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Update

Skifahrt nach Südtirol: Mindestens 14 Potsdamer Schüler erkrankt

Mehr als 50 Potsdamer Jugendliche von mehreren Schulen sind seit Sonntag in Norditalien. Jetzt sind einige von ihnen krank geworden - Eltern sorgen sich wegen des Coronavirus.

Potsdam - Eltern sorgen sich um mehr als 50 Jugendliche aus Potsdam von mehreren Schulen der Stadt, die seit Sonntag auf einer Skireise in Südtirol sind. Nach PNN-Recherchen sind mindestens 14 der Jugendlichen und eine Lehrkraft erkrankt, sie haben unter anderem Fieber. Dass es sich um Infektionen mit dem Coronavirus handeln könnte, ist bislang eine Befürchtung Betroffener und von Eltern. Die Schüler wurden nach Informationen der PNN bislang nicht auf Corona getestet; dies sei auch nicht geplant, weder vor Ort noch nach Rückkehr nach Potsdam, hieß es nach Angaben von Eltern am Mittwoch.

Stadt will Schüler nicht auf Corona testen lassen

Dies bestätigte Mittwochabend auch die Stadtverwaltung Potsdam. Der Corona-Stab im Rathaus, der unter Leitung der Gesundheitsbeigeordneten Brigitte Meier (SPD) am Mittwoch erstmals tagte, hat sich nach Angaben einer Stadtsprecherin auch mit der Schülerreise nach Südtirol befasst – nach PNN-Informationen allerdings möglicherweise in Unkenntnis der Erkrankungen in der Gruppe. Welche Hinweise und Anordnungen das Gesundheitsamt angesichts der Erkrankungen gibt, ließ die Stadt am Mittwoch unbeantwortet. 

Verwaltungsstab beriet zur Skireise

Stattdessen hieß es, wenn Schüler und Eltern unsicher seien, könnten sie nach der Rückkehr aus Südtirol an diesem Wochenende selbstverständlich einen Arzt aufsuchen. Über weitere „mögliche Vorkehrungen und Maßnahmen“ nach der Rückkehr befinde der Corona-Stab. Am Mittwoch sei nach aktuellem Stand entschieden worden, dass es „keinen prophylaktischen Abstrich, also flächendeckenden Test auf Corona für alle Schülerinnen und Schüler nach der Rückkehr geben wird“. 

Mit keinem Wort erwähnte die Stadtverwaltung in ihrer Antwort auf die PNN-Anfrage, dass nicht nur - wie zuerst berichtet - 15 Schüler der privaten Alfred-Nobel-Schule in Südtirol sind, sondern insgesamt mehr als 50 Schüler, unter anderem auch vom Leibniz-Gymnasium. 

Blick aus einem Stollen in den Dolomiten in Südtirol.
Blick aus einem Stollen in den Dolomiten in Südtirol.

© Jan Woitas/dpa

Die Schüler nicht zu testen, entspricht den derzeitigen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, wonach ein „begründeter Verdachtsfall“ nur dann vorliegt, wenn eine Person Symptome zeigt und entweder direkt im Risikogebiet war oder direkten Kontakt mit einem bestätigt Corona-infizierten Menschen hatte. Südtirol gilt nach den Kriterien des RKI bislang nicht als Risikogebiet.

Allerdings wird dies hinterfragt, da viele der nachgewiesen mit dem Coronavirus infizierten Personen aus Berlin und Baden-Würtemberg zuvor in Südtirol gewesen seien. Daher könne es sein, dass die Region in Norditalien "heute oder morgen" zum Risikogebiet erklärt werde, zitierte am Mittwoch die Stuttgarter Zeitung den Sprecher des baden-württembergischen  Sozialministeriums. Eine RKI-Sprecherin wiederum erklärte am Mittwoch: „Zu Südtirol kann ich noch nichts sagen.“

Zudem sorgt die Entscheidung der italienischen Regierung vom Mittwoch, ab Donnerstag bis zum 15. März landesweit alle Schulen und Universitäten zu schließen, für Verunsicherung auch bei den Potsdamer Eltern. 

Gesundheitsamt im Vorfeld der Reise konsultiert

Das Potsdamer Gesundheitsamt ist bislang nach eigenen Angaben vom Mittwochabend von der Erkrankung von vermutlich zwölf Personen von der Nobel-Schule nicht informiert worden; es war jedoch im Vorfeld der Schülerreise konsultiert worden. Da Südtirol sich nicht im Risikogebiet befände, habe nichts gegen die Reise gesprochen, hieß es aus dem Potsdamer Rathaus. Dies entspricht der Empfehlung des brandenburgischen Bildungsministeriums zum Umgang mit Klassenfahrten, wonach Schulen und Eltern dann selbst entscheiden könnten. Einige Eltern haben sich nach PNN-Recherchen dennoch entschieden, ihre Kinder nicht reisen zu lassen. Statt drei fuhren dann nur zwei Busse nach Südtirol, hieß es. 

Nobel-Schule lässt Fragen unbeantwortet

Wie schwer die weiterhin in Südtirol befindlichen Schüler der Nobel-Schule erkrankt sind, welche Maßnahmen bislang ergriffen worden sind, um die Jugendlichen zu versorgen, ob es einen Verdacht auf Infektion mit dem Coronavirus gibt und ob die Betroffenen getestet werden – all diese Fragen ließ die Schule auf eine am Mittwochmorgen gestellte PNN-Anfrage unbeantwortet - dafür führte sie „datenschutzrechtliche Gründe“ an. Welche das sein sollen, wurde nicht näher erläutert. Zudem soll Nobel-Schülern in Potsdam angeblich signalisiert worden sein, sie sollten zuhause nichts zur aktuellen Lage der Schüler in Südtirol erzählen. Auch informierten die Verantwortlichen der Schule das Potsdamer Gesundheitsamt offenkundig nicht über die Erkrankungen. 

Dabei sieht das Brandenburger Gesundheitsministerium, das am Mittwoch durch die PNN-Anfrage von dem Fall erfuhr, dafür ausdrücklich Bedarf. „Wir raten dringend, dass die Schule sich mit dem Gesundheitsamt Potsdam eng abstimmt und berät“, sagte Sprecher Tobias Arbinger. Zu diesem Zeitpunkt war den PNN nicht bekannt, dass viel mehr Schüler aus Potsdam in Südtirol auf Skireise sind.

Ein Corona-Abstrich wird getestet.
Ein Corona-Abstrich wird getestet.

© dpa

Wie soll es nach Rückkehr weitergehen? 

Für große Verunsicherung sorgt nach PNN-Informationen bei Eltern der Umgang mit den Schülern, die aus Südtirol zurückkehren und Montag wieder die Schulen besuchen. "Ich habe Sorge, meine Tochter zu schicken", sagte eine Mutter, die ihr Kind wegen der Lage in Italien nicht mitfahren ließ. Solange nicht klar sei, dass es sich nicht um Corona-Infektionen handele, könne eine Ansteckungsgefahr für alle anderen Schüler nicht ausgeschlossen werden.

Dabei gehe es um die mögliche Gefährdung der Gesundheit des Kinder und der Familien, aber auch um die Arbeit vieler Eltern. Ihr persönlicher Arbeitgeber in Berlin werte ganz Italien als Risikobereich - wer Kontakt zu jemandem habe, der gerade von dort komme, dürfe das Gebäude nicht betreten. "Das hieße für mich zwei Wochen Homeoffice." Ähnliches hätten viele Eltern berichtet, so die Mutter. Sie fordern von den Schulleitungen Informationen zum Umgang mit dem Vorfall und die Einberufung kurzfristiger Elternversammlungen. 

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