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Jouline-Kim Luers lebt in einer betreuten Wohngemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt am Schlaatz. 

© Andreas Klaer

Serie "Potsdam schenkt": Mama von 11 bis 22 Uhr

Das Leben der 19-jährigen Jouline-Kim Luers ist holprig verlaufen. Sie kämpfte mit Magersucht und psychischen Problemen, lebt heute in einer betreuten WG am Schlaatz. Sie träumt von einem Konzertbesuch.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Geben bringt Segen: Zur Weihnachtszeit den Nächsten helfen – das wollen wir, die Potsdamer Neuesten Nachrichten, gemeinsam mit Ihnen, unseren Lesern. Wir stellen Ihnen an dieser Stelle Menschen vor, die es nicht leicht haben im Leben – sei es, weil sie aus problematischen Familienverhältnissen kommen, weil sie krank sind oder weil sie aus ihrer Heimat fliehen mussten, um Krieg und Gewalt zu entkommen. Wir haben diese Menschen getroffen und sie gefragt, was ihnen eine Freude machen würde – und bitten Sie, liebe Leserinnen und Leser, um Mithilfe bei der Erfüllung dieser Weihnachtswünsche.

Als Jouline-Kim Luers vor einigen Jahren nach Potsdam kam, schien sich ihr Leben endlich zum Besseren zu wenden. Sie war weg von der Mutter und dem älteren Bruder, mit denen sie sich so viel gestritten hatte, sie musste nicht mehr auf die sieben Jahre jüngere Schwester aufpassen und Nächte in Notschlafstellen verbringen, weil die Mutter nicht nach Hause gekommen war. In Potsdam war Jouline-Kim zu ihrem Vater gezogen. Die beiden hatten sich zuvor zwar noch nie gesehen und der Vater hatte eine neue Familie gegründet und zwei Töchter bekommen. Doch er nahm Jouline-Kim auf.

Gegen ihren Willen in die Psychiatrie

Doch auch hier begann es zu kriseln. „Eine Zeit lang habe ich ein ganz normales Leben geführt“, erinnert sich die heute 19-Jährige. „Mit Schule und allem.“ Doch dann wurden ihre Probleme, wie sie es nennt, wieder stärker und das Verhältnis zum Vater schlechter. „Er kam mit mir nicht klar. Und letztendlich war er eben doch ein fremder Mensch für mich.“ Jouline-Kim ging zurück nach Bad Saarow, erst zur Mutter, dann zu Oma und Tante. Doch alles wurde nur noch schlimmer. Die Schule brach sie in der neunten Klasse ab, ihre psychische Situation verschlechterte sich. Am Ende wies ihre Familie sie gegen ihren Willen in die Psychiatrie ein.

Wenn die junge Frau von ihren Problemen spricht, meint sie damit ihre Magersucht und eine Borderline-Persönlichkeitsstörung – viel mehr will sie dazu nicht sagen. Nach dem Aufenthalt in der Psychiatrie war Jouline-Kim wieder kurze Zeit bei ihrem Vater, doch der schob sie auch bald wieder ab. Seitdem wohnt sie in einer betreuten Wohngemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Schlaatz. Mit drei anderen Mädchen teilt sie sich eine Wohnung, Jouline-Kim fühlt sich wohl. „Ich verstehe mich mit allen gut“, sagt sie. Insgesamt sind in dem Plattenbau vier Vierer-WGs untergebracht. Tagsüber sind die Betreuer im Büro im Erdgeschoss anzutreffen, nachts und am Wochenende gibt es eine Art Notdienst.

Die Schwangerschaft blieb unbemerkt

Doch am Wochenende ist Jouline-Kim ohnehin nie hier, denn als wären ihre Probleme noch nicht groß genug, kam vor etwa einem Jahr eine weitere Herausforderung auf das Mädchen zu: Die Bauchschmerzen, wegen derer sie zum Arzt gegangen war, entpuppten sich als Schwangerschaft. Schon im fünften Monat war Jouline-Kim damals. „Ich hatte nichts gemerkt“, sagt das zierliche Mädchen. Im sechsten Monat kam ihr Sohn zur Welt, drei Monate musste er im Brutkasten bleiben. Jetzt ist er ein halbes Jahr alt, wächst erstmal bei ihrem Freund und dessen Eltern auf, sie wohnen nicht weit weg. Jeden Tag von 11 bis 22 Uhr darf Jouline-Kim dort sein, ebenso wie am Wochenende. Eine Auflage vom Jugendamt ist allerdings, dass sie nicht alleine mit dem Säugling ist. Aber Jouline-Kim wirkt abgeklärt. „Ich komme damit eigentlich sehr gut klar“, sagt sie mehrmals.

Hoffnung auf einen Therapieplatz

Sie hofft, dass sie irgendwann auf eigenen Beinen stehen und vielleicht auch eines Tages mit ihrem Freund und dem Sohn in einer eigenen Wohnung leben kann. Gemeinsam mit ihren Betreuern versucht Jouline-Kim nun auch, einen Therapieplatz zu bekommen – nach dem unfreiwilligen Psychiatrieaufenthalt hatte sie sich dagegen erst lange gewehrt. Bei der Frage nach einem Wunsch muss die junge Frau nicht lange überlegen. Jouline-Kim will einmal in ihrem Leben ein Konzert von Helene Fischer oder Sarah Connor besuchen – einen ihrer Stars womöglich sogar persönlich erleben. „Aber das ist vielleicht zu viel verlangt“, fügt sie unsicher hinzu.

Vielen Dank!

Jouline-Kim hat sich einen Besuch eines Konzerts der Sängerin Sarah Connor gewünscht. Dieser Wunsch wurde erfüllt. Vielen Dank an die großzügigen PNN-Leser!

Die anderen Folgen von "Potsdam schenkt": 

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Im Iran fühlte sie sich nicht frei

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