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Streit um Lelbach-Projekt an der Alten Fahrt: Millionen-Poker um Potsdams Mitte

Kurz vor der Abstimmung am heutigen Mittwoch eskaliert der Streit um die Alte Fahrt. Der Investor Albris Lelbach pocht für sein Bauvorhaben auf die Zusagen der Stadt Potsdam - und droht mit einer Schadensersatzklage.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Eigentlich wähnte sich Abris Lelbach auf der sicheren Seite. Sowohl die Jury eines Architekturwettbewerbs als auch die Stadtverwaltung hatten seine Pläne für die Bebauung der Brauerstraße an der Alten Fahrt abgenickt, nur noch die Baugenehmigung fehlte. Doch nun, kurz vor deren Erteilung, regt sich Widerstand in der Politik. Die Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW und Grünen will wie berichtet am heutigen Mittwoch einen Antrag einbringen, mit dem seine Pläne gestoppt werden – die Kooperation hat eine klare Mehrheit im Stadtparlament. Kurz davor hat Lelbach sich nun mit einem Brief an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gewandt und diesen auch den Fraktionen zukommen lassen. Darin verweist er nicht nur auf die aus seiner Sicht „verbindliche Verwaltungsentscheidung“, er baut auch eine Drohkulisse auf und spricht erstmals offen von möglichen Schadenersatzforderungen – diese könnten im siebenstelligen Bereich liegen.

Lelbach war 2013 im Zuge der Planungen für das Kunstmuseum im Palast Barberini an die Grundstücke in der Brauerstraße gekommen. Ihm gehörte damals das Barberini-Grundstück, er war es, der Mäzen Hasso Plattner für das Museumsprojekt gewinnen konnte. Um die Voraussetzungen für das Museum zu schaffen, peitschte die Stadt den Verkauf der Brauerstraßen-Grundstücke im Eilverfahren durch die politischen Gremien und verzichtete auf eine Ausschreibung. Lelbachs Argument damals: Die Grundstücke in der Brauerstraße, auf denen künftig die Gebäude mit den Hausnummern 4 bis 7 stehen sollen, würden für die Baustelleneinrichtung des Museums und für die nötigen Parkplätze gebraucht.

Öffentlichkeit und viele Stadtpolitiker wussten nichts vom Architekturwettbewerb

Wenig später schied Lelbach allerdings für die Öffentlichkeit überraschend aus dem Barberini-Projekt aus – und musste beim Kaufpreis nachbessern, weil er die Stellplätze für das Museum nun nicht mehr bauen sollte. Zur Gestaltung des Areals wurde dann besagter Architekturwettbewerb durchgeführt – von dem aber die Öffentlichkeit und offenbar auch ein Großteil der Stadtverordneten nichts wusste. Zur Jury gehörten neben Ex-Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) unter anderem der damalige Bauausschussvorsitzende Rolf Kutzmutz (Linke), Vertreter der benachbarten Wohnungsgenossenschaft und des Gestaltungsrates. Gewonnen hatte ihn der bekannte deutsch-russische Architekt Sergei Tchoban, der von Lelbach auch mit der weiteren Planung beauftragt wurde.

Ergebnis des Wettbewerbs war auch, dass der Bebauungsplan an einigen Stellen geändert werden soll – zum Vorteil des Investors. So ist das Dachgeschoss des markanten Eckgebäudes nicht wie gefordert als Staffelgeschoss geplant, sondern als volles Geschoss, das nicht hinter der übrigen Fassade zurückweicht. Zudem ist das zum Wasser weisende Gebäude ein Geschoss höher als zulässig – statt drei soll es vier Geschosse bekommen. Durch die Änderungen würde Lelbach rund 450 Quadratmeter Nutzfläche mehr bekommen – angesichts der Bodenpreise in der Innenstadt ein deutlicher Zugewinn. Die Bauverwaltung hatte nichts dagegen und stellte dem Investor eine Befreiung von den Vorgaben im B-Plan in Aussicht. Allerdings besteht nun offenbar Uneinigkeit darüber, wie bindend diese Zusage ist.

Ohnehin bestehen bei einigen Stadtverordneten offenbar Zweifel daran, dass Lelbach sich an den von der Jury abgesegneten Wettbewerbsentwurf gehalten hat. So heißt es in einem Protokoll des Gestaltungsrates vom Juni 2015: „Der Sockel von Haus 4 zur Uferpromenade sollte wie im Wettbewerbsergebnis durch Fenster wieder geöffnet werden.“ Dies legt den Schluss nahe, dass Lelbach den Entwurf inzwischen noch einmal überarbeitet hat. Er bestritt dies auf PNN-Anfrage nicht: Selbstverständlich werde so ein Entwurf noch einmal überarbeitet, sagte er. An der Kubatur habe sich aber nichts geändert.

Lelbach hofft auf "vernunftorientierte" Entscheidung

Über das Vorhaben der Rathauskooperation zeigte sich der Investor verärgert. „Das ist sehr bedauerlich. Alles war abgestimmt, und jetzt soll es politisch wieder kassiert werden“, so Lelbach gegenüber den PNN. Er habe aber die Hoffnung, dass die Stadt „vernunftorientiert“ sei und sein Bauantrag samt Befreiungsanträgen positiv entschieden werde. Schließlich sei sonst eine Schadenersatzforderung im siebenstelligen Bereich möglich – Lelbach kalkuliert mit einem niedrigen einstelligen Millionenbetrag –, für den letztendlich der Steuerzahler aufkommen müsse, sollte er recht bekommen. Nicht nur Planungskosten müssten ihm erstattet werden, auch die bereits begonnene Baugrube müsse zurückgebaut werden.

Ob sich die Rathauskooperation durch Lelbachs Ankündigung umstimmen lässt, wird sich am heutigen Mittwoch zeigen. SPD-Fraktionsvize Pete Heuer will zumindest an dem Antrag festhalten, wie er auf PNN-Anfrage sagte. Lelbachs Äußerungen hält er für „leere Drohungen“.

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