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Sprachgewandt. Jala El Jazairi spricht sechs Sprachen.

© Andreas Klaer

Serie: Angekommen in Potsdam: Vermittlerin der Kulturen

Jala El Jazairi kam vor zwei Jahren aus Syrien nach Potsdam. Als Sozialarbeiterin versucht sie, anderen Flüchtlingen die Integration zu erleichtern.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Der Übergang ist gleitend: In einem Moment führt sie das Gespräch noch auf Deutsch, in der nächsten Sekunde unterhält sie sich mit einem jungen Mann auf Französisch. Das passiert so fließend, dass der Sprachunterschied erst nach ein paar Wörtern auffällt. Insgesamt sechs verschiedene Sprachen, darunter Französisch, Englisch, Spanisch, Farsi sowie verschiedene afrikanische Dialekte beherrscht Jala El Jazairi, wobei Arabisch ihre Muttersprache ist. Denn die 42-Jährige stammt aus Syrien, hat dort als studierte Juristin im Bereich Menschenrecht gearbeitet und musste schließlich vor dem Terror in ihrem Land fliehen. Seit zwei Jahren lebt sie nun in Potsdam und arbeitet seit 2014 als Sozialarbeiterin in der Flüchtlingsunterkunft im Staudenhof – ihre Sprachkenntnisse sind dabei fast unentbehrlich.

Sechs Sprachen spricht Jala El Jazairi

„Alle hier haben viele Fragen, aber sie sprechen natürlich nicht sofort Deutsch, sodass sie auf Übersetzungshilfen angewiesen sind“, erzählt El Jazairi, die selbst erst vor einem Jahr mit einem Deutschkurs begonnen hat. Für sie sei es das große Ziel, die Bewohner des Staudenhofes Schritt für Schritt in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Das bedeute aber für sie auch, von unterschiedlichen kulturellen Einflüssen zu profitieren. „Nur, wenn jeder seine Erfahrungen einbringen darf, kann auch eine moderne Gesellschaft entstehen“, sagt sie. „Und alle können davon profitieren.“

Wichtig ist für sie dabei auch, dass die Flüchtlinge nicht mit „einem Opfergesicht“ umherlaufen müssen – sich aber auch selbst keines aufsetzen. „Natürlich sollte allen klar sein, dass die Menschen hier sind, weil sie keinen anderen Weg gesehen haben, aber ich halte auch nichts von Selbststigmatisierung“, erklärt El Jazairi, die sich unter anderem auf Frauenrechte spezialisiert hat. Gerade Flüchtlingsfrauen hätten oft Angst, dass sie „doof angequatscht“ werden, das sei aber allgemein ein Problem von Frauen, auch deutschen. „Es gibt selbstverständlich auch Gewalt gegen Ausländer, das möchte ich gar nicht unterschlagen, aber gerade hier in Potsdam kommt sie zum Glück nur sehr selten vor.“ Oft seien solche Menschen unzufrieden mit sich selbst und versuchten, das zu äußern. Das sei sicherlich ein schlechter Weg, das zu tun, so El Jazairi, aber umso wichtiger seien dabei die Kommunikation und das Verständnis von beiden Seiten.

Sie will, dass Flüchtlinge nicht nur als Opfer gesehen werden

Sie selbst kam vor zwei Jahren mit einem Visum nach Deutschland und konnte sofort bei Freunden in Potsdam wohnen. Anfänglich wollte sie nur für ein paar Monate bleiben, doch die Lage in Syrien ließ eine Rückkehr nicht zu. „Im Prinzip hatte ich es sehr gut, dass ich sofort eine Aufenthalts- und damit auch eine Arbeitsgenehmigung bekam“, erzählt sie. Denn für sie war von Anfang an klar, dass sie weiterarbeiten möchte, sodass sie sich zunächst bei verschiedenen Vereinen sowie Organisationen meldete und sich als Ehrenamtliche engagierte. „Ich wollte von Anfang an alles alleine machen, was natürlich im Kontakt zu den Behörden schwierig war“, sagt sie. „Die haben mich schon komisch angeguckt, als ich sagte, ich wolle arbeiten, aber kein Wort Deutsch spreche.“

Mit dem Beginn ihrer Arbeit im Staudenhof besuchte sie dann auch einen Deutschkurs. Für sie sei es leichter, neue Sprachen zu lernen, da sie immer wieder etwas von ihren bereits vorhandenen Kenntnissen ableiten könne, wie sie sagt. Allerdings sei die deutsche Grammatik nicht immer logisch, da sie manchmal wie die französische, manchmal wie die englische sei. „Trotzdem ist es keine große Katastrophe, Deutsch zu lernen“, sagt sie und lacht. „Aber eine kleine ist es schon.“ Vor allem die Dialekte und die Umgangssprache bereiten ihr noch etwas Schwierigkeiten, ansonsten spricht sie aber bereits beinahe fließend.

Anders ist nicht nur die Sprache, sondern auch die Mentalität

Anfängliche Missverständnisse wegen der Sprache habe es auch nicht gegeben – schon aber wegen der kulturellen Unterschiede. „Pünktlichkeit wird bei uns in Syrien etwas anders gehandelt als hier“, erklärt El Jazairi und lächelt. „Bei uns ist es normal, dass man drei bis vier Minuten zu spät kommt, dann lacht man, entschuldigt sich und alles ist gut.“ Als sie dann ihren ersten Termin im Jobcenter hatte, kam sie auch ein bisschen später und wurde gleich wieder vor die Tür gesetzt. „Ich sollte dann kurz draußen warten und als ich lachend reinkam, fand das meine Sachbearbeiterin gar nicht lustig.“ Die dachte nämlich, El Jazairi nehme das Ganze nicht ernst, bis sie ihr erklärte, dass es sehr wohl ein sehr wichtiger Termin für sie sei. „Am Ende haben wir uns sehr gut verstanden“, sagt sie.

Insgesamt habe sie sich in Potsdam von Anfang an sehr willkommen gefühlt, fühle sich hier zu Hause und liebe die Stadt sehr. Trotzdem sei ein Teil von ihr immer in ihrem Heimatland, bei den Freunden, der Familie – ihre große Hoffnung sei es, irgendwann in ein friedliches Syrien zurückzukehren

Sie kommen aus Afghanistan, Syrien, Eritrea oder Kamerun und hoffen auf ein besseres Leben in Deutschland. Doch in der Realität haben es die Flüchtlinge hier oft schwer – es gibt Probleme mit der Sprache, der Arbeitserlaubnis oder den neuen Nachbarn. Jeden Donnerstag stellen die PNN eine Person vor, die zumindest ein Stück weit in Potsdam angekommen ist.

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