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Verschlossen ist am Donnerstag (26.05.2011) eine Zufahrt zum Karl-Liebknecht-Stadion in Potsdam. Während die Stadionsanierung mit Mitteln des Konjunkturfonds erfolgt, droht dem hier spielendem Verein Babelsberg 03 ein Zwangsabstieg, nachdem sich Sponsoren zurückzogen.

© Bernd Settnik/dpa

SV Babelsberg 03: Stadtpolitik will SV Babelsberg retten

Beschluss im Stadtparlament soll helfen, dass „Nulldreier“ nicht in die Oberliga absteigen

Mit einer möglicherweise millionenschweren Bürgschaft der Stadtwerke soll der finanziell angeschlagene Verein SV Babelsberg 03 (SVB) gerettet werden und sogar weiter in der Dritten Liga spielen können. Dies wollen die Stadtverordneten mit einem parteiübergreifend getragenen Beschluss am kommenden Mittwoch möglich machen. Die Sitzung des Stadtparlaments soll dafür schon um 13 Uhr beginnen, damit der Verein um 15.30 Uhr die vollständigen Lizenzunterlagen an den Deutschen Fußballbund schicken kann.

Hilfe für Nulldrei:  Überweisung an Schöfski/Dudzak, „Rettung SV Babelsberg“, Konto 1100155836, MBS Potsdam 16050000 oder 5 Euro per SMS: "SVB03" (ohne An- und Abführung) - an die 81190

Diesen Plan veröffentlichen am frühen Donnerstagabend die SPD und die Wählergruppe Die Andere. Sie hätten Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gebeten, kurzfristig die Möglichkeit einer Bürgschaft der Stadtwerke für den SV Babelsberg zu prüfen. Grundlage der Überlegungen sei es, "die in den letzten Jahren ohne Kenntnis der Stadtverordneten" durch die Stadtwerke-Tochter EWP schon bereitgestellte Ausfallbürgschaft für den Verein durch eine Entscheidung der Stadtverordneten "zu legitimieren". Mit der geplanten Entscheidung solle auch deutlich werden, dass die Transparenzbestrebungen der Stadtpolitik sich nicht generell gegen das Sponsoring des Sportes richteten, sondern gegen die bisherigen Entscheidungsstrukturen - "bei denen ein einziger Geschäftsführer darüber entschied, ob ein Verein eine solche Bürgschaft erhält oder nicht". Gemeint ist der nach der Spitzel-Affäre zurückgetretene Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen, früher auch Chef des Aufsichtsrats bei den Babelsbergern.

Weiter hieß es von SPD und Andere, die bisher angesprochenen Fraktionsvorsitzenden von CDU, FDP und Grünen hätten - in Abhängigkeit des Ergebnisses der rechtlichen Prüfung - für eine einmalige Bürgschaft ihre Zustimmung signalisiert. Auch der Linke-Kreisvorstand hat bereits eine Bürgschaft für den Verein gefordert. Allerdings soll die Hilfe für die "Nulldreier" laut SPD und Andere an "streng definierte Auflagen" geknüpft sein, was das Zukunftskonzept des Vereins und die Schaffung von transparenten Strukturen betrifft. Über das Wochenende hinweg solle es darüber Gespräche mit dem Verein geben. Beide Fraktionen kritisierten erneut, dass die bisherige Vereinsführung erst eine Woche vor Ende des Lizenzierungsverfahrens die sprichwörtliche "Katze aus dem Sack" gelassen habe - am Montag hatte Babelsbergs Präsident Rainer Speer erklärt, dass der geplante Gesamtetat von 2,7 Millionen Euro bislang nur zur Hälfte gedeckt sei.

Stunden zuvor hatte gestern schon die FDP einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, den Babelsbergern 350 000 Euro zur Verfügung zu stellen - unter folgenden Bedingungen: ein neuer, gegen jeden Verdacht erhabener Vorstand, ein neuer Aufsichtsrat, Prüfung der Bücher des Vereins durch externe Gutachter sowie die Offenlegung von Bürgschaften durch städtische Firmen.

Die Stadtspitze hatte finanzielle Hilfen für den SVB bisher abgelehnt. Eine Bürgschaft der Stadt schloss Oberbürgermeister Jakobs aus rechtlichen Gründen bereits am Mittwoch im Hauptausschuss aus. Auch den Vorschlag seiner Partei, das „Karli“- Stadion – das der Verein von der Stadt gepachtet hat – freiwillig wieder zurückzunehmen um den SVB zu entlasten, hatte Jakobs als nur „suboptimal“ bezeichnet. Jedoch bereite sich die Stadt auf dieses Szenario vor, wenn der Verein den Betrieb des Stadions nicht mehr bezahlen könne. Potsdam müsste dann Betriebskosten von bis zu einer Million Euro und einen Restkredit in Höhe von 870 000 Euro übernehmen.

Noch am Vormittag hatte beim Verein Hoffnungslosigkeit überwogen, die Dritte Liga zu halten. Vom Aufsichtsrat des SVB hieß es in einer Erklärung, man gehe davon aus, dass der Traditionsverein in der kommenden Saison nur noch in der Oberliga statt in der Dritten Liga spielen wird – also zwei Spielklassen tiefer. „Das wesentliche Ziel muss es sein, den Verein in seiner Basis zu erhalten“, so der Aufsichtsrat. Konkret fehle dem Verein, um noch eine Pleite abzuwenden und überhaupt in der Oberliga weiterspielen zu können, eine Summe im unteren sechsstelligen Bereich, sagte Christian Lippold, der nach dem Rücktritt von Paffhausen das Amt des SVB-Aufsichtsratschef kommissarisch übernommen hat. Auch die Alternative, mit Babelsberg in der Regionalliga eine Spielklasse tiefer zu starten, kommt laut Aufsichtsrat nicht in Frage – wegen der „nahezu“ identischen Lizenzauflagen. „Es bringt nichts, mit einem Notetat in den oberen Ligen zu spielen und dann dort jede Woche zu verlieren“, so Lippold. Angesichts der Neuigkeiten aus der Stadtpolitik sprach er am Abend von einer „erfreulichen Entwicklung“ - allerdings sei mit einer Bürgschaft der Stadt auch der Verein in der Verantwortung, entsprechend Geld über noch zu findende Sponsoren zu beschaffen. Die Finankrise wurde auch dadurch ausgelöst, dass Geldgeber wegen der skandalumwitterten Vereinsspitze ihre Hilfe nicht verlängerten.

Am Vormittag hieß es dazu vom Aufsichtsrat, die Alternative, mit Babelsberg in der Regionalliga eine Spielklasse tiefer zu starten, komme nicht in Frage – wegen der „nahezu“ identischen Lizenzauflagen. „Es bringt nichts, mit einem Notetat in dieser Liga zu spielen und deswegen jede Woche zu verlieren“, so Lippold. Ziel müsse sein, in der Oberliga mithilfe des intakten Vereinsumfelds andere Strukturen als jetzt aufzubauen – um so mit einer „neuen Truppe“ das Ziel Aufstieg in die Regionalliga anzupeilen. Vom Aufsichtsrat hieß es weiter, vor allem die „erfolgreiche“ Nachwuchsarbeit müsse gesichert werden – ebenso die Sanierungsarbeiten am Karl-Liebknecht-Stadion.

Noch keine Entscheidung – und dazu widersprüchliche Aussagen – gibt es zur künftigen Besetzung des umstrittenen Vorstands. Wie berichtet, sind mehrere Mitglieder der Vereinsspitze unter anderem mit dem Vorwurf konfrontiert, an der Krampnitz-Immobilienaffäre beteiligt zu sein, dazu kommen Stasi-Vorwürfe. Lippold sagte, satzungsgemäß müsse zunächst der aktuelle Vorstand angehört werden, dies geschehe bei einer weiteren Sitzung am kommenden Montag: Aus seiner Sicht sei ein „Signal“ an die Öffentlichkeit notwendig. Auch die fordern Fans vehement einen personellen Neuanfang. Ungewiss ist, ob diese Position auch eine Mehrheit im Aufsichtsrat findet. Unklarheit zu Personalfragen schüren auch Aussagen von Vereinspräsident Rainer Speer: Den PNN sagte er am Mittwoch, er „bleibe so lange an Bord“, bis der Verein wieder in „geordneten Bahnen“ laufe. Einer anderen Zeitung sagte er, könne sich einen Rücktritt vorstellen – das hänge von der künftigen Führungsmannschaft ab. Auch deswegen versammelten sich am Donnerstagnachmittag wütende Fans zu einer Protestaktion und besetzten friedlich die Geschäftsstelle des Vereins in der Karl-Liebknecht-Straße. Ihre Forderung: „Der Vorstand muss weg!“

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