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Das Potsdamer Start-up Inspora bietet Frauen eine Entscheidungshilfe bei der Kleiderwahl.

© Promo

Start-up Inspora aus Potsdam: Künstliche Intelligenz gibt Modeberatung

Was ziehe ich bloß an? Das Potsdamer Start-up Inspora stellt modebewussten Frauen bei der Frage nach dem richtigen Outfit eine künstliche Intelligenz zur Seite.

Von Birte Förster

Babelsberg - Die Situation ist folgende: Der erste Besuch bei den Eltern des neuen Freundes steht an. Diese werden als „konservativ und schlecht gelaunt“ beschrieben. Es ergibt sich also die alles entscheidende Frage, welche Kleidung man zu diesem Anlass tragen sollte. So beschreiben die Gründer des Babelsberger Start-ups Inspora einen der vielen Beratungswünsche. „Viele Menschen sind oft sehr unsicher, was sie anziehen sollen“, sagt Geschäftsführer Willi Ibbeken. Er und seine drei Mitgründer erkannten den Bedarf nach entsprechender Beratung und haben vor etwa fünf Monaten Inspora gegründet.

Drei von vier. Gründer Willi Ibbeken (v.l), Andreas Pavlenko und Daniel Birnstiel.
Drei von vier. Gründer Willi Ibbeken (v.l), Andreas Pavlenko und Daniel Birnstiel.

© Andreas Klaer

Mittels Chat berät eine künstliche Intelligenz die Nutzer in puncto Garderobe zu Anlässen aller Art und erhält sogar Einblick in deren Kleiderschrank. Es sind Anlässe wie das erste Date, ein Vorstellungsgespräch oder die Abschlussfeier an Schule und Universität. Alle Ereignisse verbindet eine Frage: die richtige Kleiderwahl. Aber nicht nur besondere Anlässe, sondern auch ganz besondere Anliegen führen die Nutzer in den Inspora-Chatraum: „Eine Userin hat einmal gefragt, was sie zu ihrem gelben Hut anziehen kann“, erzählt Ibbeken.

Die Künstliche Intelligenz erkundigt sich nach Lieblingsfarben und Wetter

Über Gespräche lerne die künstliche Intelligenz die jeweilige Userin immer besser kennen, erklärt Ibbeken. So mache sie sich mit Lieblingsfarben, Stil, Körpertyp und im Kleiderschrank Vorhandenem vertraut und könne so immer schneller zu einem bestimmten Kleidungsstück raten. Verschiedene Kennenlernaktivitäten zu Beginn, bei der unter anderem über schematische Darstellungen Schnittformen verschiedener Kleidungsstücke abgefragt werden, erleichtern den Prozess. „So bekommen wir erstmal ein grobes Bild“, sagt der 28-Jährige. Aus den Informationen bildet sich das Profil jedes Nutzers. Auch nach Wetter und Temperatur erkundigt sich Inspora, die sich in den Gesprächen als künstliche Intelligenz zu erkennen gibt und sogar Small-Talk beherrsche und Witze erzählen könne. Am Ende der Beratung erhält der User einen konkreten Vorschlag in Form eines Fotos. Dafür kooperieren die Jungunternehmer aus der Wetzlarer Straße mit Influencern und Modezeitschriften.

Eigentlich ist das besondere Chatprogramm eher zufällig entstanden. Ursprünglich hatte Ibbeken zusammen mit seinen beiden Mitstreitern Daniel Birnstiel und Andreas Pavlenko eine Shopping-App gegründet, die ursprünglich keine Beratung vorsah. In einem zusätzlichen Chat hätten aber immer mehr junge Frauen ihnen von ihren Modeproblemen erzählt, sagt der Medienwissenschaftler. „Wir merkten, dass wir einen Nerv getroffen haben.“ Irgendwann konnten sie nicht mehr alle Fragen beantworten und fingen an, die Styling-Beratung immer mehr zu automatisieren, durch eine selbst lernende Intelligenz. Das Chatprogramm, das sich bislang nur an Frauen richtet, gibt es bislang nur auf Englisch und wurde zunächst in den USA gestartet. Laut Ibbeken hat es inzwischen etwa 40 000 User, darunter seien vor allem junge Frauen zwischen 16 und 18 Jahren. Die deutsche Version soll im Januar an den Start gehen. In Deutschland werde aber bereits das englische Programm genutzt.

Das Chat-Programm ist für die Nutzer kostenlos

Während Informatiker Daniel Birnstiel die künstliche Intelligenz weiterentwickelt, bringt Stylistin Nina Zöller dieser alles in Sachen Mode bei, um auf die individuellen Bedürfnisse der User reagieren zu können. Der Wirtschaftswissenschaftler Andreas Pavlenko kümmert sich vor allem um die Finanzen. Auch, wenn jeder seinen Bereich hat, lernten doch alle Beteiligten viel über Mode, es sei fast ein Mode-Studium geworden, so Ibbeken. Besonders schwierig sei es, das Wissen über Kleidung und verschiedene Stile einer künstlichen Intelligenz beizubringen und dieser etwa zu vermitteln, welches Kleidungstück man bei welchem Wetter trage, sagt Birnstiel. „Das ist eine der größten Herausforderungen“, so der 23-Jährige.

Über Gespräche lernt das Programm, was der Kleiderschrank hergibt.
Über Gespräche lernt das Programm, was der Kleiderschrank hergibt.

© Repro

Das Chat-Programm ist für die Nutzer derzeit kostenlos. Wichtig ist es ihnen auch, dass sie keine bestimmten Marken vertreten. „In den Outfits, die wir empfehlen, wollen wir unabhängig bleiben“, betont Ibbeken. Ziel sei ohnehin nicht der Neukauf von Kleidung, sondern die vorhandene Kleidung neu und kreativ zu kombinieren.

Die Jungunternehmer haben große Pläne: „Wir wollen eine globale Messaging-Plattform aufbauen“, so Ibbeken. Derzeit finanzieren sie sich über ein Gründerstipendium des Bundes. Langfristig wollen sie aber mit Mode-Firmen und Online-Shops kooperieren, um so später Geld zu verdienen. Mit größeren Unternehmen seien sie bereits im Gespräch.

Bei der intensiven Beschäftigung mit Mode erkannten die Unternehmensgründer mit der Zeit auch, dass mehr dahintersteckt, als nur hübsch auszusehen. Dass der Kleiderstil eng mit der individuellen Persönlichkeit verknüpft sei. „Es geht nie nur ums Outfit", betont Ibbeken. Es sei ein wichtiger Teil der Kultur. Es gehe auch darum, was man ausdrücken wolle.

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