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An einem Tisch. Jörg Neumann (l.),  Renate Schenker und Bernd Fülle beim Frühstück.

© Sebastian Rost

Stadtteilfrühstück im Schlaatz: Awo Potsdam weitet Angebot zum Kennenlernen aus

Kaffee trinken, Kontakte knüpfen: Ab sofort findet jeden Dienstag ein Stadtteilfrühstück im Bürgerhaus am Schlaatz statt.

Von Florian Kistler

Potsdam - Gelegentlich habe man sich vom Balkon aus gesehen, sagt der Schlaatzer Jörg Neumann. Der 64-Jährige sitzt an einem Tisch im Bürgerhaus und frühstückt. „Richtig ins Gespräch mit ihm bin ich aber heute erst gekommen“, sagt er. Mit „ihm“ meint Neumann den 70-jährigen Bernd Fülle, der rechts neben ihm sitzt. Fülle ist ebenfalls Schlaatzer, wohnt dort seit knapp zwölf Jahren. Die beiden haben sich beim Stadtteilfrühstück getroffen. Sie unterhalten sich über das Reisen, Fülle zeigt Fotos aus Indien. „Das Problem ist, dass vor der Wohnungstür alles anonym ist“, sagt Fülle. Neumann ergänzt: „Ich kenne die Hälfte der Menschen in meinem Haus überhaupt nicht.“ Beim Frühstück könne man sich einmal austauschen und ganz ungezwungen reden. „Das fehlt hier am Schlaatz einfach. Es gibt kein Café, in dem man auch einmal billig etwas trinken kann“, sagt Fülle.

Das soll sich mit dem Stadtteilfrühstück der Arbeiterwohlfahrt (Awo) nun ändern. Das gemeinsame Essen findet jeden Dienstag von 8 bis 11 Uhr im Bürgerhaus statt, gestern bereits zum vierten Mal. Gefördert wird das Projekt von der Aktion Mensch. Zwei Mitarbeiter der Awo und mehrere Ehrenamtliche helfen bei der Organisation. Das Essen ist für die Besucher kostenlos. Neben Säften und Tee gibt es Aufstriche, frische Brötchen und Müsli. „Wir achten darauf, dass das Frühstück gesund ist und geben auch Rezepte heraus, die billig nachzukochen sind“, sagt Franziska Löffler, Leiterin des Büros Kindermut, das vom Awo Bezirksverband Potsdam betrieben wird.

Nicht nur könne man beim Stadtteilfrühstück in Gemeinschaft essen, auch gebe es die Möglichkeit, mit Sozialarbeitern zu spreche. Die stünden Menschen zur Verfügung, wenn sie Probleme mit Anträgen oder Bescheiden hätten. „Die Atmosphäre ist außerhalb von Büroräumen und Ämtern entspannter“, sagt Löffler. „Viele fühlen sich da wohler.“

Wichtiges Angebot

Das kostenfreie Stadtteilfrühstück gibt es auch im Drewitzer Begegnungszentrum Oskar und in der Kita Abenteuerland in der Waldstadt. Am Schlaatz seien Bewohner besonders von Armut betroffen, sagt Tim Spotowitz, der das Bürgerhaus leitet. „60 Prozent der Schlaatzer wohnen zudem alleine.“ Gerade deshalb sei so ein Angebot so wichtig. Sozialarbeiterin Doreen Gierke ergänzt: „Man muss sagen, dass sich hier viele Probleme ballen.“ Trotz der vielen Angebote wie dem Büro Kindermut und dem Spenden- und Tauschladen Schatztruhe, gebe es immer noch Defizite. „Es gibt beispielsweise seit über zehn Jahren keinen Kinderarzt mehr“, so Gierke.  

Über Probleme klagt auch Anwohner Jörg Neumann: „Es gibt hier viel Jugendliche und Besoffene, die Ärger machen.“ In den vergangenen Jahren habe die Stadt investiert, um den Stadtteil aufzuhübschen. Gebracht habe das aber nichts, sagt der 64-Jährige. „Als neue Metallmülleimer angebracht wurden, waren die nach drei Tagen weggetreten.“ Auch frisch gestrichene Wände oder renovierte Häuser seien innerhalb kürzester Zeit mit Graffiti beschmiert worden.

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