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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

© dpa

Rückendeckung von Steinmeier: Bundespräsident begrüßt Kompromiss zur Garnisonkirche

Nach dem Kompromiss zur Garnisonkirche kommt Lob von Bundespräsident Steinmeier. Auch Mitglieder des Kuratoriums der Wiederaufbau-Stiftung wollen die Lösung unterstützen. Die CDU bleibt hingegen bei ihrer Grundsatzkritik.

Potsdam - In der Debatte um den Kompromiss zum Erhalt des Künstlerhauses Rechenzentrum bekommt Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) nun eindeutige Rückendeckung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Eine Sprecherin des Bundespräsidialamts sagte den PNN auf Anfrage, Steinmeier als Schirmherr zum Wiederaufbau des Turms der einstigen Barockkirche begrüße es, "dass die Stadt Potsdam, die Stiftung Garnisonkirche und das Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum ein gemeinsames Konzept für das Areal an der Plantage vorgelegt haben". Damit hätten sich alle Seiten bewegt und einen Kompromiss gefunden. Aus Steinmeiers Sicht könne "ein Erinnerungsort entstehen, der von historischer Aufklärung, demokratischer Debatte und kultureller Kreativität geprägt wird".
Steinmeier habe seine Schirmherrschaft zum Wiederaufbau des Turmes der Garnisonkirche mit "der Erwartung verbunden, dass hier ein Lernort der deutschen Geschichte entsteht, an dem sich die Bürgerinnen und Bürger kritisch mit der preußischen und deutschen Geschichte auseinandersetzen können."

Baurechtlich, so argumentieren Architects for Future, gibt es kein Problem für ein Nebeneinander von Rechenzentrum und Garnisonkirche
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© Andreas Klaer

So soll den Planungen nach das Rechenzentrum nicht abgerissen, sondern saniert und weitgehend erhalten werden. Statt des Kirchenschiffs ist ein "Haus der Demokratie" mit Plenarsaal und Räumen für das Potsdam Museum geplant, in denen eine Schau zur Stadtgeschichte gezeigt werden soll. Zeitplan und genaue Finanzierung sind noch unklar, unter anderem sollen Landes- und Bundesfördertöpfe angezapft werden. Der Kompromiss steht noch unter dem Vorbehalt, dass die Stadtverordneten noch zustimmen müssen.
Mit der nun artikulierten Rückendeckung des Staatsoberhaupts dürfte es für die Gegner des Kompromisses noch schwerer werden, dagegen anzugehen. Zumal sich auch im 15-köpfigen Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche eine Mehrheit für den Konsens abzeichnet, wie PNN-Recherchen zeigen.

Gibt es eine Mehrheit im Kuratorium für die Idee?

Hier hatten sich erste Mitglieder schon öffentlich zu dem Kompromiss bekannt: Einmal Oberbürgermeister Schubert, der den Kompromiss mit Rechenzentrum und dem Kuratoriumsvorsitzenden Wolfgang Huber verhandelt hatte. Daran beteiligt war auch Matthias Dombert, Chef der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau. Auch Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hatte als Kuratoriumsmitglied bereits gegenüber der „Märkischen Allgemeinen“ erklärt, die Idee sei „gut“ und passe zu den Herausforderungen der Zeit.

Doch auch mindestens drei andere Mitglieder des Gremiums werden voraussichtlich zustimmen. Das hat eine PNN-Umfrage ergeben. Von einem gelungenen Kompromiss etwa sprach Angelika Zädow, die Superintendentin der Evangelischen Kirche in Potsdam. "Auf der Fläche der ehemaligen Garnisonkirche ein Haus zu errichten, in dem demokratisch gewählte Vertreter:innen diskutieren, streiten und um einen gemeinsamen Weg ringen, ist aus meiner Sicht die konsequente Fortsetzung dessen, was im Turm an Aufarbeitung der Geschichte, Erinnerungskultur und Versöhnungsarbeit geleistet wird." Dass außerdem große Teile des Rechenzentrums erhalten bleiben würden, gehöre "zu dieser konsequenten Linie dazu", so Zädow.

Unterstützung auch aus der Volkswagen AG

Unterstützung kam auch von Hiltrud Dorothea Werner, die im Vorstand der Volkswagen AG für den Bereich Integrität und Recht zuständig ist und auch im Kuratorium sitzt. Sie erklärte den PNN: "Ein Kompromiss bedeutet zwar immer einen Ausgleich verschiedener Interessenlagen und somit auch Zugeständnisse von allen Beteiligten. Das ist aber in jedem Fall besser als jahrelange Streitigkeiten, die den Fortgang der Arbeiten verzögern und es somit nur Verlierer gibt." Sie begrüße daher den Kompromiss - obwohl es auch dazu Diskussionen geben werde, gerade weil die Garnisonkirche mit ihrer wechselhaften Geschichte und ihrem historischen Erbe immer Gegner und Befürworter haben werde. "Das sehen wir sogar an anderer Stelle, beim grundsätzlich unstrittigen Wiederaufbau von Notre-Dame nach dem verheerenden Brand, wo jetzt allerdings ein heftiger Streit um eine mögliche Modernisierung des Kircheninneren entbrannt ist."

Superintendentin Angelika Zädow.
Superintendentin Angelika Zädow.

© Manfred Thomas

Positiv äußerte sich auch Harald Geywitz, Präses der Evangelischen Landeskirche, die den Wiederaufbau des Turms mit Krediten unterstützt - aber die Bedingung gestellt hatte, dass für das Kirchenschiff ein Bruch mit der Geschichte der Militärkirche deutlich erkennbar sein müsse. Geywitz sagte, grundsätzlich fände er persönlich die Idee eines „Hauses der Demokratie" an diesem Ort sehr sympathisch - zumal er als Präses der Landessynode einer demokratischen Institution der Kirche mit großer Tradition vorstehen dürfe. Die Entscheidung des Kuratoriums werde sich jedoch nicht "aus einer reinen Addition der Einzelmeinungen ergeben, sondern aus dem Austausch und Diskussion der Ansichten", meinte er. Andere Mitglieder des Kuratoriums äußerten sich auf Anfrage noch nicht oder verwiesen auf die anstehende Sitzung.

Gegen den Kompromiss hatten in den vergangenen Tagen vor allem die Bürgerinitiative Mitteschön, die CDU und auch AfD-Vertreter gewettert - und für das Kirchenschiff einen originalen Wiederaufbau gefordert, was im Stadtparlament allerdings nicht mehrheitsfähig ist. Von einem „Überrumpelungsversuch“ sprach am Dienstag der CDU-Kreischef Oliver Nill. Befürworter des Kirchenschiffs und damit weite Teile der Bürgerschaft seien außen vor gelassen worden, die Vorfestlegung auf eine Kirche ohne Schiff entspreche auch nicht dem vereinbarten Verfahren. „Die Stadtgesellschaft wird dem Oberbürgermeister diesen Husarenritt nicht durchgehen lassen.“

750 000 Euro des Bundes nicht für "Haus der Demokratie"

Bekanntlich hat der Turmbau für die Garnisonkirche schon längst begonnen, mehr als die Hälfte des 40-Millionen-Euro-Vorhabens zahlt die öffentliche Hand, gerade der Bund. Für das Schiff hatte die frühere Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) bereits 750 000 Euro für eine Machbarkeitsstudie genehmigt - ihre Nachfolgerin in der Ampel-Koalition ist Claudia Roth von den Grünen. „Für das geplante ‚Haus der Demokratie‘ stehen die Mittel nicht zur Verfügung“, sagte ein Sprecher der Roth-Behörde auf Anfrage. Zur Frage, ob das Großvorhaben weiter ein Projekt Nationaler Bedeutung bleibe, sagte er: „Die Voraussetzungen der Finanzierungszuständigkeit und des erheblichen Bundesinteresses für die Förderung des Wiederaufbaus des Turms der Garnisonkirche sind weiterhin gegeben.

Warum das Projekt umstritten ist

Über den Wiederaufbau der Garnisonkirche wird seit Jahren gestritten. Befürworter wollen mit der einstigen Barockkirche ein Wahrzeichen für Potsdam zurückgewinnen, Gegner verweisen auf die aus ihrer Sicht negative Symbolkraft des Wiederaufbaus einer einstigen Militärkirche mit einer besonderen Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus. Bei einem Bombenangriff auf Potsdam war das Gotteshaus 1945 schwer beschädigt und 1968 auf Geheiß der DDR-Führung gesprengt worden.

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