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Prozessbeginn in Italien: Potsdamer Seenotretter vor Gericht

Porzessbeginn im Fall "Iuventa": Unter anderem ein Potsdamer Seenotretter muss sich in Italien nun vor Gericht verantworten.

Potsdam/Rom/Trapani - In Italien beginnt am heutigen Samstag der lang angekündigte Prozess gegen die zum Teil aus Potsdam stammende Crew des Seenotrettungsschiffs Iuventa. Den Mitgliedern wird unter anderem vorgeworfen, zusammen mit libyschen Schleppern Menschen nach Italien geschmuggelt zu haben – was sie bestreiten. Die Vorverhandlung beginnt heute in Trapani, am Westzipfel Siziliens. Ein Richter muss dabei entscheiden, ob es zum eigentlichen Prozess gegen die vier Besatzungsmitglieder kommt, darunter auch der Potsdamer Sascha Girke.

Die Kritik lautet, dass das Verfahren politisch motiviert sei

Den gelernten Rettungsassistenten erreichten die PNN am Freitag in Palermo. „Meine Hoffnung ist, dass das Gericht die Anklage zurückweist, weil der Tatvorwurf unbegründet ist“, sagte der 43-Jährige. Er fürchte aber ein langwieriges Verfahren, in dem er viel Zeit und Energie für einen Freispruch aufwenden müsse – statt zum Beispiel Menschen zu retten. Er sei immer noch für die Seenotrettung engagiert, so Girke. Die Angeklagten hatten in einer Pressekonferenz vor dem Prozess auch von einem politisch motivierten Verfahren gesprochen und kritisiert, sie würden zu Unrecht kriminalisiert.

Sascha Girke, damals beim Einsatz auf der "Iuventa"
Sascha Girke, damals beim Einsatz auf der "Iuventa"

© promo

Die Iuventa hat nach Angaben der Crew zwischen Juli 2016 und August 2017 mehr als 14 000 Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer bewahrt. Am 2. August 2017 wurde das Schiff des Berliner Vereins Jugend rettet im Hafen von Lampedusa von den italienischen Behörden beschlagnahmt. Seitdem geht die italienische Justiz gegen die Seenotretter vor, weil diese angeblich mit Schmugglern kooperiert haben sollen. Der Crew drohen bis zu 20 Jahre Haft wegen der Beihilfe zur illegalen Einreise.

Allerdings hatte es für die Helfer auch Unterstützung gegeben: So bekam die Crew 2020 den Amnesty-Menschenrechtspreis, 2019 hatte die Stadt Potsdam dem Team den Max-Dortu-Preis für Zivilcourage verliehen. 2019 hatte auch die Menschenrechtsorganisation Ecchr (European Center for Constitutional and Human Rights) zu dem Fall eine Beschwerde bei den Vereinten Nationen eingereicht. Im Oktober 2020 verurteilte die UN-Sonderberichterstatterin zur Lage von Menschenrechtsverteidiger:innen, Mary Lawlor, Italiens Vorgehen gegen die Seenotretterinnen und -retter und forderte, die Anklagen fallenzulassen.

Ein Statement des Oberbürgermeisters

Auch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) äußerte sich am Freitagabend auf PNN-Anfrage - und zwar klar pro Seenotrettung. "Lebensrettung darf nicht kriminalisiert werden. Egal aus welchen Gründen die Menschen in Seenot geraten sind, sie müssen gestern, heute und morgen gerettet werden. Dafür setzt sich Potsdam als Bündnispartner im Netzwerk Städte Sicherer Häfen ebenso ein wie mehrere hundert Städte in Europa." Für die die humanitäre Hilfe danke er auch der Crew von "Iuventa". Potsdam helfe bei der Lebensrettung und finanziere anteilig die Rettungsmissionen des Projekts "SeaWatch" mit jährlich 10.000 Euro. (mit epd/ dpa)

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