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In Potsdam sind nicht einmal alle verfügbaren Taxi-Genehmigungen vergeben.

© Johanna Bergmann

Selbst Reservierungen für den nächsten Morgen werden abgelehnt: In Potsdam sind Taxis noch immer Mangelware

Die Potsdamer Taxi-Branche ist auch ein Jahr nach der Gebührenerhöhung weiter in der Krise. Ein Taxi zu bekommen, ist deshalb immer noch schwierig.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Nach der Weihnachtsfeier mal eben mit dem Taxi nach Hause? Oder sich wegen eines frühen Flugs zum Tegeler Airport fahren lassen? So einfach ist das in Potsdam nicht – zumindest nicht mehr. Seit einigen Jahren sind Taxis in der Landeshauptstadt Mangelware, eine Tariferhöhung vor rund einem Jahr sollte deshalb eine Verbesserung bringen. Doch dieses Ziel wurde offenbar verfehlt, wie PNN-Recherchen zeigen.

Es sind noch nicht mal alle Taxi-Genehmigungen vergeben

So sind mangels Interesse derzeit noch nicht einmal alle verfügbaren Konzessionen vergeben, also die behördliche Genehmigung zur Personenbeförderung mit dem Taxi. 183 sind theoretisch verfügbar, doch nur 168 aktuell vergeben, wie es von der Stadtverwaltung auf PNN-Anfrage heißt. Und auch, ob die 168 genehmigten Taxis überhaupt aktiv betrieben werden, ist fraglich.

Die meisten sind an die Taxi-Zentrale Potsdam „angeschlossen“, nämlich 125, wie Geschäftsführer Detlef Baatz sagt. Gesteuert werden sie von aktiven 175 Fahrern, deutlich weniger als noch vor einigen Jahren. „Als ich vor zehn Jahren hier angefangen habe, waren es noch 250 Fahrer“, sagt er. Die Zahl der Taxis, auf die die Zentrale zugreifen konnte, lag bei 190 – also 65 mehr als heute.

Taxis sind nur noch zu lohnenden Zeiten unterwegs

Die Erhöhung der Gebühren habe sich zwar positiv ausgewirkt, so Baatz, der auch im Vorstand der Potsdamer Taxi-Genossenschaft ist. Allerdings nur auf den Umsatz der Unternehmen, nicht auf die Verfügbarkeit. „Die Nachfrage ist immer noch deutlich größer als das Angebot. Das wirkt sich negativ auf die Kundenzufriedenheit aus.“

Baatz nennt mehrere Gründe für den Taximangel. Zum einen fehlt es an Fahrern, viele Ältere gingen in Rente und für junge Menschen sei der Beruf offenbar unattraktiv – wegen der Nacht- und Wochenendarbeit und der vergleichsweise geringen Bezahlung. Hinzu kommen die verschiedenen Regelungen, die der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren geschaffen hat, wie etwa Arbeitszeitnachweise oder die Einführung des Mindestlohns. Die neuen Regelungen hätten zwar auch Vorteile, so Baatz. Allerdings führe der Mindestlohn auch dazu, dass Taxi-Unternehmer noch mehr als früher darauf achten müssen, dass die Fahrzeuge nur zu lohnenden Zeiten unterwegs sind. „Es kann sich keiner mehr leisten, dass sich ein Fahrer nachts drei Stunden lang die Bahnhofsuhr anschaut“, so Baatz. Deshalb würden gerade die nächtlichen Schichten unter der Woche nur noch spärlich oder gar nicht besetzt. „Eine Verfügbarkeit von 24 Stunden wäre wünschenswert, aber die gibt es de facto nicht mehr.“

Selbst Reservierungen für den nächsten Morgen werden teilweise nicht angenommen

Diese Erfahrung haben auch viele Potsdamer schon gemacht. Teilweise werden sogar Reservierungen für den nächsten Morgen nicht mehr angenommen, auch nicht für lukrative Flughafen-Fahrten. Besonders gut kennen das Problem die Potsdamer Hoteliers, die oft von Gästen damit beauftragt werden, ein Taxi zu besorgen. „Wir erleben immer wieder, dass Gäste mit dem Taxi vom Flughafen Tegel zu uns kommen und dann bei der Abreise davon ausgehen, dass sie genauso wieder zurückkommen“, schildert etwa Burkhard Scholz, Inhaber des Inselhotels auf Hermannswerder. Doch oft ist das ad hoc nicht möglich, vor allem zu Zeiten, in denen besonders viele Gäste in der Stadt sind. „Meine Mitarbeiter müssen dann teilweise gewaltige Aktivitäten unternehmen, um die Gäste zum Flughafen zu bekommen“, sagt er. In Einzelfällen würden Stammgäste sogar selbst gefahren. Das könne und dürfe das Hotel aber nicht regulär anbieten, so Scholz. Für Abende, wo regelmäßig viele Taxis nachgefragt werden, reserviere das Inselhotel daher schon eine Woche vorher mehrere Fahrzeuge, zum Beispiel an Weihnachten und Silvester.

Auch Baatz kritisiert die mangelnde Verfügbarkeit

Schuld für die Misere sieht Baatz auch in der eigenen Branche. „Wir müssen uns um eine bessere Verfügbarkeit bemühen, sonst übernehmen irgendwann die privaten Unternehmen den Markt“, sagt er und spielt damit auch auf den US-amerikanischen Fahrdienstvermittler Uber an. Und auch um den Nachwuchs müsse man sich verstärkt kümmern, etwa indem die Branche darauf hinarbeitet, Taxifahren zum Ausbildungsberuf zu machen. Das würde die Attraktivität steigern und mehr Anerkennung bringen, ist er überzeugt.

Hotelier Scholz hätte noch eine weitere Idee, um für Entspannung zu sorgen. Die Stadt Potsdam könnte das Wassertaxi verstärkt fördern und dafür sorgen, dass es öfter fährt. „So kämen die Gäste immerhin schon mal zum Hauptbahnhof“, so Scholz. Und es würde die Wasserstadt Potsdam insgesamt attraktiver machen – für die Gäste, aber auch für die Potsdamer selbst. (mit Marco Zschieck)

Service: Der schnellste Weg zum Taxi
Wer in Potsdam ein Taxi bestellen will, kann die einzelnen Unternehmen durchtelefonieren, eine Auswahl findet sich zum Beispiel hier. Für regelmäßige Nutzer bietet sich auch an, mit einem bestimmten Unternehmen eine Vereinbarung zu treffen. Für die Fahrer hat dies den Vorteil, dass sie nicht auf Abruf sein müssen und mit regelmäßigen Einnahmen rechnen können. Einige haben daher Verträge, etwa mit Krankenkassen und fahren Patienten zum Beispiel zur Chemo-Therapie. Wer spontan ein Taxi braucht, ist bei der Taxi-Zentrale am besten aufgehoben, dort ist ein Großteil der Fahrer „angeschlossen“. Taxis können dort unter Tel.: (0331) 29 29 29 gerufen werden. Gerade für nächtliche Fahrten lohnt sich eine Reservierung mehrere Tag im Voraus – je länger die Strecke ist, desto eher findet sich ein williger Fahrer. Auch die Smartphone-App „mytaxi“ funktioniert in Potsdam, dort sind die Wartezeiten teils aber noch etwas länger.

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