktiveren Löhnen“, sagt ein Experte. Der Druck sei gerade bei den Bewachungsjobs „riesengroß“. Zudem gelten diese Arbeitsplätze nicht als attraktiv, die Altersstruktur zeigt viele ältere Mitarbeiter auf.

Online-Buchungen gefährden Kassierer-Jobs

Indes treiben Verdi neue Sorgen um. Mitglieder haben berichtet, dass die Zahl der Online-Buchungen so stark gestiegen sei, dass die Arbeitsplätze der Kassierer „mittelfristig bedroht“ seien. Und: Durch den Einsatz der Audio-Guides würden schlimmstenfalls kam noch Schlossführer beschäftigt. 

Die SPSG und die Fridericus Servicegesellschaft, resümiert Verdi-Frau Germanus, hätten „Handlungsbedarf erkannt, etwas für die unteren Einkommensgruppen zu tun, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein“. Sollte jetzt ein Vertrag zustande kommen, muss die Servicegesellschaft tief in die Tasche greifen. Sie werden voraussichtlich mit jährlich rund 2,5 Millionen Euro zu Buche schlagen – nicht wenig angesichts der bisherigen Personalkosten von rund elf Millionen im Jahr.

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Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent aufgestockt

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Fridericus Servicegesellschaft gegenüber ihren Mitarbeitern als Arbeitgeber mit sozialem Antlitz zeigt. Als die Schlösser wegen der Corona-Pandemie geschlossen werden mussten und plötzlich ohne Arbeit waren, wurden alle Bediensteten auf Kurzarbeit null gesetzt, mit 60 Prozent des Lohns für Alleinstehende und 67 Prozent für Mitarbeiter mit Kindern. Als Gesellschafterin stockte die SPSG das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent auf.

Viel kann nicht mehr passieren, bis in den Schlössern und Gärten höhere Löhne gezahlt werden. Die Vertreter des Bundes, des Landes Berlin und Brandenburgs tragen den Finanzierungsbedarf der Stiftung, das Trio hat aber schon seine Zustimmung signalisiert. Die einzige Unwägbarkeit: Dass die neue Bundesregierung und der neue Berliner Senat nach den Wahlen am 26. September, wenn beide Parlamente neu gewählt werden, ihre Zusagen revidieren.

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