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Bild aus besseren Zeiten: Vertreter der Rathauskooperation beim Unterzeichnen ihres Vertrags im September 2019.

© Sebastian Gabsch

Update

Schulstreit in Potsdam: Nun droht der Bruch der Rathauskooperation

Der Streit um ein Gymnasium oder eine Gesamtschule am Standort Pappelallee wird zur Zerreißprobe der Rathauskooperation. Das Schulamt bringt einen weiteren Schulstandort ins Spiel.

Potsdam - Im Streit der Potsdamer Stadtpolitik um eine Gesamtschule oder ein Gymnasium für den Standort Pappelallee droht nun der Bruch der rot-grün-roten Rathauskooperation. Der Linken-Kreisverbandsvorsitzende Roland Gehrmann erklärte am Dienstag, mit ihrer Haltung pro Gymnasium setze die SPD „grundlos die Kooperation aufs Spiel“. Das Festhalten daran sei rein ideologischer Natur und widerspreche auch dem Kooperationsvertrag. Darin hatten sich die Partner 2019 verpflichtet, nur noch „weiterführende Schulen errichten, die alle Schulabschlüsse anbieten“ – also Gesamtschulen.

Etliche Grüne wollen gegen ein Gymnasium stimmen

Erheblichen Unmut über die SPD gibt es nicht nur bei den Linken – sondern auch bei den Grünen, die auch auf eine Gesamtschule an der Pappelallee setzen. Eine signifikante Zahl der Fraktionsmitglieder wolle das Bündnis platzen lassen, sollte die SPD in der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch unter anderem zusammen mit der AfD für das Gymnasium stimmen, sagte ein Grünen-Vertreter den PNN. Offiziell erklärte die Grünen-Kreisspitze, man solidarisiere sich mit den Eltern der bereits in Containern errichteten Gesamtschule "Am Schloss", die eigentlich an die Pappelallee ziehen sollte - und nun nach Krampnitz verlegt werden muss. Die Eltern würden "mit vollem Recht, die gegebenen Versprechen einfordern“, erklärte Grünen-Kreischefin Carolin Hermann. Allerdings vermied sie direkte Angriffe auf die Sozialdemokraten.

Die SPD stützt dagegen den Rathausvorschlag für das Gymnasium, auch weil dies dem Anwahlverhalten der Elternschaft entspreche und das Schulamt mehr Plätze in dieser Schulform gefordert habe. Erwartet wird nun eine Kampfabstimmung in der Stadtverordnetenversammlung – zuletzt zeichnete sich eine Mehrheit pro Gymnasium ab.

Die Andere pro Gymnasium

So wird die Fraktion Die Andere für das Gymnasium an der Pappelallee stimmen. Der Grund: Dieser Standort sei für eine Gesamtschule "nach unseren Ansprüchen nicht optimal, weil er durch die Grundstücksgröße und die eingeschränkte Bebaubarkeit beengt ist", erklärte die Fraktion auf ihrer Internetseite. Die Stadt müsse zugleich im Potsdamer Norden einen neuen Gesamtschulstandort mit wettkampftauglichen Fußballplätzen suchen. Grundsätzlich wolle man zwar "attraktive und inklusive Gesamtschulen statt elitäre Gymnasien und exklusive Förderschulen", so die Fraktion. Allerdings müsse man eben auch Elternwünsche und die Vorgaben des Schulamts beachten. So bestehe auch die Gefahr, dass "in Potsdam weitere private Gymnasien entstehen, in die Schülerinnen und Schüler dann ausweichen", so Die Andere.

Parteijugendorganisationen gegen Gymnasium

Einigkeit in dem Streit herrscht - im Gegensatz zur Rathauskooperation - bei den Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linken. In einer gemeinsamen Erklärung teilten Linksjugend, Grüner Jugend und Jusos unter der Überschrift "Bildungsungerechtigkeit bekämpfen" mit, man sei gegen den Bau neuer Gymnasien. Gesamtschule stünden für inklusives und integratives Lernen. "Sie sind der Motor für Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit, die bisher vielen Kindern verwehrt bleibt." Ein frühes Aufteilen auf unterschiedliche Schulformen maximiere "den Einfluss der finanziellen oder akademischen Stellung des Elternhauses und reduziert die Bedeutung der tatsächlichen Begabung der Kinder", erklärte Julius Köhler von den Jusos, der Jugendorganisation der SPD.

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Zugleich werden neue Informationen kurz vor der Abstimmung bekannt. So hat das staatliche Schulamt in Brandenburg/Havel nun in einem den PNN vorliegenden Schreiben an das Rathaus deutlich gemacht, dass perspektivisch wegen sinkender Schülerzahlen auch das Oberstufenzentrum 1 mit Sitz in der Jägerallee zu einem Gymnasium oder einer anderen weiterführenden Schule umgewandelt werden könnte. Das hätte den Vorteil, dass nicht neu gebaut werden müsste und so das Zentrum und der Potsdamer Norden abgedeckt würden, so die Behörde. Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos) schrieb dazu an die Fraktionen, sollte ein möglicher Standort "für eine bislang geplante weiterführende Schule (Gesamtschule oder Gymnasium) aus unbekannten Gründen entfallen, würde damit ein Alternativstandort bestehen". Valide Aussagen zur Zeitschiene seien aber nicht möglich, erklärte die Beigeordnete. Gut möglich, dass auch dieser Aspekt in der Debatte am Mittwoch noch zur Sprache kommt.

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