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Tag des Handwerks: Maischen, kosten und in Kessel klettern

Ausbildung in Sachen Hopfen und Malz: Paul Koennecke lernt das Bierbrauen als klassisches Handwerk bei der Braumanufaktur Potsdam. Beim Tag des Handwerks wird er zeigen, was er gelernt hat.

Potsdam - Noch ist das Bier nicht fertig: Paul Koennecke gießt die rotbraune Flüssigkeit in den metallenen Standzylinder, hält die Bierspindel hinein und wirft einen prüfenden Blick auf das Messinstrument, das einem übergroßen Thermometer ähnelt. „Damit misst man den Zuckergehalt in der Würze, denn durch die Menge des Zuckers lässt sich auch der Alkoholgehalt einstellen“, erklärt der 25-jährige Lehrling der Potsdamer Braumanufaktur.

Tägliche Handgriffe für den Berliner, der seit 2015 bei den Potsdamer Bierbrauern in die Lehre geht. Einiges davon werden Koennecke und seine Kollegen bei einem „Schaubrauen“ am Tag des Handwerks am 17. September auf dem Luisenplatz zeigen.

"Lieber etwas Handwerkliches"

Bevor er nach Potsdam kam, hat Koennecke vier Semester Biotechnologie studiert, das Studium aber abgebrochen. „Die Laborarbeit war doch nichts für mich, ich wollte lieber etwas Handwerkliches machen“, sagt Koennecke. Da lag das Bierbrauen nahe, denn auch hier dreht sich letztlich alles um Mikroorganismen. Eine Lehrstelle zu finden, war nicht ganz einfach, denn in eine große, industrielle Brauerei wollte Koennecke nicht: „Ich wollte das von der Pike auf lernen.“ Zwar gibt es durch die Craft-Beer-Bewegung mittlerweile immer mehr Kleinbrauereien in Berlin, doch nur die wenigsten haben Ausbildungsplätze.

Erst in Potsdam klappte es, und Koennecke nimmt den langen Arbeitsweg aus Berlin gerne auf sich, denn zum Lernen sei die Braumanufaktur ideal: „Man muss alles selber machen, muss viel improvisieren und Dinge selbst reparieren.“ Wer denkt, dass die Braukunst hauptsächlich daraus besteht, Gerste, Hopfen und Malz zu vermischen und ab und zu eine Kostprobe zu nehmen, der irrt: „70 bis 90 Prozent der Arbeit besteht aus Putzen“, stellt Koennecke klar. Denn eine Brauerei ist ein Lebensmittelbetrieb, und vor allem der Umgang mit Hefe erfordert höchste Hygiene. Daher hat das gründliche Säubern von Kesseln, Böden, Tanks oder Bierleitungen oberste Priorität. „Große moderne Anlagen sind zum Teil selbstreinigend, wir hingegen müssen hin und wieder selbst in die Kessel krabbeln und mit Salpetersäure oder Lauge saubermachen.“

"Man produziert etwas, was man selber gerne hat“

Eins ist klar: Brauen hat viel mit körperlicher Schwerstarbeit zu tun. „Fässer sind schwer, Malzsäcke sind schwer, Schläuche sind schwer – alles ist schwer“, sagt Koennecke und lacht. Ihm macht die physische Anstrengung nichts aus, denn das eigentliche Bierbrauen und die vielen verschiedenen Handgriffe, die man jeden Tag tun muss, entschädigen für das ganze Schrubben und Schleppen: „Es ist eine schöne Arbeit – man produziert etwas, was man selber gerne hat“, sagt Koennecke. Besonders mag er die Gerüche, die beim Brauprozess entstehen. Auch etwas, das nichts für jeden ist: „Wenn man diese Ausbildung machen will, muss man Bier mögen, denn man riecht es nun mal den ganzen Tag. Manchmal ist man auch komplett mit Bier eingesaut.“

Angesichts dieser Bedingungen verwundert es nicht, dass Koennecke in der Berufsschule nur einer von etwa einem Dutzend Auszubildenden ist – von sämtlichen Brauerei-Lehrlingen im Raum Berlin. „Man kennt sich untereinander, unter Brauern ist das ohnehin so“, sagt Koennecke. Ihm gefalle die Lernatmosphäre dieses kleinen Kreises: „Alle sitzen da, weil es sie wirklich interessiert.“ Anders als in der Braumanufaktur, wo noch sehr viel per Hand gemacht wird, ist die theoretische Ausbildung wesentlich technischer, da sie sich an der Arbeit in industriellen Brauereien orientiert. Dass im Rahmen seiner Ausbildung auch das Thema alkoholfreie Erfrischungsgetränke großen Raum einnimmt, hatte Koennecke zwar zuerst überrascht, mittlerweile findet er aber auch dieses Thema interessant.

Deutsche Brauer haben einen guten internationalen Ruf

Wenn seine Lehre beendet ist, wird Koennecke keine klassische Gesellen-Wanderschaft machen wie es früher üblich war; in Deutschland kenne er nur noch einen einzigen Brauerei-Gesellen, der das tatsächlich macht. Koennecke möchte lieber ins Ausland gehen, vielleicht nach Neuseeland, um dort eine Weile als Brauer zu arbeiten. Die Voraussetzungen sind nicht schlecht, immerhin genießen deutsche Bierbrauer international einen guten Ruf und Deutschland ist eines der wenigen Länder, in dem Bierbrauen überhaupt ein richtiger Ausbildungsberuf ist.

Wie man außerhalb Deutschlands braut, hat Koennecke bereits im Frühjahr dieses Jahres gesehen: Im Rahmen eines Erasmus-Austausches hat er für einen Monat in der dänischen Brauerei Fuglsang gearbeitet, Dänemarks ältester Brauerei, die noch in Familienbesitz ist. Später will Koennecke auch den Meister machen. Ob er irgendwann eine eigene Brauerei gründen will, weiß er aber nicht: „Es ist ziemlich teuer, sich diese Anlagen anzuschaffen.“

Trotz der täglichen Beschäftigung mit Gerstensaft hat Koennecke das Bier noch lange nicht satt, ganz im Gegenteil: „Ich trinke Bier mittlerweile anders, jetzt wo ich weiß, wo bestimmte Geschmäcker herkommen. Mir schmecken neue Sachen, ich kaufe bewusst andere Biere als früher und bin experimentierfreudiger.“ Daher gefällt ihm auch, dass durch die Craft- Beer-Welle, die seit etwa drei Jahren die deutsche Bierlandschaft umkrempelt, ganz neue Geschmäcker (wieder) entdeckt werden: „Für die Vielfalt ist das extrem wertvoll“, sagt Koennecke.

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