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Das Ensemble des Potsdamer Brauhausbergs mit Wasserspielen, Schwimmhalle und Terrassenrestaurant Minsk.

© rbb

rbb-Serie: Ein geheimnisvoller Ort: der Potsdamer Brauhausberg

Die rbb-Serie „Geheimnisvolle Orte“ gewährt überraschende Einblicke in die Geschichte des Potsdamer Brauhausbergs. 

Potsdam - Dass am Turm des ehemaligen Landtages auf dem Brauhausberg einst das SED-Emblem prangte, ist nicht zu übersehen. Doch dass kurz nach Einzug der SED ein riesiges Stalin-Bild mit dem Schriftzug „Es lebe Stalin!“ am Turm hing, dürften hingegen nur noch wenige wissen. Es ist einer der vielen Aha-Momente, die die Dokumentation „Der Brauhausberg - Potsdams Hügel der Macht“ zu einem überaus sehenswerten Porträt der zentralen Landmarke Potsdams macht. Gezeigt wird der 45-minütige Film im Rahmen der Reihe „Geheimnisvolle Orte“ am Dienstag (6. Oktober) um 20.15 Uhr im rbb-Fernsehen.

Die Filmemacher Julia Baumgärtel und Attila Weidemann hatten das Foto mit dem Stalin-Plakat im Laufe ihrer Recherchen entdeckt: „Soweit ich weiß, wurde es vorher noch nie irgendwo abgedruckt“, sagt Baumgärtel. Es ist nicht die einzige Aufnahme, die für viele Potsdamer neu sein dürfte: Die Zuschauer erhalten auch Einblicke in die verborgenen Keller und Bunkeranlagen, mit denen der Brauhausberg regelrecht durchlöchert ist.

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1716 ließ sich die Königliche Bierbrauerei auf dem Berg nieder, ein Jahrhundert später die Brauerei Adelung und Hoffmann. Man brauchte den Berg für die Bierkeller, denn der Boden in der Stadt war zu sumpfig dafür. Anwohner Thomas Hinzte gewährt einen Blick in einen der Keller, in dem sich seine Familie eine Art gigantischen Hobbyraum inklusive Bogenschieß-Stand eingerichtet hat. Genutzt wurden die verfallenen Anlagen Ende der 1980-er Jahre auch von jungen Künstlern: Sie nutzten die Keller illegal als Kulisse für den Endzeit-Film „Selig sind die Liebenden“. Dabei blieben sie meist unbehelligt, erinnert sich Regisseur Fayd Jungnickel: „Auch die Volkspolizisten trauten sich da nicht rein.“

Im Zentrum der Doku steht jedoch der ehemalige Landtag, der früher noch eindrucksvoller über der Stadt thronte: 1902 wurde das Gebäude als Kriegsschule von Kaiser Wilhelm II. erbaut. Der Turm im englischen Landhaus-Stil erreichte eine Höhe von 64 Metern. Er war damit einige Meter höher als der heutige Aussichtsturm.

Nach dem Ersten Weltkrieg zog das Reichsarchiv hier ein, deren Mitarbeiter größtenteils kaisertreue Militärs und Adelige waren. Als nach dem Tag von Potsdam 1933 die Hakenkreuzfahne auf dem Turm wehte, erweckte dies den Unmut von Hans von Haeften, dem nationalkonservativen Präsidenten des Reichsarchivs: Er ließ die Fahne abhängen.

Die Autoren des rbb-Films "Potsdamer Brauhausberg" im Rahmen der Serie "Geheimnisvolle Orte": Julia Baumgärtel und Attila Weidemann
Die Autoren des rbb-Films "Potsdamer Brauhausberg" im Rahmen der Serie "Geheimnisvolle Orte": Julia Baumgärtel und Attila Weidemann

© rbb

Das hatte Konsequenzen: 1934 wurde von Haeften in den Ruhestand versetzt, der damalige NS-Oberbürgermeister Hans Friedrichs ließ den Turm 1935 um 14 Meter kürzen. „Die nationalsozialistische Bauperiode muss sich bewusst von der Vergangenheit absetzen“, schrieb er in einem Dekret. Der Widerstand gegen die Nazis setzte sich fort: Von Haeftens Sohn Werner sowie einige andere Mitarbeiter des Reichsarchivs gehörten dem Verschwörerkreis um Graf Stauffenberg an.

"Man kam sich immer klein vor"

1949 zog die SED auf dem Brauhausberg ein. „In den Archiven gab es erstaunlich wenig Fotos und Filmaufnahmen aus dieser Zeit“, sagt Julia Baumgärtel. Das Parteihaus der SED war für die Öffentlichkeit tabu, immerhin befanden sich auf dem Turm einige Abhöranlagen Richtung Westen. „Irgendwie ist der Brauhausberg wie ein blinder Fleck, obwohl er von überall aus zu sehen ist“, sagt Baumgärtel. Im Film erinnert sich der ehemalige SED-Bezirksleiter Heinz Vietze daran, dass er öfter mal „auf den Berg“ zitiert wurden: „Man kam sich immer klein vor, wenn man die Treppen hochgegangen ist.“

Gleich daneben erfreuten sich die Potsdamer am Restaurant Minsk, wie zahlreiche Fotos dokumentieren. Doch auch hier war zu spüren, dass man sich auf dem „Hügel der Macht“ befand: Egal, wie lang die Schlangen vor dem Restaurant waren, ein Tisch musste immer frei bleiben. „Tisch acht war für die Stasi“, sagt der ehemalige Minsk-Chef Rolf Wienecke. Trotzdem durften sich auch normale Gäste dort hinsetzen, wenn alles voll war. Wenn dann Stasi-Mitarbeiter kamen, mussten diese mit der Bar vorlieb nehmen, so Wienecke.

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